Kategorie: Lebensweise

Dieses Leben und seine Perspektiven sind zum Abgewöhnen. Wir sind ja nicht nur im Großen, sondern ganz alltäglich in den ganz kleinen Dingen gegeneinander aufgestellt in der Ordnung der Herrschaft und der Konkurrenz, die längst in unser Denken, ja unser Fühlen eingedrungen ist. Sich behaupten können bei „Jeder ist sich selbst der Nächste“ und „Nimm, was du kriegen kannst“ ist heute nicht einmal mehr „das schlecht entworf’ne Skizzenbild des Menschen, den es erst zu zeichnen gilt“ (Jura Soyfer). Es ist schlicht zum Ekeln.

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Chronologisch

    Wer etwas über den Austrofaschismus wissen will, wird um diesen Band nicht herumkommen von Franz Schandl Mangelnde Entschlossenheit konnte man den Austrofaschisten nicht vorwerfen. Christlichsozialen und Heimwehren ging es um „die Reinigung der politischen Luft von den Giftgasen, welche marxistische und Parteiwirtschaft erzeugt haben, die Herstellung der wahren Demokratie durch Befreiung von de...

    Die Kindererziehung findet im modernen Kapitalismus unter besonderen äußeren Bedingungen statt. In Städten verschwinden unspezifische Freiflächen als für Kinder und Jugendliche attraktive Orte. Der Autoverkehr macht das Spielen von Kindern in der Umgebung der Wohnung oft problematisch. Die Verkleinerung der Familien und der Zwang zur Individualisierung als Anbieter von Arbeitskraft sowie die gestiegene räumliche Mobilität verringern die Zahl von Menschen, die unmittelbar im früher größeren Familiengefüge vor Ort präsent sind und am Wohl des Kindes tätig-praktisch Anteil haben: als ältere Geschwister, als unverheiratete Tanten oder Onkel, als Großeltern usw.

    Alle unheiligen Zeiten ist es angebracht, über die eigene Situation zu schreiben und das Publikum damit zu belasten. Unsere Lage könnte besser sein, und sie muss sich bessern, sollen die Streifzüge sich die nächsten Jahre halten. Nicht nur, aber auch, geht es einmal mehr ums Geld: wir wollen es abschaffen, aber wir empfehlen, dies nicht unmittelbar an uns zu demonstrieren. Die Abos sind jedenfa...

    Von der „Schwierigkeit, nicht rassistisch zu sein“ handelt schon ein Buch aus dem Jahr 1986. Sonst hätte es durchaus auch der Titel dieses Bändchens sein können. Habermann hat dem Thema schon einen Teil ihrer Dissertation gewidmet (siehe „What we do matters“ in: Streifzüge 47/2009). Sie ist kundig, und diese jetzt unakademische, aber in der Kürze ungemein inhaltsreiche Schrift, die übrigens statt unter copyright unter copyleft zur freien Verwendung und Verbreitung erschienen ist, hat Sog, von der kolonialen Geschichte des Habermannschen Großvaters im Pro- bis zu seinem Auftritt im Epilog.

    Die Popmusik in ihren profitablen Segmenten der Kulturindustrie: in den Vereinigten Staaten waren das Soul und Rock’n’Roll, in Großbritannien der Beat und in Deutschland der Schlager. Wie das englische „Beat“ oder „Hit“ verweist das Wort Schlager auf die Konvergenz von musikalischer Eingängigkeit und kommerziellem Erfolg: Die künstlerischen Merkmale des Schlagers – die eingängige Melodie oder die gefälligen melodischen Floskeln („Hit“) und der durchgehend „schlagende“ Rhythmus im treibenden Takt („Beat“) – sind mit den ökonomischen Eigenschaften solcher Musikproduktionen weitgehend gleichbedeutend: Was beliebt ist, wird verkauft; was verkauft wird, ist beliebt.

