Artikel
• Franz Schandl: Vom Schöpfen. Einwürfe jenseits des Bilderverbots Schwerpunkt KAPITALISMUS OMEGA • Thomas Konicz: Kapitalismus am Abgrund • Peter Samol: Kreislaufprobleme – Warum Dienstleistungen als tragender Wirtschaftszweig nicht in Frage kommen • Kai Ehler: Kapitalismus oder Entwicklungsland? Anmerkungen zur Typologie des nachsowjetischen Russlands • Andreas Exner: Chinas zweideutiger Aufstieg • Massimo Maggini: Rebellen gegen die Zukunft – Für eine Kritik der industriellen Vernunft • Lorenz Glatz: Transformation statt Demokratie – Krise, Mitbestimmung und der Schnee der Inuits • Markus Pühringer: Kapitalismus: Das neue Opium des Volkes? • Franz Schandl: „Es ist der Glaube, der selig macht“. Insistierende Fragmente über kapitalistische Realhalluzinationen – Hypothesen Weitere Artikel • Markus Scheuringer: Ohne kritische Theorie schmeckt’s besser! Replik • Ilse Bindseil: Kieslowski und die Frage der Ethik
Kolumnen
• Stefan Meretz: Commons – Gemeingüter (Immaterial World) • Maria Wölflingseder: Im Puff und im Krieg (Dead Men Working) • Roger Behrens: Motor Town (Rückkopplungen)
2000 Zeichen abwärts
• Gruppe 180° (180°): Leere Kassen – volle Supermärkte • Maria Wölflingseder (M.W.): Wir basteln eine Blase – Eine Geschäftsidee • Ulrich Enderwitz (U.E.): Markt
Artikel aus dem Heft
Inhalt • Franz Schandl: Kapitalismus Omega (Einlauf) Artikel • Franz Schandl: Vom Schöpfen – Einwürfe jenseits des Bilderverbots • Tomasz Konicz: Kapitalismus am Abgrund • Julian Bierwirth: Ungleiche Gleichheit • Peter Samol: Kreislaufprobleme - Warum Dienstleistungen als tragender Wirtschaftszweig nicht in Frage kommen • Kai Ehlers: Kapitalismus oder Entwicklungsland? Anmerkungen zur Typologie...
Einwürfe jenseits des Bilderverbots
Die Frage nach dem Jenseits des Kapitalismus ist eine brandaktuelle, keine, die irgendwo in ferner Zukunft liegt, sondern eine, die jetzt, hier und heute gestellt werden muss, um geschichtsmächtig werden zu können. Sie garantiert nichts, aber ohne sie geht gar nichts, ohne sie regiert eine fahle Illusionslosigkeit, die sich dann noch als Realismus abfeiert und doch nichts anderes darstellt als passive Affirmation.
Streifzüge 45/2009 von Franz Schandl Wenn wir vom Kapitalismus reden, wovon sprechen wir? In den letzten Monaten ist er ja in Verruf gekommen. Von links bis rechts gibt man sich ganz antikapitalistisch. Die Vorstellungen über ihn sind freilich mehr vage als präzis, mehr vulgär als analytisch. Da kann es schon vorkommen, dass hierzulande satte 90 Prozent vehement gegen den Kapitalismus sind, abe...
Streifzüge 45/2009 von Tomasz Konicz Angesichts der im atemlosen Tempo voranschreitenden Implosion des in den letzten drei Dekaden errichteten internationalen Finanzsystems ist allenthalben eine hektische Suche nach den Ursachen dieses Zusammenbruchs ausgebrochen, die oftmals in der mit neoliberaler Deregulierung und Liberalisierung einhergehenden Expansion der Finanzmärkte verortet werden. Der...
Streifzüge 45/2009 von Julian Bierwirth Im postmodernen Kapitalismus soll alles vergleichbar sein. Neue Konzernstrategien wie etwa bei VW zielen darauf ab, die konzerninterne Arbeitsteilung dahingehend zu revolutionieren, dass ein steter Vergleich der Rahmendaten zwischen unterschiedlichen Produktionsstandorten möglich ist. Warenhausketten lagern mehr und mehr Vertriebssegmente an Tochteruntern...
