Philipp Mattern (Hg.): Mieterkämpfe. Vom Kaiserreich bis heute – Das Beispiel Berlin. Bertz + Fischer 2018, 212 Seiten, ca. 8,00 Euro
Seit etlichen Jahren wird die Wohnungsfrage zumeist unter dem Schlagwort Gentrifizierung diskutiert, die mit der Vertreibung von Menschen aus ihren Wohnungen und Stadtteilen zum Zweck der Profitsteigerung einher geht. Doch dass Mieter*innen nicht erst seit Latte macchiato und Hipstern in einem strukturellen Widerspruch zu Vermieter*innen stehen, wird oft vergessen. Dass sich die Leute gegen hohe Mieten und schlechte Wohnbedingungen aber auch immer gewehrt haben, wird aktiv vergessen gemacht. Der vorliegende kleine Band bietet hier ein wenig Abhilfe, wenn auch lediglich auf Berlin beschränkt.
Getragen ist das Büchlein vom Anspruch, zu zeigen, dass „Miete und Wohnen stets Kampffelder waren“. Das gelingt den Autor*innen, die zumeist einen aktivistischen Hintergrund haben, recht gut. Ohne die Widersprüche in den Auseinandersetzungen zu kaschieren oder Heroisierungen zu betreiben, vermitteln die Beiträge einen lebhaften Einblick in die Kämpfe um urbanen Wohnraum. Angefangen von den Moritzplatz-Krawallen von 1863 über die Mieterräte, Mieterverteidigungstrupps und Mietstreiks der 20er und 30er Jahre, bis zum Schwarzwohnen und den Hausbesetzungen in Ostberlin. Frappierend ist die sich beim Lesen bestätigende Erkenntnis, dass von einer Stellvertreter*innenpolitik wenig zu erwarten ist, sondern sich Verhältnisse nur ändern, wenn die Leute selbst und kollektiv aktiv werden. Wie das gehen kann, darüber lässt sich aus den historischen Beispielen einiges lernen.