Schlagwort: Creydt; Meinhard

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Chronologisch

    Handeln „nach Recht und Gesetz“ steht in Gegensatz zu kriminellem Handeln. Die bürgerliche Gesellschaft funktioniert normalerweise ohne kriminelles Handeln. Ihre Strukturen und ihre Lebensweise sind zugleich so beschaffen, dass aus ihnen starke Motive für kriminelles Handeln erwachsen.

    Die kapitalistische Ökonomie nimmt auf menschliche Sinne und Fähigkeiten letztlich keine Rücksicht. Zugleich sollen die Individuen in der bürgerlichen Gesellschaft sich als Subjekte auffassen und ihr eigenes Leben führen. Damit werden verschiedene Varianten einer „Interiorisierung der Exteriorität“ fällig. Keine Würde ohne Bürde.

    Die Kindererziehung findet im modernen Kapitalismus unter besonderen äußeren Bedingungen statt. In Städten verschwinden unspezifische Freiflächen als für Kinder und Jugendliche attraktive Orte. Der Autoverkehr macht das Spielen von Kindern in der Umgebung der Wohnung oft problematisch. Die Verkleinerung der Familien und der Zwang zur Individualisierung als Anbieter von Arbeitskraft sowie die gestiegene räumliche Mobilität verringern die Zahl von Menschen, die unmittelbar im früher größeren Familiengefüge vor Ort präsent sind und am Wohl des Kindes tätig-praktisch Anteil haben: als ältere Geschwister, als unverheiratete Tanten oder Onkel, als Großeltern usw.

    In letzter Zeit grassiert bei manchen aus Ablehnung reformistischer Politik und aus politischer Ratlosigkeit eine Art Stalin-Nostalgie. Stalin (russisch: „der Eiserne“) missrät zu einer Chiffre für machtvolle Radikalität im öffentlichen Dienst. Ein hauptseitig unkritisches Verhältnis zu Stalin ist anzutreffen u. a. im Stalinbuch von Domenico Losurdo (2012), angesichts von mitgeführten Stalinbildern auf der jährlichen Luxemburg-Liebknecht-Demonstration Anfang Januar in Berlin und bei Gruppen wie der MLPD.

    Auf den Märkten der kapitalistischen Ökonomie kaufen und verkaufen die Individuen selbstständig und bewähren sich dabei als mehr oder minder geschickt – nicht zuletzt in der Vermarktung ihres Eigentums bzw. ihrer Arbeitskraft. Mit dem bürgerlichen Recht macht den Individuen die Forderung schwer zu schaffen, ihre Position in der Welt sich als Resultat ihres freien Willens, ihres Einsatzes sowie ihrer Fähigkeiten und Energien zurechnen lassen zu müssen. Moral und Psychologie kultivieren diese Subjektform. Sie fokussieren und fixieren sich auf das Vermögen bzw. Unvermögen des jeweiligen Individuums, ichstark „sein“ Leben „führen“ zu können.

    Das wenig bewegende Individuum und seine neurotische Pseudoaktivität

    In der bürgerlichen Gesellschaft herrscht die Fremd- und Selbsterwartung, das Individuum möge ein starkes Subjekt sein. Uns interessiert hier der psychopathologische Folgezusammenhang der mit dieser Subjektivitätsform verbundenen Einheit von Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und Selbstbeschuldigung. „Die Menschen wurden frei gedacht, um gerichtet, um gestraft werden zu können – um schuldig werden zu können: …

    In der Lebensweise der modernen kapitalistischen Gesellschaft nimmt die Ichhaftigkeit einen zentralen Platz ein. Noch vergleichsweise harmlos erscheint die Suche nach einem persönlichen Bezug zu Themen, der von ihrem Inhalt absieht und es auf eine wie auch immer geartete Möglichkeit absieht, anhand des Themas über sich selbst und das liebe Selbst sprechen zu können.

    Psychische Probleme und Erkrankungen als Symptom und zugespitzte Folge von im modernen Kapitalismus gesellschaftlich weit verbreiteten Bewusstseins- und Subjektivitätsformen zu denken – dieses Thema fristet eher ein Aschenputtel-Dasein. Unerschrocken ob dieser Lage und ob der Umfangsbeschränkung dieses Artikels zeigt er einige charakteristische Momente des depressiven In-der-Welt-Seins. Und beansprucht eine notwendige, keine erschöpfende Argumentation.

    Zum Konsum im modernen Kapitalismus

    Die meisten Linken konzentrieren sich auf die Unterstützung von Lohn- und Gehaltsforderungen und Abwehrkämpfen gegen die Verschlechterung sozialer Standards. Die Qualität der gesellschaftlich vorfindlichen Gegenstände und des weit verstandenen Konsums gerät auch hier zu einem nachrangigen Thema.

    von Meinhard Creydt Text