Warum Dienstleistungen als tragender Wirtschaftszweig nicht in Frage kommen Streifzüge 45/2009 von Peter Samol Die Krise ist noch gar nicht richtig eingetreten, da wird bereits bekundet, ihr Ende sei in Sicht. So äußerte etwa der gerade zurückgetretene deutsche Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) kurz vor seinem Ausscheiden, es stünde zwar ein heftiger, aber nur kurzer Abschwung bevor und de...
Anmerkungen zur Typologie des nachsowjetischen Russlands Streifzüge 45/2009 von Kai Ehlers Experten aller Richtungen sind uneins, ob das, was in Russland aus der Auflösung der sowjetischen Verhältnisse entstanden ist, Kapitalismus zu nennen sei oder nicht; einig ist man sich am Ende jedoch in einem: Was da in Russland heute entsteht, ist irgendwie anders, irgendwie russisch und irgendwie nicht ...
Streifzüge 45/2009 von Andreas Exner „The Rise of China and the Demise of the Capitalist World-Economy“, so lautet der Titel von Minqi Li’s Erstlingswerk, das im November 2008 bei Pluto Press erschienen ist, übersetzt „Der Aufstieg Chinas und der Niedergang der kapitalistischen Welt-Ökonomie“. Li vereint darin zwei Qualitäten, die einzeln häufig, in Kombination jedoch selten sind: einen marxist...
Für eine Kritik der industriellen Vernunft Streifzüge 45/2009 Italienischer Text von Massimo Maggini (Übersetzung von Lorenz Glatz) Das Buch von Kirkpatric Sale über die Bewegung der Ludditen (Rebels Against the Future. The Luddites and Their War on the Industrial Revolution,1996) bietet eine gute Gelegenheit, über Themen nachzudenken, die gerade heute auf der Tagesordnung stehen: die Arbeit, d...
per una critica della ragione industriale Streifzüge 45/2009 versione tedesca Massimo Maggini Il libro sul movimento luddista di Kirkpatric Sale, uscito nel 1996 con il titolo “Rebels against the future. The luddites and their war on the industrial revolution” (ed.it.1999 – II ed.2005, Ribelli al futuro. I luddisti e la loro guerra alla rivoluzione industriale) offre un'ottima occasione per rif...
Streifzüge 45/2009 von Markus Pühringer In seinem Fragment „Kapitalismus als Religion“ stellt Walter Benjamin im Jahr 1921 auf gut drei Seiten die These auf, dass im „Kapitalismus eine Religion zu erblicken sei“. Er diene essentiell der Befriedigung derselben Sorgen, Qualen und Unruhen, auf die ehemals die so genannten Religionen Antwort gaben. (Benjamin 1991, S. 100) – In diesem Aufsatz will i...
Streifzüge 45/2009 von Martin Scheuringer Zur Einstimmung zwei Texte zur Lebensart des kritischen Theoretikers: „Den 20. Jänner ging Lenz durchs Gebirg. Die Gipfel und hohen Bergflächen im Schnee, die Täler hinunter graues Gestein, grüne Flächen, Felsen und Tannen. Es war nasskalt; das Wasser rieselte die Felsen hinunter und sprang über den Weg. Die Äste der Tannen hingen schwer herab in die fe...
Streifzüge 45/2009 von Ilse Bindseil Man könnte behaupten, dass es ethisches Verhalten nicht gibt; entweder es ist Verhalten, oder es ist Ethik. Demnach gäbe es Ethik nur als Gedankengebilde, ausgerechnet der praktischen Philosophie fehlte es prinzipiell am Transfer zur Praxis. Tun übersetzt sich der Ethik in Geltung. Je näher sie ans Tun heran möchte, desto schärfer formuliert sie die Geltung....
Streifzüge 45/2009 por Stefan Meretz deutscher Text Übersetzung von Dora de la Vega Un nuevo concepto antiguo está conquistando el discurso político: están llegando los Commons1, los bienes comunes. En fecha reciente, el Foro Social Mundial aprobó un "Manifiesto por la recuperación de los bienes comunes". Se los descubre como una perspectiva de resistencia estratégica. ¿Porqué; no son acaso los...
Streifzüge 45/2009 KOLUMNE Immaterial World von Stefan Meretz texto español Ein neuer alter Begriff ist dabei, den politischen Diskurs zu erobern: Die Commons kommen. Erst jüngst wurde vom Weltsozialforum ein „Manifest zur Wiederaneignung der Gemeingüter“ verabschiedet. Gemeingüter werden als strategische Widerstandsperspektive entdeckt. Warum aber ist das so, sind Gemeingüter nicht bloß eine v...
