Schlagwort: Streifzüge 2021-82
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Chronologisch
Destillate agrarisch geprägter Reminiszenzen
Der rasche Einzug der Geräte begann Ende der Sechziger und es war ein kräftiger Schub: Aus dem Leiterwagen wurde ein Ladewagen, auch das Heu wurde durch ein Gebläse in den Dachboden befördert, daneben veränderten Wasserklosett, Waschmaschine, Kühlschrank, Fernseher und Telefon auch den bäuerlichen Haushalt fundamental. Der Fortschritt war freilich gleichbedeutend mit dem Ende. Einige Jahre nach dem Tod meines Großvaters wurde auch die Landwirtschaft aufgegeben.
Praktische Erfahrungen aus zehn Jahren mit gelungenen Versuchen, Fehlschlägen und Neuanfängen einiger solidarischer Landwirtschaften rund um Wien sowie des durch sie geschaffenen Umfelds.
Jede SoLaWi ist individuell – die SoLaKo vielleicht etwas individueller: Hier kooperieren mehrere Betriebe, die Ernteteiler*innen händeln weitgehend die Organisation und sie bekommen dafür ein öko-solidarisches „Vollsortiment“ (fast halt) – in Summe ein kleines, feines, regionales Ernährungssystem, das da im Grazer Umland floriert.
Die Autodestruktivität der globalen Mehrwertmaschine kommt gerade bei der unmittelbaren Verwertung der Ökosysteme voll zur Entfaltung. Der kapitalistische Produktivitätsextremismus, bei dem alle betriebswirtschaftliche Rationalität dem irrationalen Selbstzweck uferloser Kapitalverwertung unterworfen ist, wird somit erst bei einem genaueren Blick auf die globale Nahrungsmittelindustrie in seiner vollen Monstrosität sichtbar. Der Spätkapitalismus bringt eine regelrecht inzestuöse, im höchsten Maße labile und krisenanfällige Agrarindustrie hervor, die den kommenden klimabedingten Erschütterungen der Nahrungsmittelversorgung der Menschheit nicht gewachsen ist – und diese eher noch verstärken wird.
Wie entstand das, was wir heute so selbstverständlich „Landwirtschaft“ nennen, und was ist das überhaupt? Diesen Fragen stellt sich Florian Hurtig in dem Buch „Paradise Lost – Vom Ende der Vielfalt und dem Siegeszug der Monokultur“ (Oekom Verlag, 2020). Hurtig rekonstruiert die Genese der modernen Landwirtschaft als „lebensfeindliche Produktionsstätten für Agrarerzeugnisse“ und einem „sozialen und ökonomischen Ausschluss [der Menschen] aus der Landschaft“ (10).
Spätestens seit der Veröffentlichung des UN-Reports „World Urbanization Prospects“ im Jahr 2014 ist klargeworden: die Entvölkerung ländlicher Räume nimmt scheinbar unumkehrbare Dimensionen an. 54 Prozent der Weltbevölkerung lebten damals schon in städtischen Gebieten …
Die Oberfläche des Planeten, das Land, die Gewässer und die Atmosphäre sind der Schauplatz des Lebens und seiner Erhaltung. Der Zustand von alledem treibt auf eine Krise zu, auf eine Entscheidung zwischen Bewahrung und Untergang eines Großteils des Lebens auf der Erde.
Es geht also wieder aufwärts. Schon im vergangenen Herbst überholte der weltweite Containertransport das Vorkrisenniveau von Anfang 2020. Alles was schwimmen kann, ist hochauf beladen zu Wasser unterwegs, auf den Autobahnen reiht sich endlos LKW an LKW.
Diese Nummer hat ungewöhnlich viel „Bodenständiges“. Im Sinne des Schwerpunkts Landwirtschaft liegt das sowieso. Darüber hinaus aber in einem gewissermaßen dramatischen Sinn auch. Vieles in den Beiträgen führt aus, was jetzt auf dem Boden dramatisch schief läuft, was sich grundlegend ändern muss und was dabei auch ganz nah ins Auge zu fassen ist.