VON DER FPÖ ZUR BZÖ. Da er seine Partei nicht mehr ausgehalten hat, hat er sich eine neue gegründet.
von Franz Schandl
„Bündnis Zukunft Österreich“ (BZÖ) heißt das am Montag vorgestellte Projekt Jörg Haiders. Parteifarbe Orange. Seine Schwester, die nun ehemalige FP-Parteiobfrau Ursula Haubner, Vizekanzler Hubert Gorbach, die gesamte freiheitliche Regierungsmannschaft und alle Nationalratsabgeordneten hat er in die neue „Bewegung“ mitgenommen. Der Coup war gut vorbereitet. Die Initiative war stets auf seiner Seite, seine Kontrahenten wider Willen waren immer in der Defensive. Am ehesten erinnert die Spaltung an eine K-Gruppe. Diese Parteigründung ist mehr die Folge einer psychischen als einer politischen Konstellation. Ohne Haider wäre dieses Szenario völlig unvorstellbar gewesen. Da sitzt einer wie ein trotziges Kind in Klagenfurt und führt sich auf. Wenn jetzt nicht geschieht, was er will, dann… So geschieht es eben. Ein Häuptling zuckt aus. Eine Partei zuckt mit.
Die Geschichte der FPÖ unter Haider könnte man jederzeit als unendliche Röhm-Serie verfilmen. Diese Politik inszeniert im Kleinen, was sie im Großen gerne anstellen möchte: Die permanente Opferung von Schuldigen und Sündenböcken. Haider hat das Opfer automatisiert. Die Ausschaltung wird auch gar nicht mehr inhaltlich begründet, sondern als Formproblem dargestellt, Motto: Gegen destruktive Kräfte! Da geht es nicht links gegen rechts, sozialpopulistisch gegen marktradikal, national gegen liberal, sondern primär um die Befindlichkeit eines Narzissten. Haider will nicht bloß Herrschaft über die Seinen, er verlangt bedingungslose Gefolgschaft. Er kann keinen Widerspruch – egal was, egal von wem – ertragen. Einstecken war nie seine Stärke. Ohne dass er im Zentrum steht, kann eine Figur wie er gar nicht existieren. Kärnten ist ihm zu klein. Er wollte immer groß raus. Befriedigung verschafft ihm, wenn er tut, was er kann: drangsalieren und eliminieren. Andauernd fühlt er sich gekränkt und muss sich rächen.
Man wollte also gar nicht die Mehrheit in der Partei erobern, die hatte man sowieso. Man wollte bestimmte Leute nicht klein kriegen, sondern los werden, vor allem jene, die in Knittelfeld im September 2002, Haiders Interessen missinterpretierend, die alte Parteiführung um Susanne Riess-Passer gestürzt hatten. Dass er dort von den eigenen Anhängern (dem „Club Jörg“) überlaufen wurde, hat Haider ihnen nie verziehen. Die mussten weg. Egal wie. Das freiheitliche Publikum wirkt freilich verstört. Wie sich verhalten ohne in Ungnade zu fallen, werden sich nicht wenige Haiderianer fragen. Doch alleine durch diese Frage verliert der Fan schon an Sicherheit, die ihn an den Führer bindet. Wenn der Führer nicht mehr als Halt, sondern selbst als der Haltlose erscheint, wird dessen Stellung prekär. „Der Führer ist auch nicht mehr das, was er einmal war“, muss sich die Anhängerschaft denken.
Eine Partei ohne Zukunft ist auf jeden Fall die Rest-FPÖ. Hans Christian Strache, der Wiener FPÖ-Chef, mag neuer Bundesparteivorsitzender werden, doch die Leute werden sich mehr am Original als an der blassen Kopie orientieren. Wenn er jetzt von „Hochverrat am freiheitlichen Wähler“ spricht, zeugt das von Hilflosigkeit. Sollte man die FPÖ gar strikt national ausrichten, wird sich das Ende noch beschleunigen. Haider Orange hat da mehr Chancen, ob sie allzu groß sind, darf allerdings ebenfalls bezweifelt werden. Das strukturelle Problem der alten FPÖ ist auch eines der neuen BZÖ, nämlich als Populismus an der Ohnmacht der Politik gescheitert zu sein. Da hilft auch dieses Manöver nicht aus der Patsche. Das Regieren tut der FPÖ (jetzt BZÖ) nicht gut, wohl aber den FPÖ (jetzt BZÖ)-Granden und all jenen, die in den letzten Jahren an die Futtertröge der Republik gelassen worden sind. So was wie jetzt werden die nimmer. Daher wollen sie es bleiben.
Die christlichsoziale ÖVP hat nun einen Koalitionsvertrag mit einem Partner, dessen Regierungsmitglieder alle die Partei gewechselt haben. Was also tun? Kanzler Wolfgang Schüssel hat sich, nach einem Frühstück mit Jörg Haider, für ein Weitermachen mit der BZÖ entschieden. Wieder einmal in Neuwahlen flüchten, beherbergt für ihn wohl ein zu großes Risiko. Somit ist hierzulande erstmals eine Partei an der Regierung, die gar nicht zur Wahl angetreten ist.