Staat, Weltmarkt und die Herrschaft der falschen Freiheit

Buchbesprechung

Streifzüge 49/2010

von Andreas Exner

Die Broschüre umfasst zwei Teile: eine „Kritik des kapitalistischen Normalvollzugs“ und ein Interview mit zwei Vertreter_innen des „…ums Ganze!“-Bündnisses, 2009 bestehend aus sieben Antifa-Gruppen, zum „Verhältnis von Staatskritik und (anti-)politischer Praxis“. Das Bündnis hat damit eine Staatskritik auf der Höhe der Zeit veröffentlicht. „Unsere Staatskritik ist auch ein Diskussionsangebot an andere Gruppen der radikalen Linken. Wir glauben, ein paar gültige Antworten auf ein paar wiederkehrende theoretische Probleme aufgeschrieben zu haben. Nicht alles ist originell. Und ‚endgültig‘ sind unsere Thesen schon deshalb nicht, weil in der Welt von Staat und Kapital nur die wiederkehrenden Krisen feststehen, nicht aber die jeweiligen Strategien, sie zu verwalten“, heißt es im Vorwort.

Der Text ist flott, differenziert und punktgenau. Der Politik wird eine Absage erteilt, der Ansicht, dass der Staat an Bedeutung verliere, ebenso. Konsequent behandelt man den Staat im Kontext der krisenhaften Weltmarktkonkurrenz, die er organisiert und der er zugleich unterliegt. Ausführlich werden die Subjektivierungsformen Nationalismus, Rassismus und Sexismus analysiert. Eine gewisse Leerstelle bildet die ökologische Frage. Während der erste Text vor allem die Formbestimmung „Staat“ entwickelt, widmet sich das Interview dem Verhältnis des Bündnisses zur Theorie. Die Aktivist_innen verstehen letztere als ein Moment in der Veränderung der Gesellschaft: „…Emanzipation (ist) unmöglich, wenn es nicht gelingt, die gesellschaftliche Reproduktion solidarisch zu organisieren.“ Erfrischend richtig.

„…ums Ganze!“-Bündnis (Hg.): Staat, Weltmarkt und die Herrschaft der falschen Freiheit. Zur Kritik des kapitalistischen Normalvollzugs, 1/3, 2009, 112 Seiten, Printversion: 1 Euro, freier Download: http://umsganze.de

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