von Gregor Rosei
Petition: http://jetzt.atomausstieg.at
Zwar erwarte ich persönlich nicht viel von den politischen Apparaten, die, nicht zu Unrecht, für gewöhnlich „dort oben“ oder „dort, in Brüssel“ vage verortet werden, aber es wäre wohl ein Fehler, die gelinderen Mitteln politischer Einflussnahme „von unten“ nicht – gewissermaßen als Störung der großen, bürokratischen Legitimationsmaschine – einsetzen zu wollen. Die Castoren rollen freilich, durch Staatsgewalt vor den eigenen Bürgern „geschützt“ – hier verkehrt sich wirklich alles! – weiter, und jene sehen in letzter Konsequenz kein anderes Mittel mehr, als ihre Körper vor diese bedrohlichen Sinnbilder des gerade nur irgendwie Gebändigten, menschliches Maß Sprengenden, zu werfen …
Von gewalttätigen Zumutungen bedrängt, findet sich die Liebe zum Leben in eine archaische Notwehrsituation gezwungen und im Einsatz des eigenen, verletzlichen Körpers die letztmögliche Form des Aufbäumens gegen das Unzumutbare. Tschernobyl hat uns überdeutlich gezeigt, dass wir im Falle des Falles zur Ohnmacht verdammt sind; Kinder an einem schönen, sonnigen Tag einfach nur im Freien spielen, oder sich selbst vom lauen Regen eines sommerlichen Wolkenbruchs durchnässen zu lassen wurde von einem Tag auf den anderen zu einem Akt unverzeihlichen Leichtsinns mit möglicherweise tödlichen Folgen …
25 Jahre später ereignet sich in Fukushima wieder einmal der Fall, der höchstens alle 100.000 Jahre eintreten sollte. Blöd, scheinbar hat man sich hier verrechnet.
Man bemüht sich zwar, besonders von „Experten“-Seite, die Parallelisierung mit Tschernobyl für unzulässig zu erklären, dennoch ist klar: hier ist wieder einmal ein Großprojekt von Homo sapiens voll in die Hosen gegangen – im „unvorhergesehenen“ Fall verpufft all das Hirnschmalz der Ingenieure und Experten zu einem kleinen Furz, der sich hilf- und ratlos vor den strahlenden Ruinen verflüchtigt …
Arme Teufel, vermutlich Angehörige des nuklearen Prekariats, das heutzutage weltweit die eigene Gesundheit gegen Münzen und Scheine tauscht und die Meiler tagtäglich am Laufen hält, werden, wie damals in Tschernobyl die „Liquidatoren“, ins Strahlengewitter geschickt, um noch Schlimmeres zu verhindern, aber ihre medial vermittelte Aura eines äußerst fragwürdigen „Heldentums“ kann ihre allzu menschlichen Körper vor der Strahlung nicht schützen …
Die Bevölkerung wird nur äußerst spärlich mit Information versorgt oder gar belogen, nationaler Stolz bleibt auch in dieser Situation des Notstands ein Motiv, Hilfe von außen nur zögerlich oder überhaupt nicht zuzulassen, und schließlich ergießen sich hochradioaktive Rinnsale wohl schon länger ins Meer, wozu selbstverständlich von behördlicher Seite attestiert wird, dass keine Gefährdung der Gesundheit bestehe, und ganz so getan wird, als wäre das Meer das unendlich große, unerschöpfliche Wasser, in dem noch das Giftigste, Tödlichste bis zum völligen Verschwinden verdünnt werden könnte – ein großer Selbstbetrug.
