Stechmücken im Konjunktiv

von Franz Schandl

Hätte die Mücke Bewusstsein, was wäre dann? Nun, sie unterschiede kaum in Menschen und Menschenaffen, geschweige denn meinte sie, mit letzteren gehöre sie in die Kategorie Tier, während der Mensch eine gesonderte Spezies darstelle. In den Mückenakademien würde man auf solch abstruse Theorien nie kommen, stattdessen höbe man die eigene Einzigartigkeit hervor und betonte, dass Menschen und Affen und all ihre nahen Verwandten vom Rind bis zum Zebra zum Stechen und Blutsaugen da wären. Professoren und Priester wären da ganz in ihrem Element. Man entwürfe Strategien des Angriffs, beurteilte die Qualität des Blutes und die Risiken, lobte die Tücke exemplarischer Exponenten und rechnete die zusammengesaugte Menge pro Schwarm hoch.

„Wir sind die Krone der Schöpfung, denn in uns vereinigt sich das Blut aller Rassen. Für dieses Blut lohnt es sich gar zu sterben“, heißt es ganz pathetisch in den theomuckischen Herrschaftsphantasien. Vorausgesetzt freilich, einige Mücken fallen nicht geradewegs um und meinen, dass diese Wirbeltierfeindlichkeit zutiefst unerträglich und daher abzustellen sei. Das freilich würde die Mückenschwärme in eine tiefe existenzielle Depression stürzen. Als die Heillosen werden daher jene von der altgläubigen Mehrheit der Geziefer denunziert.

Schnitt. Bei unseren Klosterneuburger Sommersitzungen auf Sevis Terrasse killen wir unzählige Gelsen und Bremsen. Einen Dippel oder gar viele wollen wir uns nicht zuziehen. Sie stechen uns, wir erschlagen sie. Gnadenlos. Aber ist damit gesagt, dass diese Banalität wie Brutalität der Weisheit letzter Schluss ist? Das mag verständlich sein, aber was ist daran selbstverständlich? Eine blöde Geschichte ist das, und Ruhm ist da keiner in Sicht. Und das noch dazu, während wir unsere TIER-Nummer besprechen.

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