von Franz Schandl
Glaubte man zu Beginn des Reaktorunfalls in Fukushima noch, die Welt ginge gleich unter, so ist es jetzt geradewegs so, als wäre fast gar nichts geschehen. Eine irre Bagatellisierung hat den jenseitigen Alarmismus abgelöst. So ein GAUcherl halten wir locker aus, das soll uns gar nicht erschüttern, da werden noch einige folgen. That’s life! Vor allem brauchen wir die Atomenergie für unsere Wirtschaft. Und außer im Sonderwasserkraftwerkland Österreich stimmt das auch. Der Kapitalismus muss auf diese Risikotechnologie setzen. Und er wird es auch weiterhin tun, aller Aufregung zum Trotz. In die Sackgasse geraten, kann dieses System nur noch beschleunigen. Berlakovichs Stresstest werden alle AKWs in Europa, die ihn bestehen sollen, bestehen. Die in Nebenmeldungen konstatierte und zugegebene Kernschmelze in drei japanischen Reaktoren, die werden wir, die wir den Strom brauchen, doch aushalten? – Eben!
Tatsache ist, man ist bereit, ganze Gebiete abzuschreiben. Nicht nur Japan, Russland oder Frankreich werden weiter machen. Als Standort fürs Kapital dürfen sie nicht ins Hintertreffen geraten. Und alle anderen auch nicht. Menschen müssen eben Opfer bringen, notfalls halt auch Menschen, selbst welche, die erst in vielen Jahren das Licht dieser Welt erblicken und dann einer Überdosis an Strahlung ausgesetzt werden, die ihnen ihre netten Vorfahren hinterlassen haben. Doch was ist schon das Leben von morgen gegen den Profit von heute? Die Grenzwerte hat man ja inzwischen vorsorglich erhöht.
Der „emotionale Analphabetismus“ (Günther Anders) ist erschreckend, aber so richtig beizukommen ist ihm trotz aller Katastrophen nicht. Wachstum und Verwertung, Konkurrenzfähigkeit und Konsum, das ist allemal wichtiger, auch wenn es Selbstmord auf Raten sein mag, den da das Kapital an seinem Personal durch eben dieses Personal in schöner Regelmäßigkeit vollziehen lässt.