Schlagwort: Ziegler; Petra
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Chronologisch
Von scheinbaren Notwendigkeiten zu notwendigen Einsichten
Befreiung beginnt mit Ent-Täuschung. Der ebenso hartnäckige wie für die psychische Ausgeglichenheit des menschlichen Individuums bedeutsame Glaube an die Selbstwirksamkeit, also daran, den Lauf der Dinge mit dem eigenen Handeln beeinflussen zu können, wirkt seltsam paradox für den Erhalt des Bestehenden. Wir überschätzen unsere Spielräume.
So wie wir wider bessere Einsicht fortschreiten in der Vernichtung der Lebensgrundlagen, opfern wir, was an Errungenschaften der kapitalistischen Dynamik eben erst mühsam abgerungen wurde. Der selbstzerstörerische Trend scheint unaufhaltsam, ein blindes Dahinstolpern, noch nicht einmal Tanz am Abgrund. Unsere „zweite Natur“ droht uns zu erschlagen.
Immer noch hat unsereins viel zu verlieren. Zudem den Luxus vielgestalter Zerstreuungen. Freuden für zwischendurch. Immerhin. Auch wenn die Stimmungen schwanken. Himmelhoch wirkt sowieso trügerisch, gedämpfte Melancholie vertrauter. Schaumgebremste Lebendigkeit. Genug um zu überleben. Und genügsam sind wir geworden. Noch können wir uns einrichten, irgendwie durchgfretten, uns widerwillig arrangieren.
Ein müder Blick aufs Handy zeigt für die vergangene Nacht eine durchschnittliche Herzfrequenz von 48 Schlägen in der Minute, aber nur einmal, um 03:11 Uhr, ganz kurz aufgewacht. So weiß ich, dass ich ausgeschlafen bin. Ein Tag, wie geschaffen um 270 Schritte mehr zu gehen, dann könnte ich das Pensum für Juni vielleicht noch erreichen.
Wie uns die Dinge durch unser Tun beherrschen
Was unsere Spezies gerne einer nicht ganz unhübschen Sorte Wühlmäuse unterstellt, betreibt sie selbst mit kollektivem Eifer und selbst/mörderischer Konsequenz. Wir veröden fruchtbare Böden, vermüllen ganze Ozeane, verpesten die Atmosphäre, nehmen die Zerstörung der Lebensräume von Milliarden Menschen in Kauf, wir strudeln uns ab und schlagen mehr oder weniger ambitioniert die Zeit tot. Wir sehen zu, wie wir (unser) Leben vergeuden.
Der sommerliche Schwerpunkt widmet sich dem Verhältnis von Menschen und Dingen. – Der Fetischismus von Ware und Geld hält uns im Griff und fordert umfassend Tribut. Er stiehlt uns unsere Zeit, erschöpft unsere Ressourcen und die des Planeten, er erlaubt uns kaum Atem zu holen. Dienst am Fetisch geht vor gedeihlichem Miteinander.
Die „schier unglaubliche Diskrepanz zwischen dem gegenwärtigen Welterklärungsanspruch der Neurowissenschaften und den empirischen Daten“ ist Ausgangspunkt von Felix Haslers Plädoyer für Neuro-Skepsis und kritische Reflexion urobiologischer Forschungspraxis. …
Alte Biologismen im neuro-hippen Look
War es im 17. Jahrhundert noch die zu „zarte Beschaffenheit der Gehirnfasern“ beim weiblichen Geschlecht, die den französischen Philosophen Nicolas Malebranche vermelden ließ, „alles Abstrakte ist ihnen unbegreiflich“, so gelten heute etwa ein unterschiedlich ausgebautes Corpus callosum …
Beitrag zur Demontage einer Vielgepriesenen
Unser kreatives, wissenschaftliches, technisch-automatives, kurz, unser produktives Potential, versetzt uns längst in die Lage, in immer kürzerer Zeit die notwendigen Gebrauchsgüter und darüber hinaus die Grundlagen für ein denkbar feines Auskommen aller bereitzustellen. Die moderne warenproduzierende Gesellschaft bringt das Kunststück fertig, das Erreichte gegen sich selbst zu wenden.
Am besten ganz großes Theater. Trifft hemmungslose Prahlerei im Allgemeinen eher auf Missbilligung, kann sich mit weit besseren Erfolgsaussichten der Anteilnahme des jeweiligen Umfelds versichern, wer laut genug sein Leid beklagt.