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    Demokratie – Das Volk herrscht. Im Staat. Was wir heute unter den Namen Staat und Volk kennen, ist aber so alt gar nicht. Dieses Amalgam wurde in die Welt gesetzt und wuchs heran als Kampfmaschine der Fürsten in der Zeit der frühen Feuerwaffen. Kanonenrüstung und Festungsbau sowie Geldwirtschaft, Manufaktur und Markt zu deren Finanzierung und Bürokratie und Militär als Mittel, um sich durchzusetzen – so formierten sich die modernen Staaten, und diese ihr Volk, es musste sich so ziemlich alles ändern, damit es beim Alten bleibt, der alten Macht in neuen Formen. Auch in demokratischen eben.

    Walter Benjamins 1921 entstandenes Fragment "Kapitalismus als Religion" liest sich wie eine adäquate Beschreibung der gegenwärtigen Krise. Kapitalismus als säkularisierte Religion - Teil 3

    In Reaktion auf die tiefe Krise des kapitalistischen Systems in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts (Das Ende des „Goldenen Zeitalters“ des Kapitalismus und der Aufstieg des Neoliberalismus) ging der Neoliberalismus in eine Offensive über, bei der die Systemgrundsätze buchstäblich ins Extrem getrieben wurden. Alles wird zu Ware, alle Gesellschaftsbereiche werden den Gesetzen des kapitalistischen Marktes unterworfen, alle Menschen haben ihr Leben in fortwährender kapitalistischer Selbstoptimierung zu verbringen. Der Kapitalfetisch duldet nun keine alternativen Reproduktionsformen, keine nichtkapitalistischen Nischen mehr neben sich.

    Die Genese des Kapitalkultes ist eng mit der Geschichte des Christentums verwoben. Kapitalismus als säkularisierte Religion - Teil2

    Die ungeheure Wachstumsdynamik des Kapitals wird dann gerne der Statik der christlichen, mittelalterlichen Gesellschaften gegenübergestellt. Der christliche Blick auf das Jenseits, die damit einhergehende Selbstbeschränkung und Aufopferung um des ewigen Himmelreichs wegen, stehen der kapitalistischen Orientierung am Diesseits und dem egoistischen Streben nach Glück und Reichtum im Hier und Jetzt entgegen. Jeder könne danach streben, sein ganz persönliches Himmelreich auf Erden zu realisieren, wodurch langfristig die gesamte Gesellschaft profitiere – dies ist das Versprechen, das der Kapitalismus seinen Insassen gibt.

    Immer noch hat unsereins viel zu verlieren. Zudem den Luxus vielgestalter Zerstreuungen. Freuden für zwischendurch. Immerhin. Auch wenn die Stimmungen schwanken. Himmelhoch wirkt sowieso trügerisch, gedämpfte Melancholie vertrauter. Schaumgebremste Lebendigkeit. Genug um zu überleben. Und genügsam sind wir geworden. Noch können wir uns einrichten, irgendwie durchgfretten, uns widerwillig arrangieren.

    Die hitzigen öffentlichen Diskussionen um die Kapitalismuskritik des Papstes legen offen, dass es sich hierbei im Endeffekt um einen Religionsstreit handelt. Kapitalismus als säkularisierte Religion. Teil 1

    An eine Realsatire erinnert etwa der Eiertanz, den der einflussreiche amerikanische Radiokommentator Rush Limbaugh bei seiner Papstkritik aufführte, um die Heerscharen gläubiger Katholiken unter seiner erzkonservativen Zuhörerschaft nicht zu verprellen. Bevor Limbaugh den Papst buchstäblich des „Marxismus“ bezichtigte, gab er seiner Hoffnung Ausdruck, die Äußerungen des Papstes seien „von Linken“, die es demnach im Vatikan zuhauf geben müsste, absichtlich missverständlich übersetzt worden.

    Erkundungen im Reich der Tierkörperverwertung

    Tierschützer sind mir immer kräftig auf den Zeiger gegangen. Vor allem, wenn sie sich penetrant vor mir aufpflanzten und sinngemäß die Frage stellten, ob ich Tiere mag. Da pflegte ich dann leicht genervt zu antworten: Ja, ich esse sie gerne! Damit war die Sache erledigt.
    Heute antworte ich nicht mehr so. Hier war eine unzulässige Überheblichkeit und Unbedachtheit am Werk, die sich gerade in einer elementaren Frage der sonst eingeforderten Reflexion entschlug. Es war ein schlichtes Bekenntnis zur Herrschaft einer Spezies, die davon ausging, sich alles untertan machen zu dürfen. Herrschaft erscheint darin als vorausgesetztes Modell, mochte man auch über die Auskleidung derselben streiten.

    Ein Blick etwa in die Reihe „Tierrechte – Menschenpflichten“ des Erlanger Verlags Harald Fischer, belehrt darüber, dass über Tiere, in einem zeitgenössischen, auch einem zeitgenössischen historischen Interesse, bereits intensiv nachgedacht wird. Wer sich dem Thema stellen will, kann hier etwas erfahren: wie groß die aufzuarbeitenden eigenen Defizite sind, zum Beispiel, aber gewiss auch, welche Fallstricke bei der Beschäftigung mit ihm lauern.

    Hätte die Mücke Bewusstsein, was wäre dann? Nun, sie unterschiede kaum in Menschen und Menschenaffen, geschweige denn meinte sie, mit letzteren gehöre sie in die Kategorie Tier, während der Mensch eine gesonderte Spezies darstelle. In den Mückenakademien würde man auf solch abstruse Theorien nie kommen, stattdessen höbe man die eigene Einzigartigkeit hervor und betonte, dass Menschen und Affen und all ihre nahen Verwandten vom Rind bis zum Zebra zum Stechen und Blutsaugen da wären.

    Wenn man nach einer Definition des Homo sapiens sucht, so wird man finden, dass für den Posten der differentia specifica unter allen Kandidaten der „Geist“ von den Sachverständigen auf diesem Gebiet an erster Stelle in der Liste gereiht wird oder, alternativ, das Denken und in neuerer Zeit, nach dem linguistic oder, was auf dasselbe hinausläuft, cultural turn, vornehmlich die Sprache (post-modern ausgedrückt: der „Diskurs“), die aber, unter der Hand, als „Geist“ gehandelt wird.

    Ich war nie eine große Fleischesserin. Am Großfamilientisch gab’s eher wenig Fleisch und Wurst. Es schmeckte mir aber alles, was Muttern uns kredenzte. Ein Großteil der Nahrung bestand aus Roggenbrot und aus Weizengerichten: Nudeln, Nockerl, Knödel, Buchteln, Palatschinken, Kaiserschmarrn, Grießkoch, Grießsuppe und Grießnockerlsuppe. Auch Milch und Milchprodukte verzehrten wir, und viel selbst gemachte Marmelade und Fruchtsäfte.