Streifzüge 43/2008
Interview mit Moshe Zuckermann
(Mit Moshe Zuckermann sprach Lorenz Glatz am 30.3.08 in Tel Aviv)
Eckpunkte eines Friedens…
Ich habe mit einer Reihe Leute in Israel gesprochen. Sie haben Angst, dass, ja weil es keinen Frieden mit den Arabern geben könne. Gibt es noch eine politische Perspektive oder muss man sich auf eine Katastrophe einstellen ?
Verzweiflung, Absage an die Möglichkeit der Friedenslösung kann man sich gar nicht leisten, wenn man es mit Israel ernst meint. Verzweiflung, weil ich vermeintlich so herrlich bin und die anderen so schrecklich sind, ist Ideologie der Stagnation, während die Realität aber weiter kocht und weiter arbeitet – die Frage bleibt, wie kann ich die Geschichte meistern, sie gestalten, sodass ihre Risiken und Perspektiven transparent werden und ich mit ihnen umgehen kann.
Das Grundverhältnis ist doch, dass man den Frieden hier noch nie erprobt hat. Was man hier erprobt hat, das hat immer eine Gewalteskalation ergeben, die von Intermezzi der Friedenssuche bloß unterbrochen waren – ich rede vom israelisch-palästinensischen Konflikt, denn die anderen, die Israel hier in der Region hat, sind dazu Epiphänomene. Nie hat man die erkannten Voraussetzungen implementiert und versucht, mit den daraus entspringenden Entwicklungen klarzukommen.
Was immer man über den Oslo-Prozess sagen kann und will (ich war dafür, war aber der Meinung, dass er einen Kapitulationsfrieden für die Palästinenser gebracht hätte), er hat klar gemacht, dass es ohne einen massiven Rückzug aus den besetzten Gebieten, ohne einen massiven Siedlungsabbau, ohne Regelung der Jerusalemfrage im Sinne einer Zweistaatenlösung und ohne eine politische Lösung für das Rückkehrrecht der Palästinenser (wie viele kann man aufnehmen, wie kann man sie integrieren) gar nichts zu haben ist.
… damit man hier weiter leben kann
Beruhen israelische und palästinensiche Politik nicht auf dem Konflikt und wollen sich gar nicht von ihm wegbewegen?
Die Frage ist doch: Will man leben oder will man heroisch im Recht-gehabt-Haben zusammen untergehen. Das zionistische Projekt wird längerfristig in der Region nicht überleben können, wenn es keine Friedensverhältnisse hat. Jetzt geht es noch darum, ob man dieses oder jenes Gebiet besetzt hat. Aber in einiger Zeit, wenn vielleicht die ganze Region nuklearisiert ist und auch der Terror und eventuell auch die Guerilla nuklearisiert ist, geht es für Israel um die Frage, ob man es auf Gewaltverhältnisse ankommen lässt, die nicht mehr kontrollierbar sind. Um die Frage, ob Israel längerfristig in der Region überleben kann – nicht, ob man militärisch überleben kann, sondern ob man als eine sich von allen anderen Staaten der Region abgrenzende Bastion überleben kann.
Das ist aber ein Ding der Unmöglichkeit. Nicht, weil Israel nicht militärisch bestehen kann – natürlich kann niemand in der Region die Existenz Israels bedrohen, ohne seine eigene Existenz zugleich aufs Spiel zu setzen -, sondern weil es für die Gesellschaft nicht erträglich sein wird, wenn sie auch die nächsten vierzig, fünfzig Jahre unter der Bedingung permanenten Terrors und der Aufrechterhaltung der Okkupation leben muss, wenn die Lebensbedingungen dadurch so unerquicklich werden, dass es mit einem massiven brain drain , massiver Kapitalflucht und einem Ekel vor einem solchen Leben einhergehen wird.
Es stellt sich also gar nicht so sehr – oder zumindest nicht nur – die moralische Frage, ob wir den Palästinensern gegenüber böse und sie uns gegenüber zu gewalttätig sind usw. Die Fehler, die wir über vierzig, sechzig, ja hundert Jahre permanent gemacht haben in der Regulierung dessen, was dann später der palästinensich-israelische Konflikt genannt worden ist, sind keine Strukturmerkmale, die unüberwindbar wären. Es geht hier um historisch entstandene Strukturen, die auch historisch überwindbar sind. Die einzige Frage ist, will man sie erkennen und überwinden.
