Richard Schuberth: Bevor die Völker wussten, dass sie welche sind. REZENS

von Lorenz Glatz

Ethnizität, Nation, Kultur. Eine (antiessenzialistische) Einführung. Promedia Verlag Wien 2015, 222 Seiten, ca. 19,90 Euro.

Ein „Geist, der stets verneint! Und das mit Recht; denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht“ – mit Mephistopheles sind Schuberth und seine Diplomarbeit verwandt. Das ist dem Thema und der Weltgegend, wo sie es behandeln, auch durchaus angemessen. Und dass der Text mittlerweile zwanzig Jahre Text alt ist, tut dem keinen Abbruch. Die Dekonstruktion, die hier an den Begriffen unternommen wird, ist da noch kein akademischer Kanon, der sich der „Essenzialisierung des Anti-Essenzialismus“ nähert, sondern befeuert von „Empirie“, wie der Autor sagt, von der Erfahrung von Enge, Unterdrückung und Menschenfeindlichkeit, denen jene Begriffe dienen. Diese führt Schuberth durch die drei Teile des Buchs von der Kritik des „völkischen Paradigmas“ über die der „Ethnizität“ zum „Designing von Ethnizität und Kultur“. Der Autor bescheinigt sich im Vorwort wohl zu Recht „alles Talent, mir eine akademische Karriere zu verbauen“. Er entfaltet dieses mit beträchtlicher Sprachgewalt, die ihn dazu führt, im letzten Teil ganz explizit „meinem Spott, den ich bis jetzt mäßig zu zügeln wusste, mehr und ungestümeren Auslauf zu gönnen“. Wirklich geschadet hat ihm das persönlich kaum in seiner weiteren Laufbahn als „Autor von Romanen, satirischen Dramen, Essays, Polemiken, Songs und Aphorismen“ und nicht zu vergessen als DJ. Seine Hoffnung jedoch, seine Diplomarbeit sei auch Leuten, die nicht vom Fach sind, leicht zugänglich, ist zu relativieren: Ohne zumindest einer Basiskenntnis sozialwissenschaftlicher Terminologie wird man sich mit der Lektüre nicht grad leicht tun.
L.G.

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