Streifzüge 45/2009 von Roger Behrens Vor fünfzig Jahren (1959 gründete Barry Gordy Jr. das Label Tamia Records, das dann ab April 1960 unter dem Namen Motown Record Corporation firmierte) wurde in Detroit ein Schallplattenlabel gegründet, das Musikgeschichte, mehr noch Musikkulturgeschichte, ja Sozialgeschichte geschrieben hat: Motown – der Name war Programm und ist noch immer als Programm zu v...
Streifzüge 45/2009 von 180° Komische Welt ist das! Stand letztens in der Zeitung, „wir“ hätten in den letzten Jahren über „unsere“ Verhältnisse gelebt. Außerdem irgendwas von Anspruchsdenken, das in Deutschland zu ausgeprägt sei. Dann kam in den Nachrichten, dass Deutschland wieder Exportweltmeister ist. Das heißt: Niemand überhäuft andere Länder so mit seinem Zeug wie Deutschland. Nicht mal „d...
Streifzüge 45/2009 von Maria Wölflingseder Ich war noch fast ein Kind, da wollten mir diese widersinnigen Aufforderungen, die ständig durch die Medien geisterten, schon nicht einleuchten. Einerseits sollen wir uns ökologisch verhalten, die Umwelt tunlichst nicht belasten,sie mit möglichst wenig CO2 verschmutzen und andererseits müssen wir die Wirtschaft ankurbeln, also kaufen, kaufen, kaufen – ...
Streifzüge 45/2009 von Peter Samol Im Kern besteht eine Finanzblase darin, dass angelegtes Geld scheinbar in Vermögenswerten anwächst, während es faktisch in den Warenkonsum geht. Der wiederum führt zu Investitionen und Beschäftigung und hält so den maroden Kapitalismus einige Jahre am Halbleben. Dass dabei das angelegte Geld verbraucht wird, ist leider ein unvermeidlicher Nebeneffekt. Daher is...
Streifzüge 45/2009 von Ulrich Enderwitz Als ein Geschöpf sich arbeitsteilig reproduzierender Gesellschaften dient formell oder aus Sicht derer, die er versorgt,der Markt der Distribution von Gütern und der Befriedigung der auf diese Güter gerichteten Bedürfnisse. Reell hingegen oder in der Perspektive derer, die ihn betreiben, bezweckt der Markt die Produktion von Gütern um des in ihnen verkörp...
Streifzüge 45/2009 Von Franz Schandl Das Problem ist nicht, dass das gute Leben nicht herstellbar oder leistbar wäre, es ist nicht finanzierbar. Woraus in der irrationalen Rationalität gefolgert wird, dass man sich das gute Leben abschminken soll, keineswegs aber Zahlungsfähigkeit und Kaufkraft verwerfen darf. "Ohne Geld geht gar nichts", das ist dieser heillose Konsens, aus dem beschränkte Sub...
Krise, Mitbestimmen und der Schnee der Inuits Streifzüge 45/2009 VORLAUF DEMOKRATIE von Lorenz Glatz Von der sich jetzt entfaltenden Weltwirtschaftskrise habe ich schon in den sechziger Jahren in der Schule gelernt, nämlich, dass es sie nicht geben wird. Und in den Achtzigern hat mir ein hochgebildeter Kommunist (ML) gestanden, dass er es nunmehr auch glaube, dass der Kapitalismus seine Krisen ...
Streifzüge 45/2009 von Maria Wölflingseder Viel wird über die Wirtschaftskrise berichtet – überwiegend Nonsens, selten Richtiges. Vor dem Hintergrund der medialen Gesundbetmühle lässt die Feststellung eines Psychologen aufhorchen: Nachrichten über eine Katastrophe werden zuerst vehement verdrängt und viel später erst leidvoll wahrgenommen – oft verbunden mit aggressivem Verhalten. – Auch vor de...
Insistierende Fragmente über kapitalistische Realhalluzinationen – Hypothesen Streifzüge 45/2009 von Franz Schandl Wir haben gelernt, zu glauben. Warum sollte es mit dem Kapital anders sein. Es ist sogar zu vermuten, dass viele Keime unserer Imaginationen in der Ökonomie des Alltags stecken. Dass die dort erforderliche Sicht von Tausch und Täuschung alle anderen Phänomene zumindest prägt, wenn ...