Die Politik sowohl Israels als auch Palästinas kann sich nach dem Ende des Kalten Kriegs nicht mehr dadurch erhalten, dass sie über das Negative läuft, also der innere Zusammenhalt Israels und der Palästinenser sich über die äußere Bedrohung erhält (wobei das die gegenwärtige palästinensische Spaltung ja doch nicht verhindert hat). – Eine solche Strategie kommt an ihr Ende, denn der Friede ist keine moralische Frage, er ist auch nicht nice to have, er ist ein Muss. Wenn man die Perspektive darin sieht, dass Israelis, Palästinenser und Jordanier, Syrer usw. in ihren eigenen Ländern leben und in Kooperation (in meiner Vision in einer Konföderation oder ähnlichem) miteinander die drängenden Probleme der Region wie z. B. die Wasserfrage lösen, dann braucht es Frieden und dafür gibt es die vier genannten Grundvoraussetzungen, die unbedingt angegangen werden müssen.
Skylla und Charybdis des Zionismus
Nun leidet Israel ja an beträchtlichen inneren Gegensätzen…
Die gesellschaftliche Kluft ist ein krasser Widerspruch zu den Vorstellungen des klassischen Zionismus – wir gehören zu den drei entwickelten Ländern mit der größten sozialen Kluft. Natürlich kann man die Kohäsion eine Zeit lang durch die äußere Bedrohung herstellen, wenn man sich mit der inneren Zerklüftung nicht auseinandersetzen will. Andererseits kann diese jetzt mit Sicherheitsfragen nicht mehr länger abgedeckt werden. Ja, gerade dass vierzig, fünfzig Prozent des Budgets für Sicherheit ausgegeben werden, trägt zu diesem Riss entscheidend bei. Die Frage, was denn mit dieser Gesellschaft werden soll, wenn diese Entwicklung weitergeht, ist entscheidend, eine Entwicklung, die auch vom Standpunkt des Nationalstaats äußerst kontraproduktiv ist.
Den äußeren Konflikt perpetuieren, weil man sich mit den inneren Konflikten (vor allem den sozialen, den ethnischen zwischen der jüdischen Israeli, dem arabisch-jüdischen innerhalb Israels, den Problemen zwischen Staat und Religion) nicht auseinandersetzen will, das funktioniert nun nicht mehr, weil die Auseinandersetzung mit den Palästinensern für den Zionismus zu einer Situation von Skylla und Charybdis gediehen ist, dass man nämlich entweder die Besetzung aufrechterhält und die Struktur einer Binationalität bekommt oder die Verzichtsmaßnahmen in Richtung Frieden setzt, was aber zu gravierenden innerisraelischen Konflikten führen dürfte.
Ersteres stellt Israel zunehmend vor die Alternative, ein radikaler Apartheid-Staat zu werden, der eine wachsende Majorität unter dem Stiefel hält, oder kein jüdischer, sondern ein binationaler Staat zu sein, auch wenn er politisch als solcher nicht abgesegnet ist. Beides wäre das Ende des Zionismus.
Wenn man sich aber nicht auf Binationalität und damit auf das Ende des jüdischen Charakters des Staates, ja auf eine palästinensische Mehrheit einlassen und daher die Gebiete den Palästinensern zurückgeben wollte, bekommt man eine bürgerkriegsähnliche Situation, die von den fünf- bis zehntausend religiös motivierten Hardlinern auf der Westbank ausgeht, die die Staatsräson nicht mehr anerkennen und den Abzug wortwörtlich nur über ihre Leichen zulassen wollen. Das Westjordanland (Judäa und Samaria als Teil der biblischen Verheißung) hat da zahlenmäßig und religiös-ideologisch eine ganz andere Dimension und Qualität als Gaza, die weit in die israelische Gesellschaft hineinreichen.
Man kann hier im Interesse des Lebens und des Friedens nicht mehr lange zuwarten mit den genannten notwendigen Schritten. Der ganze Prozess wäre als Zweiphasenlösung machbar. Zuerst eine Zweistaatenkonstruktion, die dem derzeitigen Stand der Wünsche nach einem jüdischen Staat und nach palästinensischen Souveränität entgegenkommt, und dann früher oder später angesichts der anstehenden Aufgaben eine bi- und mehrnationale Lösung, eine Föderation oder Konföderation Israels, Palästinas und vielleicht auch Jordaniens und Syriens.
