von Franz Schandl
Es wird schon wieder funktionieren.
Es hat immer funktioniert.
Es muss funktionieren.
Es funktioniert.
Der letzte Fluchtpunkt des Kapitals ist das bürgerliche Subjekt. Selbst wenn es nicht mehr glaubt, tut es so, als ob es glauben könnte. Irgendwie wird es schon gehen. Es muss. Jammern verboten! Dieses System läuft weiter, nicht weil die Eliten so gerissen sind – sie sind vielmehr ratlos –, es basiert immer mehr auf den Fundamenten der Fiktion. Dieser Glaube ist weniger ein Bekenntnis zu als eine Kenntnis von – aber die wird jeden Tag erworben und gefestigt. Dieser Vollzug reproduziert stets das notwendige falsche Bewusstsein, das so überlebensnotwendig ist wie lebensfeindlich.
Positives Denken will jede Klage in eine Zustimmung überführen. Ziel ist die sich selbst steuernde Monade. Das Subjekt ist ein Brutkasten der Suggestion. Die Verunsicherung ist zwar allgegenwärtig, an allen Ecken und Enden droht sie, ja sie ist unleugbar, aber sie wird sofort, quasi automatisch umgepolt. Ich kann es schaffen, und so ganz falsch ist das auch nicht, selbst wenn es meistens nicht stimmt. Vergessen wir auch nicht, dass die Folgen vieler Erfolge durchaus verheerend sind.
Aus der Verunsicherung wird eine Sicherung und im negativen Fall eine Entsicherung, die nach Schuldigen sucht. Aber die erste Reaktion ist nicht das Ressentiment, sondern das Arrangement . Dieses meint nicht unbedingt Opportunismus. Das Arrangement kann durchaus auch mit Unbehagen, ja Kritik einhergehen, diese bleiben allerdings ohne Konsequenz in der Welt praktizierter Affirmation. Der Kapitalismus mag immer weniger überzeugen, aber man richtet es sich trotzdem so ein, als wäre man überzeugt. Analyse und Synthese fallen auseinander.
Die Synthese ist primär sinnlicher Kultur. Unser Problem ist die affektive Einstimmung, die letztlich als effektive Übereinstimmung handgreiflich wird. Die bürgerliche Alltagsreligion ist nicht als gesonderte Verzauberung auffällig, weil sie die allgemeine ist. Ihre Besonderheit besteht darin, dass wir durch den tätigen Vollzug unseres profanen Daseins permanent in dieser Logik handeln. Diese Prämissen erscheinen nicht als außergewöhnliche Zumutung, sondern als der gewöhnliche Lauf des Lebens. Kritik selbst bricht im Alltag zusammen, eben weil sie nicht lebbar , sondern maximal sagbar ist. Viele halten sie gerade aufgrund dieses Widerspruchs sowieso für unsäglich, vertane Lebenszeit, neben den nötigen Opfern ein unnötiges sozusagen.
Sie wissen nicht, was sie tun, aber sie tun es unablässig, und wenn sie nicht mehr können, tun sie so, als könnten sie trotzdem, und es stimmt auch irgendwie: denn nichts anderes können sie eigentlich.
Nichts anderes zu vermögen, weder vorstellen noch anstellen, und somit auch nichts anderes zu wollen, das haben sie von klein auf gelernt, in all den Schritten, die das Leben ihnen aufgedrängt hat, die notwendig gewesen sind, um hier und heute existieren zu können. Die, die auf das Überleben trainiert sind, haben wenig Ahnung, was Leben ist oder sein könnte. Sie haben es sich abgewöhnt. Sie, das sind übrigens wir.
Erkenntnis und Gefühl, dass sie nicht ihrem Leben dienen, sondern in einer Matrix befangen sind, sind verschüttet. Es ist eine Verzauberung, die taub und blind, sprach- und gefühllos macht. Geschmacklos ist der Kapitalismus und wir mit ihm sowieso, auch wenn das bunte Treiben der Events das Gegenteil unterstellt. Das Kapital lastet wie eine Gallerte auf seinen Subjekten. Zukunft scheint verklebt. Wir picken fest.
Es ist jedenfalls kein Gordischer Knoten der Macht, der politisch im Kampf zerschlagen werden könnte. Diese Losung gehört ganz zur herkömmlichen Welt.