Und als Ultima Ratio allen Ingenieurswissens bleibt schließlich nichts als die überaus archaische „Idee“, die ganze Ruine unter einem Berg von Beton zu begraben und zu hoffen, dass weiter nichts passiert, dann möglichst zu vergessen …
Bekanntlich wurde rund um Fukushima auch bereits Plutonium-Kontamination des Bodens festgestellt, das Thema wird allerdings, wie mir scheint, tunlichst unter den Tisch gekehrt und Experten üben sich wieder im Beschwichtigen, wohl „um Panik zu vermeiden“, sprich: um zu vermeiden, dass Menschen die Angst empfinden können, die sie empfinden können müssen, um sich adäquat verhalten zu können …
Grenzwerte – von je her fragwürdige Konstrukte, Sachlichkeit vortäuschend, nur zu oft aber faule Kompromisse, die ökonomische Kräfteverhältnisse markieren – werden auch heute wieder ohne sachliche Grundlage zurechtgerückt, und zwar unter Riskierung unserer Gesundheit. Da von den Mainstream-Medien nur lasch kommentiert, ist es vielleicht auch Euch entgangen, dass vor einer Woche EU-weit per Eilverordnung die Strahlungs-Grenzwerte für Importe aus Japan drastisch erhöht wurden – unter Rückgriff auf eine durch die Tschernobyl-Katastrophe motivierte Notverordnung, die im Falle einer weiträumigen Verseuchung dann zwangsläufig verstrahlte Nahrungsmittel legalisieren soll! Diese legistische Maßnahme ist empörend und hat mit Solidarität mit der japanischen Bevölkerung herzlich wenig zu tun! Der Handel lässt grüßen …
Info dazu z.B. hier. Mittlerweile hat sich Widerstand formiert und die deutsche Regierung sowie ein EU- Kommissar schicken sich an, einen Rückzieher zu machen (siehe hier). Österreich hat zwar „dagegen gestimmt“ und sich – allerdings eher verschämt – von dieser EU-Entscheidung distanziert (siehe hier), die einzig sinnvolle Reaktion wäre aber natürlich eine selbstbewusste Verweigerung der Umsetzung (wie z.B. Schweden bzgl. der Datenvorratsspeicherung) sowie der Versuch, diese Entscheidung wieder rückgängig zu machen. Um Druck in diese Richtung aufzubauen sind z.B. Mails an BM Stöger und andere so genannte Entscheidungsträger sinnvoll. Ebenso die Unterzeichung einer entsprechenden Petition auf der Greenpeace-Website. Unterzeichnen und weiterempfehlen!
Plutonium
Das Element mit dem schon so verhängnisvoll klingenden Namen scheint mir der Inbegriff dessen, wovon wir Menschen unter allen Umständen die Finger lassen müssen! Pu ist schon in seiner Eigenschaft als Schwermetall giftig, jedoch: „Viel gefährlicher als die chemische Wirkung ist seine Radioaktivität, die Krebs verursachen kann. Bereits die Inhalation von 40 Nanogramm 239Pu reicht aus, um den Grenzwert der Jahres- Aktivitätszufuhr für Inhalation bei Arbeitern zu erreichen. Diese Menge ist so winzig, dass die Giftigkeit von Plutonium noch gar nicht zum Tragen kommen kann. Zur sicheren Entstehung von Krebs reicht vermutlich eine Menge von einigen Mikrogramm aus.“ (Wikipedia) Schon die Inhalation oder Inkorporation (mit der Nahrung) von einigen Millionstel Gramm reicht also für die Entstehung von Krebs aus. Damit ist Plutonium noch tödlicher als das Dioxin 2,3,7,8-TCDD, das als die giftigste vom Menschen hergestellte Verbindung gilt. (Wikipedia).
Aber das reicht noch nicht – Plutonium kann noch mehr, das Füllhorn der Natur ist übervoll: Die Halbwertszeit des häufigsten Isotops Pu239 beträgt 24.110 Jahre; das bedeutet, dass nach dem – für Ingenieurengehirne offenbar problemlos überschaubaren – Zeitraum von ca. 900 menschlichen Generationen immer noch die Hälfte dazu geeignet ist, uns qualvollzur Hölle zu schicken.
Eine geradezu jenseitige Substanz also; natürlicherweise eines der seltensten Elemente der Erdkruste (Wikipedia), und dann ein „unschuldiger“ Stoff der Natur – diabolisch aber in den Händen des Menschen, der das Maßlose nie besitzen darf. Klingt pathetisch? Nun, weniger pathetisch gesagt: die Menschheit ist ein Fliegenschiss im Universum, Dinge wie Plutonium sind ein paar Nummern zu groß für unsere zwar tollen, aber unzureichenden und fehlerhaften Gehirne und „Herzen“, wir können sie nicht wirklich begreifen und daher auch nicht mit ihnen umgehen (Günther Anders hat – auch dies – bereits vor einem halben Jahrhundert klar gesehen). Dem Universum ist es vermutlich völlig gleichgültig, wenn wir alle verrecken; uns selbst sind wir aber doch hoffentlich nicht völlig egal?!
Daher: Wehren wir uns gegen eine monströse Technologie, die menschliche Maße sprengt / Wehren wir uns gegen eine Politik, die uns den Tod als Notwendigkeit und Vernünftigkeit verkaufen will!