Tatsächlich ist die Zweistaatenlösung schon viel populärer angesagt als noch vor dreißig Jahren. Heute reden auch die Politiker schon davon, auch Sharon hat von ihr gesprochen. Zumindest vorbewusst wissen im Grund alle, worum es geht. Die Aufgabe ist, das auch durchzusetzen gegen die zu erwartenden Widerstände. Es gibt aber derzeit keine Persönlichkeit und keine Partei, die dazu willens und fähig wären.
Die Angst zu wissen, was man weiß
Gibt es in der israelischen Gesellschaft Strömungen, Bewegungen in diese Richtung?
Nein. Aber das muss noch nichts heißen: In den Sechzigern war man noch ein erschießungswürdiger Verräter, wenn man von zwei Staaten gesprochen hat. Heute reden alle davon und von der „demographischen Zeitbombe“. Die Zionisten müssen handeln, wenn Juden nicht zur „Minderheit im eigenen Land“ werden sollen.
Ein Leben für die Konfliganten wird es auf Dauer nur geben, wenn ihr Konflikt friedlich beigelegt ist. Das heißt freilich, dass sich die Politik von allem verabschieden muss, was man bis jetzt getan und gedacht hat. Momentan steht eben die eine Sache an: Ist Israel fähig, und Israel hat die Karten in der Hand, die Gebiete zurückzugeben, den Siedlungsabbau bei allem Schmerz und aller Gewalt, die das bedeuten mag, durchzusetzen, anzuerkennen, dass die Palästinenser in Ostjerusalem ihre Hauptstadt haben und hundert- bis zweihundertfünfzigtausend Palästinenser zur Familienzusammenführung aufzunehmen, oder ist es dazu nicht fähig.
Wenn nicht, dann kann die Idylle, in der wir hier (in Tel-Aviv) sitzen, weiter jede Minute in eine Apokalypse umschlagen. Erst letzte Nacht war wieder großer Alarm in der Nähe von Tel Aviv, weil ein palästinensisches Kommando eingedrungen ist. Das Ganze ist als Strukturproblem zu begreifen und nicht als ein moralisches, wer angefangen hat und wer schuld ist – obgleich es natürlich auch das ist. Wenn es keine Neuordnung der Struktur gibt, führt das unweigerlich in die Katastrophe, zu einem unvorstellbaren Gemetzel.
Das israelische Militär kann so wie die USA in Irak und Afghanistan mit Guerillakrieg und Terror nicht umgehen, dafür ist ein Miltär nicht gebaut. Obwohl eigentlich alle schon wissen (könnten), worum es geht, machen und reden sie doch noch immer doofe Ideologie. Ein halbes Jahr vor dem Einmarsch der USA in den Irak 2003 hat uns in Ramallah in der PALISAD-Gruppe (ein paar Dutzend palästinensische und israelische Intellektuelle) die palästinensische Anthropologin und Politologin Rema Hammami eine Analyse dessen geliefert, was passieren wird, wenn die USA in den Irak gehen. Sie hat Punkt für Punkt und in vielen Details beschrieben, was dann tatsächlich so passiert ist, vom Sieg über Saddam Hussein bis zur Herausbildung einer Art von „zweitem Vietnam“. Und das Pentagon und das Weiße Haus hätten so etwas nicht wissen können, nicht gewusst?
Die Frage für Israel ist doch: Warum will man mit dem, was man eigentlich weiß, nicht umgehen? Der Grund dafür ist, dass in der Struktur eine Sackgasse entstanden ist, in der man bei jeder Alternative, die sich anbietet, etwa Rückzug oder Nicht-Rückzug, eine Katastrophe kommen sieht – sodass man sich in einer Stagnation festgefahren hat. Dann hört man die bekannten Ideologien vom mangelnden Gesprächspartner (den man selber äußerst geschwächt bzw. in den Tod hat auslaufen lassen), von den Ängsten, dass jeder Rückzug Beschuss von Städten bedeutet (als ob Tel Aviv nicht schon beschossen worden wäre und bald von überall her beschossen werden kann) und von den Arabern, die eben „so“ sind.