    Walter Benjamins 1921 entstandenes Fragment "Kapitalismus als Religion" liest sich wie eine adäquate Beschreibung der gegenwärtigen Krise. Kapitalismus als säkularisierte Religion - Teil 3

    In Reaktion auf die tiefe Krise des kapitalistischen Systems in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts (Das Ende des „Goldenen Zeitalters“ des Kapitalismus und der Aufstieg des Neoliberalismus) ging der Neoliberalismus in eine Offensive über, bei der die Systemgrundsätze buchstäblich ins Extrem getrieben wurden. Alles wird zu Ware, alle Gesellschaftsbereiche werden den Gesetzen des kapitalistischen Marktes unterworfen, alle Menschen haben ihr Leben in fortwährender kapitalistischer Selbstoptimierung zu verbringen. Der Kapitalfetisch duldet nun keine alternativen Reproduktionsformen, keine nichtkapitalistischen Nischen mehr neben sich.

    Die Genese des Kapitalkultes ist eng mit der Geschichte des Christentums verwoben. Kapitalismus als säkularisierte Religion - Teil2

    Die ungeheure Wachstumsdynamik des Kapitals wird dann gerne der Statik der christlichen, mittelalterlichen Gesellschaften gegenübergestellt. Der christliche Blick auf das Jenseits, die damit einhergehende Selbstbeschränkung und Aufopferung um des ewigen Himmelreichs wegen, stehen der kapitalistischen Orientierung am Diesseits und dem egoistischen Streben nach Glück und Reichtum im Hier und Jetzt entgegen. Jeder könne danach streben, sein ganz persönliches Himmelreich auf Erden zu realisieren, wodurch langfristig die gesamte Gesellschaft profitiere – dies ist das Versprechen, das der Kapitalismus seinen Insassen gibt.

    Immer noch hat unsereins viel zu verlieren. Zudem den Luxus vielgestalter Zerstreuungen. Freuden für zwischendurch. Immerhin. Auch wenn die Stimmungen schwanken. Himmelhoch wirkt sowieso trügerisch, gedämpfte Melancholie vertrauter. Schaumgebremste Lebendigkeit. Genug um zu überleben. Und genügsam sind wir geworden. Noch können wir uns einrichten, irgendwie durchgfretten, uns widerwillig arrangieren.

    Die hitzigen öffentlichen Diskussionen um die Kapitalismuskritik des Papstes legen offen, dass es sich hierbei im Endeffekt um einen Religionsstreit handelt. Kapitalismus als säkularisierte Religion. Teil 1

    An eine Realsatire erinnert etwa der Eiertanz, den der einflussreiche amerikanische Radiokommentator Rush Limbaugh bei seiner Papstkritik aufführte, um die Heerscharen gläubiger Katholiken unter seiner erzkonservativen Zuhörerschaft nicht zu verprellen. Bevor Limbaugh den Papst buchstäblich des „Marxismus“ bezichtigte, gab er seiner Hoffnung Ausdruck, die Äußerungen des Papstes seien „von Linken“, die es demnach im Vatikan zuhauf geben müsste, absichtlich missverständlich übersetzt worden.

    Erkundungen im Reich der Tierkörperverwertung

    Tierschützer sind mir immer kräftig auf den Zeiger gegangen. Vor allem, wenn sie sich penetrant vor mir aufpflanzten und sinngemäß die Frage stellten, ob ich Tiere mag. Da pflegte ich dann leicht genervt zu antworten: Ja, ich esse sie gerne! Damit war die Sache erledigt.
    Heute antworte ich nicht mehr so. Hier war eine unzulässige Überheblichkeit und Unbedachtheit am Werk, die sich gerade in einer elementaren Frage der sonst eingeforderten Reflexion entschlug. Es war ein schlichtes Bekenntnis zur Herrschaft einer Spezies, die davon ausging, sich alles untertan machen zu dürfen. Herrschaft erscheint darin als vorausgesetztes Modell, mochte man auch über die Auskleidung derselben streiten.