von KriSU
Die soziale, ökologische und wirtschaftliche Krise der gegenwärtigen Gesellschaft macht „business as usual“ zu einer Drohung. Arbeitslosigkeit und Armut werden zunehmen, der Klimawandel ist kaum mehr zu bremsen, die Wachstumswirtschaft stößt an ihre Grenzen. Die Universität hat diese Entwicklungen unterstützt und mitzuverantworten. Sie hat versagt als Organ der kritischen Reflexion – weil sie von einer Gesellschaft finanziert und getragen wird, die von Reflexion eigentlich nichts wissen will. Sie interpretierte mit Betriebsamkeit das Weltgeschehen, während der Neoliberalismus die Welt dem Marktdogma gemäß verändert und in eine beispiellose Krise geführt hat.
Es muss ihr eine andere universitäre Praxis entgegengestellt werden, die sich nicht an Konkurrenzfähigkeit, selbstzweckhaftem Wirtschaftswachstum und der Konditionierung für den Arbeitsmarkt orientiert. Eine Praxis, bei der es nicht um impact points, akademische Karrieren und Drittmittelacquirierung geht. Die Kritische und Solidarische Universität hat zum Ziel, Freiräume zu schaffen, um die Einbettung der Universität in kapitalistische Verwertungsprozesse zu analysieren, gesellschaftliche Hierarchien zu hinterfragen und Grundlagen einer Solidarischen Ökonomie zu legen – einer Solidarischen Ökonomie, welche die immens gestiegenen Reichtumspotenziale unserer globalen Gesellschaft auch wirklich zu Reichtum für alle macht und nicht auf der Verarmung und dem Elend der Massen aufbaut; einer Solidarischen Ökonomie, die auf der grundsätzlich gemeinschaftlichen Natur unserer Lebensgrundlagen beruht und sie auch als gemeinschaftliche Güter pflegt und vermehrt.
Eine Kritische und Solidarische Universität kann in der bestehenden Universität nicht Fuß fassen.
• Sie braucht autonome Räume, um Kritik zu üben und neue Formen von Wissen zu generieren.
• Sie braucht autonome Räume, um Studierenden Kreativität und zwangloses Experiment zu ermöglichen.
• Sie braucht autonome Räume, um alle Interessierten zu Studierenden zu machen.
• Sie braucht autonome Räume, um unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen – Arbeiter_innen, Angestellte, Hausmänner und -frauen, kritische Lehrende, Kinder, Künstler_innen, Studierende, Forscher_innen, Migrant_innen usw. – zusammenzuführen und daraus zu lernen.
• Sie braucht autonome Räume, um in die bestehende Universität hineinwirken zu können.
• Sie braucht autonome Räume, um eine Solidarische Ökonomie, die auf Selbstverwaltung, Demokratie, Gemeinwesenorientierung und Kooperation beruht, auszubauen und zu stärken.
• Sie braucht autonome Räume, um eine Perspektive für Studierende und Nicht-Studierende zu entwickeln, die den Zwang zur Arbeit im Dienste von Wirtschaftswachstum, Konkurrenz und Vermarktung lockert.
• Sie braucht autonome Räume für eine Solidarische Ökonomie der Bildung.
Eine Kritische und Solidarische Universität ist ein langfristiges Projekt der Veränderung von Universität und Gesellschaft. Jetzt sofort muss sie angesichts der drängenden gesellschaftlichen Probleme beginnen. Die Kritische und Solidarische Universität revitalisiert Räume, die seit mehreren Jahren leerstehen und für die kein Nutzungsplan besteht. Hier und heute tut sie einen ersten Schritt aus der Krise.
Ihr Konzept hat fünf Säulen:
1. Lebendige Verbindung und universitas von Forschung, Lehre und Praxis
2. Selbstverwaltung, Feminismus, Antirassismus und Engagement gegen Antisemitismus
3. nicht-kommerzieller Charakter
4. Unabhängigkeit vom Staat
5. Bildung für Solidarische Ökonomie und Aufbau einer Solidarischen Ökonomie der Bildung durch Erforschung, Vermittlung und Entwicklung selbstverwalteter, gemeinwesenorientierter und kooperativer Produktionsweisen.
Anmerkung:
Diese Petition wurde von rund 300 Leuten aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen in- und außerhalb Österreichs unterzeichnet. Ihre Namen und viele O-Töne sind auf www.krisu.noblogs.org einzusehen, wo sich auch weitere Unterstützer_innen eintragen können. KriSU wurde im Zuge einer vorübergehenden Besetzung von Räumen aus ehemaligem Universitätsbesitz durch rund 50 Aktivist_innen vom 5. auf den 6.12.2009 eröffnet. Der Antrag der Grünen im Wiener Stadtrat, das Projekt KriSU bei der Suche nach Räumlichkeiten zu unterstützen, wurde mit den Stimmen der SPÖ abgelehnt. Inzwischen hat sich im Rahmen von KriSU eine Arbeitsgruppe „vivir bien“ gebildet, die sich der Erfassung und Kartierung von Ressourcen für eine nicht-kapitalistische Lebens- und Produktionsweise widmet. Weiters ist KriSU in die Gestaltung einer selbstverwalteten Lehrveranstaltungsreihe an der Universität Wien involviert. Raumsuche und Projektentwicklung werden fortgesetzt. Bei Interesse an KriSU: Email an krisu@riseup.net.