von Franz Schandl
Ihr Körper bebte und sie schrie wie die Leibhaftige: „Wer schafft die Arbeit? Wer schafft die Arbeit? Wer schafft die Arbeit? Na sorry, wer schafft die Arbeit? Die Wirtschaft schafft die Arbeit! Bitte merkt’s euch das einmal!“
Wir merken auf und merken an: Nicht die Arbeit schafft die Wirtschaft, sondern die Wirtschaft schafft die Arbeit. Warum muss dann aber die Wirtschaft Arbeitskraft ankaufen, um die Arbeit, die sie ja schon geschaffen hat, verrichten zu lassen? Wie kann die Wirtschaft etwas schaffen, das erst geschaffen werden muss? Wäre die Arbeit schon da, bräuchte es ja keine Arbeiter mehr. Da es sie aber braucht, kann das wohl nicht stimmen, was die Beate Hartinger-Klein, Asozialministerin der FPÖ, da so in Rage versetzt von sich gibt.
Des Rätsels Lösung ist einfach: Es funktioniert andersrum. Sprachlich ist es ja auch naheliegend: Es arbeitet der Arbeiter. Es arbeitet die Arbeiterin. Arbeiter arbeiten. Die Wirtschaft arbeitet mit der Arbeit, sie realisiert Wert und Mehrwert, denn ohne dem könnten die Unternehmen keine Profite machen. Das führt freilich zur nächsten Einsicht: Die Arbeitgeber nehmen die Arbeit und die Arbeitnehmer geben die Arbeit. Was klar sein müsste, wird freilich in unserem Vokabular völlig spiegelverkehrt abgebildet. Es herrscht eine irre Nomenklatur.
Warum die Arbeitgeber Arbeitnehmer heißen, ist das nächste Rätsel. Dass Arbeitgeber Arbeit geben und der Arbeitnehmer Arbeit nehmen, ist Unfug. Der gemeingefährliche Schwachsinn liegt darin, durch Fehlbenennungen falsches Bewusstsein zu generieren und immer wieder zu regenerieren. Das Problem ist nicht, was die Hartinger-Klein da schreit, das Problem ist, dass die große Mehrheit dies genauso auffasst. An dieses Wirtschaftswunder der Wunderwirtschaft glauben Ministerien wie Medien, Universitäten, Unternehmen, Gewerkschaften bis hin zu den Stammtischen. Wir leben im Reich der Trottelbegriffe.