Michael Seidman: Gegen die Arbeit. Über die Arbeiterkämpfe in Barcelona und Paris 1936-38.
Heidelberg 2012, 478 Seiten, ca. 25 €
„Wir arbeiten alle hart, aber wir arbeiten für uns“ – berichtet die Trotzkistin Mary Low aus dem revolutionären Spanien der 30er-Jahre. Dass dem entgegen die Verweigerung der Arbeit ein „grundlegender Aspekt der Aktivität der Arbeiterklasse“ ist, zeigt Seidman in seiner Dissertation (1982), die jetzt auf deutsch vorliegt. Mit umfangreichem Archivmaterial über die spanische Revolution und die französische Volksfrontregierung belegt er, wie stark die ArbeiterInnen hier wie da ihre neu errungene Macht dazu eingesetzt haben, sich der Arbeit zu entziehen – durch Fehlen und Feiern in Spanien und die Durchsetzung von Urlaub, Wochenende und Massenkonsum in Frankreich.
Das Buch beschreibt den jeweiligen gesellschaftlichen Kontext und rekonstruiert die Kämpfe gegen die Arbeit aus der Sicht der ArbeiterInnen auf der einen und der Gewerkschaften, Parteien und Betriebe auf der anderen Seite. Auch wenn Seidman kein Wertkritiker ist und außer in der knappen Einleitung kaum theoretisch argumentiert, ist sein Buch für die Wertkritik relevant, zeigt es doch, dass die begriffliche Kritik der Arbeit ein empirisches Pendant in der Alltagskultur der ArbeiterInnen hat.
Die immer wieder konstatierte Vergottung der Arbeit findet Seidman dagegen bei den kommunistischen, sozialistischen und anarchistischen Organisationen, die gegen den Absentismus ihrer AnhängerInnen und Mitglieder erst ideologisch und später durch die Einführung bewährter und neuer Zwangsmittel vorgegangen sind – meist vergeblich.