Statt dessen sollte man sich doch fragen, wie das alles so geworden ist und wie man eine Konstellation herstellt, in der der Beschuss von Tel Aviv und der Terror kein Thema mehr sind. Schon kurz vor dem Golfkrieg von 1991 hat der religiöse Philosoph und Naturwissenschaftler Jeschajahu Leibowitz in einer Pressekonferenz festgestellt, dass Saddam Hussein keine Handhabe hat, Israel zu beschießen, wenn man jetzt Friedensgespräche mit den Palästinensern beginne. Tatsächlich ist es so, dass die Machtposition von Hisbollah, Dschihad, Hamas, der gesamte Terror untergraben wird noch sonst jemand eine Handhabe für einen Angriff auf uns hat, wenn Israel und die Palästinenser Frieden machen.
Verhältnisse sind historisch geworden und können historisch verändert werden. Selbst wenn Frankreich und Deutschland die zwei Weltkriege gebraucht haben sollten, um zu einem Frieden zu kommen, dann hätten wir hier unser Pensum auch schon erfüllt.
Der Friede ist machbar…
Allerdings hat der Friedensprozess zwischen Deutschland und Frankreich auf dem wirtschaftlichen Aufstieg im Fordismus beruht, während heutzutage ökonomische Krise und Desintegration vorherrschen.
Ich sehe eher eine Barbarisierung des Kapitalismus, die ja auch in den Klüften der israelischen Gesellschaft zutage tritt und bei den Palästinensern etwa in den Gegensätzen zwischen dem Fellachentum der Dörfer und dem Bürgertum von Ramallah und Nablus noch erscheinen wird. Eine Beilegung des politischen Konflikts würde jedoch hier lokal eine rapide Anhebung des Lebensstandards bringen – bei Anwachsen der bestehenden sozialen Kluft. Gerade wegen der Neuralgie dieser Region würde nämlich aus geopolitischen Gründen wie der Sicherung der Ressourcen große Mengen Kapital investiert werden. Ein Beispiel, wie das heute geht: Eine türkische Kapitalgruppe wollte dieser Tage, abgesegnet von der türkischen Regierung und abgesprochen mit den Palästinensern, einen Industriekomplex mit etwa zwanzig-, dreißigtausend Arbeitern und Angestellten in den Gebieten errichten – wo etwa 50% der Leute arbeitslos sind. Autonomiebehörde und israelische Regierung haben darüber gestritten, ob das nur in Area B oder auch in Area C geschehen darf (was politisch tatsächlich einen Unterschied macht) – und die Investoren haben sich zurückgezogen. Ohne den Konflikt würden die USA, die EU, die Oligarchen aus Russland und die Ölstaaten der Golfregion Geld reinpumpen. Kapitalistisch gesprochen gibt es hier ein enormes Knowhow und billigste Arbeitskraft nebeneinander. Natürlich begeistert es mich nicht, dass nun hier die neuen kapitalistischen Widersprüche reproduziert werden. Aber man kann diese Phase, in der auch erst zivilgesellschaftliche Strukturen hergestellt werden, nicht überspringen.
… weil die Menschen leben wollen
Sie sind also recht optimistisch, dass der grassierende Irrsinn der Gottesstaatskämpfer und Selbstmörder aktuell überwindbar ist.
Ja, ich kann nicht davon ausgehen, dass arabische Eltern eher bereit sind, auf ihre Kinder zu verzichten, als israelische oder sonst welche. Es ist ja kein essenzielles Attribut von Menschen, dass jemand sich einen Sprengstoffgürtel anlegt und auf einer belebten Straße in Tel Aviv oder Jerusalem in die Luft sprengt, sondern das ist eine historisch entstandene Ideologie, eine Verzerrung usw.
Im Vergleich zu seinen Erfahrungen in und mit dem Christentum hat das Judentum im Islam nicht sehr viel zu leiden gehabt. Erst durch das mit dem Zionismus entstandene politische, territoriale Problem hat sich eine Hassstruktur entwickelt, im Zusammenhang mit postkolonialem Hass in der so genannten Dritten Welt. Schließlich besitzen ja laut Uno die reichsten ein Prozent der Weltbevölkerung die Hälfte des Weltreichtums. Aus solchen Umständen nährt sich das islamistische, postkoloniale Ressentiment – der Westen ist der Kapitalismus, der Kapitalismus ist die Zirkulationssphäre, die Zirkulationssphäre sind die Juden, daher kämpfen wir gegen die Juden. Das ist – anders als in den traditionell christlichen Ländern – hier noch nicht lange so und überwindbar.
