Was als alpenländische Absonderlichkeit seinen Anfang nahm, hat sich in den letzten Jahren zu einem gesamteuropäischen Phänomen ausgewachsen. Der sogenannte Rechtspopulismus ist mittlerweile von veritabler Größe. Auch der Schlüsselstaat Deutschland scheint das im Eilzugstempo nachzuholen. Prototyp und inzwischen entwickeltste Kraft ist aber immer noch die Freiheitliche Partei Österreich (FPÖ).
Immer öfter beschleicht mich ein beklemmendes Gefühl. Ein Gefühl, verursacht von Menschen, die durchaus dem kritischen oder linksliberalen Milieu angehören, von Wissenschaftlern, Publizisten, von Angehörigen der sogenannten „kritischen Intelligenz“ (oder was davon übrig blieb). Von solchen, die auf ihrem Gebiet wegweisende Arbeiten vorlegen, aber dennoch auch große blinde Flecken offenbaren.
Offen ist die westliche Parteiendemokratie in vielerlei Hinsicht. Ob es sich um Fragen der Sexualmoral oder der sexuellen Orientierung handelt, um das Rauchverbot in Gaststätten, um militärische Einsätze in anderen Ländern, die Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen, den Mindestlohn oder die Managergehälter: Immer wieder gab es und gibt es Grund zum Streit und zu kontroversen Debatten.
Natürlich gibt es Leute, die sich aktiv für einen Linkspopulismus einsetzen. Chantal Mouffe oder Pablo Iglesias, Oskar Lafontaine oder Jakob Augstein stehen dafür, den Begriff positiv zu besetzen. Sozialdemokratie 4.0 geht laut Pablo Iglesias Turrión so: „Es besteht kein Zweifel daran, dass Bedeutungen immer hinterfragbar sind, aber ich glaube keinesfalls, dass die Sozialdemokratie ein Etikett der Vergangenheit ist.
Wäre der Aufstieg der AfD ein spezifisch deutsches Problem, ließe es sich möglicherweise im Rahmen der deutschen Entwicklung begreifen. Das ist aber ganz offensichtlich nicht der Fall.
Exemplarisch dazu einige Bemerkungen zu dem aktuell gehypten Band „Die autoritäre Revolte“ von Volker Weiß.
Früher waren Krisen die Ausnahme. Inzwischen ist das nicht mehr so. Zumindest hat man in Österreich das Gefühl, dass Streit und Gezänk, Chaos und Campaigning mittlerweile dominieren. Das ist zwar auch der medialen Übertreibung geschuldet, aber nicht nur. Die Nerven liegen blank, Taktik beherrscht das Terrain. Welche Unfreundlichkeiten können wir ausrichten, wen schießen wir das nächste Mal an oder gar ab?
Pop, sollte man meinen, ist doch je schon und von Anfang an, seit den fünfziger Jahren, populistisch: Wie „Pop“ einst, sei der Populismus heute auch und vor allem: Kampfbegriff – wenn auch jener offensiv und affirmativ, dieser hingegen negativ, als Vorwurf; sowieso stecke etymologisch, zumindest wenn „Pop“ als Abkürzung für das Populäre verstanden wird, in beiden Wörtern das lateinische „populus“ = Volk.
Wie sehr rechte Politik dazu tendiert, sich selbst ins Extrem zu treiben, kann derzeit in Warschau studiert werden. Polens rechtspopulistische Regierung, die von der Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) um Jarosław Kaczyński gestellt wird, ist seit ihrem überraschenden Wahlsieg im Oktober 2015 vor allem darum bemüht, möglichst viel Macht zu akkumulieren und letzte bürgerliche „checks and balances“ auszuhebeln.
Dem wollen wir uns nicht entziehen und verweisen daher aus aktuellem Anlass auf den 2005 verfassten Artikel „Charles und Camilla“