Der Osten Kanadas und der Vereinigten Staaten stöhnt unter einer Hitzewelle mit Temperaturen bis zu 30 Grad Celsius
von Tomasz Konicz
Chicago sieht sich mit einer Hitzewelle konfrontiert. Mitte März verzeichnete die Metropole am Südufer des Michigansees fünf Tage in Folge Temperaturen von mehr als 80 Grad Fahrenheit, was in etwa 26 Grad Celsius entspricht. Dieses extreme Wetterereignis hat alle bisherigen Rekordwerte für den Monat März weit übertroffen, da seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Chicago niemals an fünf Märztagen Temperaturen jenseits von 80 Grad Fahrenheit gemessen wurden. Bislang sind nur im März 1986 solche Höchstwerte an zwei Tagen gemessen worden, wobei die Aufzeichnungen des Wetterdienstes in der Region „mehr als 100 Jahre zurückverfolgt“ werden können, wie der Nationale Wetterdienst in einer Stellungnahme bemerkte, in der er diese Hitzewelle als ein „außergewöhnlich seltenes“ Ereignis bezeichnete.
Dabei fallen derzeit in vielen Regionen der USA und Kanadas die Hitzerekorde, da der diesjährige März eine extreme Anomalie darstellt, die selbst die bislang stärksten Wärmeperioden in dieser Jahreszeit weit übertrifft. Zwischen dem 1. und dem 18. März wurden im Osten und im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten rund 2.200 Hitzerekorde gebrochen, wobei die Hitze in Süd Dakota mit 94 Grad Fahrenheit (34 Grad Celsius) den extremsten historischen Höchstwert erreichte, der in dieser Jahreszeit noch nie in der Region auch nur annähernd erreicht wurde.
In Kanada konnten ebenfalls neue historische Hitzerekorde in vielen Regionen von Neuschottland bis Manitoba gemessen werden, wo die Temperaturen oftmals auf weit mehr als 20 Grad Celsius kletterten. Extremes Wetter konnte etwa Winnipeg am vergangenen Montag melden, wo Höchstwerte von 25 Grad Celsius gemessen wurden – die Durchschnittstemperatur für Mitte März liegt hier bei einem Grad Celsius! Der Klimatologe Dave Phillips beschrieb das derzeitige Wetter als „unkanadisch“: „Dies sind Temperaturen, die zu Sommerbeginn üblich sind und nicht zu Frühjahrsbeginn.“ Intensität und Dauer dieser Wärmeperiode in Kanada seien laut Phillips schlicht „unglaublich“ und größtenteils auf den in diesem Jahr ausgefallenen Winter in Kanada zurückzuführen. Die aus dem Süden einströmende Warmluft werde nicht abgekühlt, da auch die USA einen der wärmsten Winter ihrer Wettergeschichte verzeichneten. Diese Wetterkonstellation erinnere an „ein Treibhaus, das die warme Luft nicht entweichen lässt“, so Phillips.
Die historisch beispiellose Hitzewelle zu Frühjahrsbeginn wird somit den USA und Kanada noch erhalten bleiben, wie es auch die jüngsten Wetterprognosen bestätigen. Besonders extreme Wetterkapriolen werden beispielsweise am 22. März an der nördlichen Ostküste der USA, im Bundesstaat Maine, erwartet, wo die Temperaturen auf bis zu 86 Grad Fahrenheit klettern sollen. Dies wären rund 30 Grad Celsius in einer Region, deren Durchschnittstemperatur zu dieser Zeit bei rund 4 Grad Celsius liegt. Dieses Extremwetter geht mit dem verfrühten Beginn der Unwetter- und Tornadosaison in den USA einher, die ebenfalls – etwa in Michigan – historische Rekorde brach. Für gewöhnlich beginnt die Unwettersaison in den USA im April, doch sind bereits Anfang März mindestens 37 Menschen einer Tornadoserie in den USA zum Opfer gefallen.
Die gegenwärtige Hitzewelle stelle „das ungewöhnlichste Wetterphänomen in meinem gesamten Leben“ dar, kommentierte der Leiter der Atmosphärischen und Ozeanografischen Abteilung der Universität Madison, Jonathan Martin. Der US-amerikanische Umweltaktivist Bill McKibben wies in einem Beitrag für den Guardian darauf hin, dass dieses Extremereignis mit den Prognosen bezüglich der Auswirkungen des Klimawandels übereinstimmt: „In den letzten 25 Jahren haben Klimatologen gesagt, dass wir exakt solche Art von Wetter erwarten müssen – solche Extreme werden sogar noch wahrscheinlicher werden, wenn wir den Planeten weiter erwärmen.“
aus: Telepolis 21.3.2012