von Lorenz Glatz
Es ist eine Stärke von Habermanns Büchern, dass sie in einer unakademischen, schnörkellosen Sprache Engagement mit Theorie verbindet. Das eine führt sie zum andern. Auf der ersten Seite spricht eine junge Frau, bewacht von zwei Polizisten, nach einer Räumung im Hambacher Forst fürs Schlägern für Braunkohletagbau. Sie spricht vom „lebenden Wesen“ Baum, auf dem sie mit den Freunden gewohnt hat. „Das sich bewegt“. Und dass die Polizisten „den Wald genauso brauchen“ wie sie, hinter ihnen aber „ein Konzern ohne Zukunft“ steht. Sie sind „Lohnarbeiter*innen. Und sonst nichts.“ Das Buch endet mit derselben Frau, die „Kraft verströmt“, „weil sie Widerstand leisten konnte“, „Beziehung“ zum Wald und „Solidarität“ der Freunde, „Resonanz“ erlebt hat und lebt.
Dazwischen werkt Habermann ausführlich mit ihrem Theoriebaukasten. „Subjektfundierte Hegemonietheorie“ nennt sie das Sortiment. Die Welt „verschieden interpretiert“ zu haben, ist gewiss nicht ihr Ziel, „es kömmt“ auch ihr „drauf an sie zu verändern“. Sie will dartun, was das Herz der herrschenden Lebensweise, die „Tauschwertlogik“, das Geld also, mit uns Menschen macht. Die Überschriften markieren leicht verständlich den Gang der Überlegung und sind zugleich ein Teaser: Weshalb beim Tausch alle verlieren – Warum „gerechter Tausch“ immer Ausbeutung ist – Wie sind wir da reingeraten? – Wie kommen wir da wieder raus? Oder: Gegen etwas zu kämpfen, heißt auch für etwas zu leben.
Das Buch polemisiert nicht. Es greift auf, was für das Anliegen erhellend erscheint. So wird H. Rosas „Resonanz“ als Gegenbegriff zur Entfremdung herausgestellt, werden M. Postones Kritik der Arbeit und ihrer Herrschaft über die Menschen, E. Hartmanns „Spielregeln der Globalisierung“ oder U. Brands und M. Wissens „imperiale Lebensweise“ ins Treffen geführt. Und wo die AutorInnen es nicht getan haben oder zu tun wagten, spitzt Habermann zu, was sich aus deren Analysen ergibt: Auf dem Weg zu einem guten Leben für alle sollte „ausgetauscht!“ eine Art Losung sein.