von Franz Schandl
Gach ist so ein „Jahrhunderttalent“ Geschichte. Die ÖVP ist tatsächlich wieder dort, wo sie war, bevor „die Leuchtrakete“ – so der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer über Sebastian Kurz – in ungeahnte Höhen vorstieß. Dieser magische Moment ist vorüber. Die Rakete ist abgestürzt, die Volkspartei liegt bei knapp über 20 Prozent, Tendenz fallend. Nun muss sie sich vor Neuwahlen fürchten. Das tut sie auch. Auf unabsehbare Zeit wird sie auf die Zurückhaltung des grünen Koalitionspartners angewiesen sein, der diesen ungewohnten Umstand auch schon weidlich genießt. Nicht nur angeschlagen ist die ÖVP, sie ist schwer geschlagen.
Die von Kurz herbeigezauberten Surplusstimmen waren rein konjunktureller Natur. Nun sind sie weg, und unmittelbar auch nicht mehr einfangbar. Wie gewonnen, so zerronnen. Da die Volkspartei in den letzten Jahren fast alle Wahlen gewinnen konnte, ist sie aktuell in den öffentlichen Körperschaften überrepräsentiert. Das Gros der Kurz-Leute, die da in die Ämter hineingespült worden sind, würde umgehend ihrer Mandate und Posten verlustig gehen. Die Kurz-Jahre eröffneten so keine neue politische Ära, sondern erweisen sich bloß als Episode.
Doch gescheitert ist nicht das Modell, sondern das Model. Der Typus ist alles andere als am Ende, am Ende ist nur der Typ, der sich schier übernommen hat. Die nächsten Jahre wird der Ex-Kanzler wohl mit diversen Verfahren und Prozessen ausgelastet sein. Aber vergessen wir nicht: Kurz wurde nicht politisch gestürzt, sondern juristisch abserviert. Und seien wir sicher: Ohne Handy-Gate wäre das System Kurz noch einige Jahre gelaufen. So rasant wie fulminant der Aufstieg auch gewesen ist, der Abstieg verlief kläglich. Es hat schon was von einem schlechten Film.
Die Geschlossenheit in der ÖVP ist wieder einmal perdu. Wie die Schlacht der schwarzen Landeshauptleute gegen den türkisen Bundesparteiapparat ausgeht, ist offen, allerdings mit Vorteilen für die ersteren. Aus Türkis dürfte wieder Schwarz werden. Die Kurz-Partie, vor kurzem noch allmächtig, ist ihres Anführers beraubt und schwer lädiert. Ex-Innenminister Karl Nehammer, der bisher meist als Scharfmacher aufgefallen ist, hat nun Partei und Kanzlerschaft übernommen. Er wird sich schwertun. Krisen multiplizieren sich und werden chronisch. Kanzler kommen und gehen durch die Drehtür.