von Franz Schandl / von Gaston Valdivia / von Gregor Katzenberg
Mehr als viel.
Zum Tod von Robert Kurz (1943-2012)
von Franz Schandl
Nachruf auf Robert Kurz
Von Gaston Valdivia
Die Krise als Weltsystem. Der Publizist Robert Kurz ist im Alter von 68 Jahren gestorben…
von Gregor Katzenberg
Mehr als viel
Zum Tod von Robert Kurz (1943-2012)
von Franz Schandl
Mit Robert Kurz ist am 18. Juli einer der wichtigsten Denker einer fundamentalen Erneuerung der Gesellschaftskritik von uns gegangen. Seine besten Schriften datieren für mich aus dem letzten Jahrzehnt des letzten Jahrhunderts. Aufsätze wie „Aschermittwoch des Marxismus“ (1990), „Die Demokratie frisst ihre Kinder“ (1993) oder „Antiökonomie und Antipolitik“ (1997) und einige andere haben nichts an Gültigkeit und Prägnanz verloren. Bobbys Texte öffneten wahrlich neue Horizonte. „Der Kollaps der Modernisierung“ (1991) war eine der bedeutendsten Publikationen linker Theorie nach 1945. Posthum erscheint Ende des Monats noch das Buch „Geld ohne Wert“.
Bis zum Februar 2004 war Robert Kurz den Streifzügen und auch mir aufs Engste verbunden. In fast jeder Nummer zwischen 1999 und 2003 erschienen Artikel von ihm. Hier zu publizieren und das Projekt zu unterstützen, war damals ganz in seinem Sinn. Ich habe jedenfalls mit ihm fast ein Jahrzehnt (1995-2004) intensiv zusammengearbeitet, es waren keine schlechten und verlorenen Jahre, sondern Jahre des Aufbruchs. Ich habe bei keinem anderen so viel gelernt wie bei ihm. Der Crash in der Krisis 2004 beendete diese Phase allerdings jäh.
Robert Kurz zeichnete sowohl eine ansteckende Herzlichkeit aus als auch eine ebenso ansteckende Unerbittlichkeit. Beides habe ich kennen gelernt. Verschwiegen werden soll daher auch nicht, dass diese Zusammenarbeit in einem ultimativen Bruch endete, der nicht mehr gekittet werden konnte. Er kündigte mir die Freundschaft, ich kündigte ihm die Feindschaft. Was zur Folge hatte, dass er sie exzessiv auslebte und ich sie intensiv erlebte. Doch in Bruch gegangen war dabei weit mehr. In Bruch gegangen war die Attraktivität der Wertkritik und ihrer Zusammenhänge.
Robert Kurz war ein zutiefst analytischer Kopf mit einer hervorragenden Formulierungsgabe. Er konnte Kompliziertes auch sehr gemeinverständlich erklären. Früher spürte man seinen Texten auch Frische und Wärme an, sie berührten nicht nur intellektuell, sondern auch emotional. Wärme und Frische sind ihm leider abhanden gekommen, vor allem auch weil Bobbys Position sich verhärtet und seine Stimmungslage sich in den letzten Jahren ungemein verdüstert hat.
Kurz war einerseits der feinsinnige Denker, der ausgezeichnete Schriftsteller, andererseits aber auch ein übrig gebliebener Recke finsterster K-Gruppen-Manieren, der oft Übergriff und Eingriff nicht unterscheiden konnte. So hat sich der (im wahrsten Sinne des Wortes) Kämpfer Robert Kurz gerade wegen seines Hangs zum „Handgemenge“ zweifelsohne unter seinen Möglichkeiten geschlagen, da mag er das Schreibtempo noch so angezogen und die Intervention noch so verschärft haben. Er ist sich so oft selbst im Weg gestanden.
Aber was übrig bleibt, ist immer noch mehr als viel. Es sind wahre Schätze darunter, die Bestand haben werden.