von Franz Schandl
Karl Marx differenzierte die Emanzipation von der politischen Emanzipation: „Alle Emanzipation ist Zurückführung der menschlichen Welt, der Verhältnisse, auf den Menschen selbst. Die politische Emanzipation ist die Reduktion des Menschen, einerseits auf das Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft, auf das egoistische unabhängige Individuum, andrerseits auf den Staatsbürger, auf die moralische Person.“ Der Bürger ist demnach der mit Moral ausstaffierte Egoist, nicht erweiterter Mensch, sondern regressives Exponat.
Das wirkt nicht sonderlich sympathisch, gehypte Affirmatiker würden solche Aussagen heute wohl als „infantil“ diffamieren. „Vor diesem Hintergrund können wir die Verweigerung des Erwachsenwerdens als Verweigerung der Bürgerlichkeit verstehen“, so Norbert Bolz. Dem abzuhelfen braucht es eben die Kraft von „Bürgerlichkeit und Männlichkeit.“ Zweifellos, da wird zusammen genannt, was zusammen gehört. Und der Denker pardoniert wie parodiert sich gleich selbst: „Um das einzusehen braucht man keine Theorie der Gesellschaft, sondern nur gesunden Menschenverstand.“
Tatsächlich ist der Bürger seit der Aufklärung eine hofierte und protegierte Figur. Als höchster Ausdruck des Menschseins genießt er Ansehen wider Wissen. Gegen die Bürgerei und ihre Werte zu sein, das ist Blasphemie. Möglicherweise kommt selbst in dieser Ausgabe der Bürger noch immer besser weg, als es beabsichtigt gewesen ist.
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Die Herausgabe der Streifzüge für das Jahr 2021 ist gesichert. Allerdings, große Sprünge sind nicht zu erwarten, bleibt die Zuwendung so beschränkt wie bisher. Also: die Geschenkkörbe wollen befüllt werden, auf dass wir unseren Anliegen voluminöser nachkommen können. Guten Rutsch!