Nun wird es aber darauf ankommen, dass sich gegen den Wahnsinn Menschen zusammentun. Es wird ja nicht reichen, auf einen charismatischen und vernünftigen Politiker zu warten.
Natürlich hat es kein Politiker in der Geschichte vermocht, etwas zu bewegen, wenn dahinter keine gesellschaftlichen Kräfte waren. Was hier geschehen wird, ist nicht determiniert, aber wenn ich davon ausgehe, dass die Leute überleben wollen, dann können sie auch aus der Struktur heraus begreifen, dass es keine Alternative zum Frieden gibt und dafür eintreten. Wenn man das nicht begreift, dann erliegen wir dem Samson-Syndrom: Wir werden untergehen und die andern mit in den Tod nehmen.
Es ist nämlich wohl war, dass jeder, der Israel vernichtet, seinen Untergang mit festgeschrieben hat. Es ist aber auch wahr, dass die Abschreckung begrenzt ist, weil unter den gegebenen Bedingungen längerfristig niemand existieren kann. Und in Ländern, wo wie z. B. in Ägypten mit seinen 75 Mio. Einwohnern 80% in erbärmlicher Armut leben, ist auch die Gefahr des Fundamentalismus immer da, wenn die bedrängte menschliche Kreatur keinen Ausweg mehr weiss und sich dem Opium des Volkes verschreibt. Worauf ich jedoch setze, ist erstens, dass es in Strukturen, die sich derart festgefahren haben, keine lebbare Alternative zu dem gibt, was ich sage, und zweitens, dass die Menschen lebenswillig sind.
Ich sage das alles konditional
Die israelische Linke sieht derzeit erbärmlich aus. Sie hat die Antworten der Angst. Die Angst wird zur Ausrede, dass man sich nicht traut, die Bedingungen für den Frieden anzugehen. Das kann dann aber heißen, man agiert als die hochgerüstete Militärmacht, die man ist, und riskiert in Wirklichkeit die Eskalation zu einem Krieg, der den ganzen Nahen Osten in Schutt und Asche legen könnte. Wenn es dazu käme, dass Israel z. B. mit allen militärischen Mitteln auf der Westbank und in Gaza vorgeht, wenn man auch tausende Frauen, Kinder und Alte umbringt und diese Bilder dann kursieren, dann wird der islamische Fundamentalismus die Staaten der Region in Zugzwang bringen und einen regionalen Krieg in ganz Nahost auslösen.
Die Hoffnung ist, dass diese Ideologie der Angst aufgebrochen wird, ehe es zum Schlimmsten kommt, noch ehe die strukturelle Barbarei sich so aktualisiert, dass Friede nur noch aus dem Zusammenbruch herstellbar ist. Für Israel ist aber selbst das wohl gar nicht zu haben. Israel würde in einem Krieg, bei dem es vierzig-, fünfzig-, sechzigtausend Ziviltote hinnehmen müsste – bei Hunderttausenden, ja Millionen auf der anderen Seite -, auseinanderfallen. Zu viele Leute würden nicht mehr mitmachen, ihre Sachen packen und abhauen.
Die Aktivitäten kleiner Gruppen der nichtzionistischen Linken, alles in allem vielleicht fünftausend Leute, wie ich in der Politik absolut randständig, halten das Prinzip Hoffnung aufrecht, sie können die Früchte aber nicht ernten, die sie vielleicht gesät haben. Umgesetzt werden muss das nämlich im Rahmen der großen Politik. Noch dazu kann in diesem Land Friede paradoxerweise nicht von links durchgesetzt werden, sondern es bedarf rechter Kräfte, die aus der Ausweglosigkeit heraus den Fieden wollen. Nur die können das machen.
Ich sage das alles konditional: Wenn wir nicht tun, was zu tun ist, dann wird die Geschichte ihren Lauf nehmen, und dann gnade uns Gott.