von Franz Schandl
Alles wie erwartet? Schon, aber doch nicht so ganz. Sebastian Kurz und seine türkis gefärbten Schwarzen haben zwar viel zugewonnen, aber so groß wie erhofft ist der Vorsprung wiederum nicht ausgefallen. Signifikant ist, dass auch die Freiheitlichen in ungefähr diesem Umfang zulegten und dass selbst die SPÖ ihr Ergebnis halten konnte. Die Zuspitzung nutzte also den Großen. Es mag ein Rutsch gewesen sein, ein Erdrutsch hingegen war es nicht, vor allem wenn man berücksichtigt, dass mit dem Ende des Team Stronach und Haiders BZÖ fast 10 Prozent an rechtspopulistischen Stimmen leicht abzuholen gewesen sind. Migration war jedenfalls die alles entscheidende Frage. Je restriktiver, desto besser.
Nachdem Kurz das Programm der Freiheitlichen erfolgreich kopiert hat, wäre es ein völliges Rätsel, wenn sich ÖVP und FPÖ nicht in einer Koalition wieder finden würden. Schwarz-blau ist logisch und wird auch kommen. FP-Chef Heinz-Christian Strache zeigte sich hocherfreut, dass das freiheitliche Programm nunmehr fast 60 Prozent Zustimmung gefunden hat. Auch dass Alexander Gauland Kurz als „Bollwerk gegen die Masseninvasion fremder Menschen“ lobte, passt in dieses Bild. Rechts ist die österreichische Mitte. Das Land driftet aber nicht weg vom europäischen Mainstream, sondern der Mainstream läuft in diese Richtung. Was zweifellos noch schlimmer ist.
Berücksichtigt man den absolut aus dem Ruder gelaufenen Wahlkampf der SPÖ, dann hat sie gar nicht so schlecht abgeschnitten. Ohne den Silberstein-Skandal wäre, hätte man noch ein paar Wochen Zeit gehabt, der erste Platz nicht ausgeschlossen gewesen. Skandale schaden, aber sie schaden oft nur auf sehr kurze Zeit. „Yes we Kern!“, skandierten die Fans der SPÖ im Partyzelt. Man war dabei durchaus guter Laune. Einen Teil der Verluste hat die SPÖ an Kräfte links von ihr weitergereicht. Selbst die sehr bemühte KPÖ fiel wieder unter die 1 Prozent-Marke.
Leidtragende waren aber insbesondere die Grünen. Sie sind nicht bloß abgestürzt, sie werden im nächsten Nationalrat nicht einmal mehr vertreten sein. Seit Frühjahr des Jahres waren sie stets in der Defensive, vor allem nachdem der auf der Kandidatenliste nicht ausreichend berücksichtige Peter Pilz die Partei verlassen hatte und eigenständig kandidierte. Pilz, der sich selbst als „Rechtslinker“ sieht, wurde von einer breiten Medienkoalition regelrecht ins Parlament getragen. Weder eine Bewegung noch ein Aufbruch zeichnet seinen Erfolg, wohl aber pushte der Wiener Boulevard den „Aufdecker der Nation“.
Mit herben Verlusten, ja sogar der Halbierung der Grünen konnte schon gerechnet werden, dass es aber so schlimm kommen wird, haben weder Feind noch Freund angenommen. Mehr als zwei Drittel der Stimmen gingen verloren, fast 9 Prozent, der Großteil übrigens Richtung SPÖ, die sich zuletzt noch eine Transfusion grüner Stimmen verabreichte. Die politische Rationalität hätte eigentlich eine umgekehrte Wählerbewegung erwarten lassen. Indes erlebte die Rationalität schon bessere Zeiten. Sehen wir uns die Wählerstromanalysen an, so sind 2017 tatsächlich vom alten Reservoir mehr Stimmen an die SPÖ gegangen als bei den Grünen geblieben.
Keineswegs war der grüne Wahlkampf schlechter als der letzte, ebenso wenig die Kandidaten. Indes verfügen die Grünen über ein scheinbar hochgradig nervöses Publikum. Bei Schlechtwetter wird die Flucht ergriffen, denn inhaltlich gab es keine Gründe für diese Wanderbewegung. Außerdem ist die Ökopartei pleite, erhält in den nächsten Jahren keine Parteienförderung des Bundes mehr, sodass zahlreiche Mitarbeiter in Klub und Partei gekündigt werden müssen. Es geht an das Eingemachte.