von Franz Schandl
Am Montag Vormittag hatte es noch ganz anders ausgesehen. Die Wogen schienen geglättet und die Partei auf den Kanzler eingeschworen. Ob dem wirklich so gewesen ist, ist jedoch fraglich. Auf jeden Fall wollte Werner Faymann unter diesen demütigenden Bedingungen, dem ständigem Nörgeln, Nötigen, Bevormunden seine Ämter nicht mehr weiterführen und sagte Tschüss. Kaum jemand wurde in den letzten Jahren so gewatscht wie der SPÖ-Vorsitzende. Zuletzt auch noch von der eigenen Partei. Er sei einfach nicht geeignet für diesen Job, so ein breiter Tenor. Sich das stets anzuhören, hatte er wohl satt. So stellte er die Partei vor vollendete Tatsachen. Irgendwie verständlich.
Bewundernswert war bisher weniger das Stehvermögen Faymanns als dessen Aufstehvermögen. In seiner Kanzlerschaft hatte er bereits drei ÖVP-Vizekanzler (Molterer, Pröll, Spindelegger) überstanden und auch den vierten hätte man ihm zugetraut. Dazu wird es nun nicht mehr kommen. Werner Faymann ist Geschichte. Es ist aber keineswegs ausgeschlossen, dass das stete Lavieren des Abgetretenen in absehbarer Zeit positiver erscheint als das aktuelle wie inflationäre Neustart- und Reformgerede. Wenn man nichts richtig machen kann, macht man es richtig, indem man nichts macht. Indes, ist das keine Strategie, höchstens eine Taktik. Impulse, welcher Art auch immer, blieb er schuldig. Aber acht Jahre als Kanzler muss man erst einmal aushalten.
Freunde hatte der fleißige Mann sowieso nur wenige. Umso mehr legte er sich mit dem Boulevard ins Bett, um Zuspruch zu erhalten. Das ging auch halbwegs auf, brachte Stimmen, kostete aber viele Inserate. Der selige Chef der Krone, Hans Dichand, beschrieb Faymann vor Jahren „als dezente Kraft der Mitte“, ja als „Sonnyboy, den man versteht.“ Da fühlte der SP-Obmann sich wirklich verstanden, doch nachhaltig war das kaum, auch jetzt, als Krone und Österreich überschwänglich die neue restriktive Asylpolitik lobten, half das dem Werner nicht mehr weiter.
Es ist nicht bloß so, dass Faymann in der Partei den Rückhalt verloren hat, ebenso hat die Partei den Halt verloren. Auch sie weiß nicht weiter. Selbst das Wort Spaltung nimmt man in den Mund. Statt zu bremsen wie bisher, hat man nun den Leerlauf eingeschaltet. Bergauf kommt man damit zwar gar nicht, dafür geht es bergab umso schneller. Wird hier die nächste sozialdemokratische Partei abgewickelt? Das steht zwar nicht unmittelbar an, aber zu einstiger Größe wird dieses Schrumpfprojekt nie mehr finden. Die SPÖ selbst scheint darüber in Panik zu verfallen, tatsächlich geht es auch um einiges: Macht, Pfründe, Ämter. Denn eines ist die Sozialdemokratie zweifellos: absolut regierungsabhängig. Da sie davon lebt, lebt sie auch dafür. Nur zehn von 71 Jahren seit 1945 saß sie in Opposition.
Die neuen Macher – und Macher müssen es schon sein! – mögen das Medienhandwerk besser verstehen, aber andererseits ist ihre Verankerung in den Parteigremien um einiges schlechter. Das wird sich bald als Manko erweisen. Bezeichnend auch, dass kein Mann (und schon gar keine Frau) aus den Parteiorganisationen zum Zug kommen wird, sondern ein Quereinsteiger aus der Wirtschaft. Die besten Karten haben dabei der ehemalige RTL- und ORF-Chef, Gerhard Zeiler und insbesondere der jetzige Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), Christian Kern. Sie werden die SPÖ ein kleines Stück weiter nach rechts rücken, aber das Kraut fett machen werden sie nicht. Woher die Kraft der Erneuerung kommen soll, ist völlig unklar. Klar ist allerdings, dass in Zukunft auf allen Ebenen mit der FPÖ koaliert werden darf und wird. Die Dämme sind gebrochen. In Neuwahlen wird man allerdings nicht flüchten. Da können die Koalitionspartner SPÖ und ÖVP nur verlieren.