Streifzüge 45/2009
von Maria Wölflingseder
Ich war noch fast ein Kind, da wollten mir diese widersinnigen Aufforderungen, die ständig durch die Medien geisterten, schon nicht einleuchten. Einerseits sollen wir uns ökologisch verhalten, die Umwelt tunlichst nicht belasten,sie mit möglichst wenig CO2 verschmutzen und andererseits müssen wir die Wirtschaft ankurbeln, also kaufen, kaufen, kaufen – egal wie sinnlos, egal welchen Schrott, egal wie unökologisch!
Die Autoindustrie, seit Jahrzehnten eine der wichtigsten und gleichzeitig klima-, mensch- und naturschädigendsten Säulen der Wirtschaft, ist in großer Not.Und das,obwohl das Auto ideologisch eigentlich noch nicht im Geringsten angekränkelt ist. Fast jeder ist überzeugt, ohne geht es nicht. Erst kürzlich erlebte ich, wie selbst sonst gescheite Kritiker vor dem Heiligtum auf die Knie fielen. Da es zum Autoverkehr keine adäquate Alternative durch öffentliche Verkehrsmittel gibt, wird er einfach bedenkenlos gutgeheißen. Dennoch hat sich in den USA der Autoabsatz im letzten Jahr halbiert; kann man darüber nicht froh sein, wo doch mit einem weltweiten Anstieg des Individualverkehrs ein ökologischer Kollaps droht?
Um der Wirtschaft auf die Beine und der Autoindustrie auf die Reifen zu helfen, haben Politiker die glorreiche Idee einer Verschrottungsprämie für über 13 Jahre alte Autos ersonnen. Wird es bald auch eine Verschrottungsprämie für alle alten Hüte geben: für 3 Jahre alte Handys, für 5 Jahre alte Computer und für 7 Jahre alte Klodeckel? – Klingt da die Erkenntnis des Polen Andrzej Stasiuk in seinem neuen, höchst amüsanten „Dojczland“-Road-Movie in Buchform nicht wesentlich sympathischer? Angesichts von Mercedes, dem (zumindest mental) ganz Stuttgart gehört, philosophiert er: „Die Mercedes fahren bis zum Schluss und leben von allen Autos am längsten. Die meisten sterben fern der Heimat:auf der Krim, in Anatolien, in Afrika. Das war ein gute Idee: etwas zu bauen, was auch noch nützlich ist, wenn es eigentlich schon unbrauchbar ist …“