von Lorenz Glatz
Auf Reisen tu ich manchmal so, als wäre es anderswo besser. Also bin ich am Rand der Ausgrabungen von Ostia Antica ausgestiegen, um zum Ort hinaufzugehen statt an den Lido weiterzufahren und dann mit der Bahn wieder zurück. Öffentlich geht es nur so. Ist gut fünf Kilometer Umweg für einen. Ich gehe daher zu Fuß. Bloß ist das nicht vorgesehen. Der Spazierweg am Zaun der Scavi entlang ist bloß ein frommer Wunsch von mir. Nach fünfzig Metern drängt mich die Betonbarriere am Straßenrand 200 Meter ab nach links, neben zwei Spuren dichten Verkehrs. Dann kommen endlich die üblichen Leitplanken. Ich steige drüber und gehe im ebenso dichten Gegenverkehr 200 Meter zurück nach rechts. Die autisti (so heißen die Fahrer auf Italienisch) nehmen’s gelassen – vielleicht sehen sie hier täglich zwei, drei so (Ver)Irr(t)e – und weichen aus, so gut es geht. Die Straße krümmt sich Richtung Ostia Antica. Jetzt sind es drei Straßen, Planke an Planke, wo die Autos in sechs Spuren fahren. Ich zähle sie beim Gehen in meiner Wut. In der Minute weit über hundert, d.h. gut zweitausend, bis wenigstens ein Gehsteig kommt.
Zu Hause passiert mir das kaum. Da weiß ich, dass die direkte Verbindung ohne Motor samt Zubehör wie Lärm, Gestank und Gift nicht zu haben ist. Das weiß doch jeder: Wenn eins zu Fuß gehen will, dann ist das für die Gesundheit und nicht einfach zur Fortbewegung von A nach B. Und für erstere fährt man mit dem Auto nach Schönbrunn und joggt oder mit der Tramway nach Neuwaldegg und wandert – meistens ein vorgegebnes Pensum. Zu wenig nicht und nicht zu viel.
Wenn man bloß wohin muss, weil es Beruf ist, oder zu Einkauf und Konsum, dann ist man möglichst vom ersten Meter an motorisiert. Auch und gerade auf dem Land. Meine Cousine wandert gern, wie man’s dem Body schuldig ist, im großen Kreis durch Wiesen, Wald und Feld. Wenn sie aber um Erdäpfel oder dergleichen zum ADEG will, dann fährt sie die 150 Meter mit dem Auto.