Streifzüge 44/2008
von Roger Behrens
„Ich habe kein hobby.“ Th. W. Adorno
Ich bin seit einigen Wochen arbeitslos. Seit geraumer Zeit heißt es: man stehe dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, und: man sei arbeitssuchend. Das ist allein schon deshalb gelogen, weil das, was man Arbeit nennt, im Kapitalismus ja genau umgekehrt organisiert ist: Die „Arbeit“ verfügt über den Menschenmarkt – sie sucht den Menschen. Das Arbeitsamt heißt heute Agentur für Arbeit, hat aber noch immer dieselbe Funktion, die es seit jeher hat: Menschen einerseits in Statistiken zu verwandeln, sie andererseits aus den Statistiken herauszubekommenDafür versuchen die – wie es wenigstens den Verfahren in dieser Institution angemessen heißt – Sachbearbeiter dem – wie er dann wiederum idiotisch genannt wird – Kunden wahlweise eine „Arbeit“ anzudrehen oder nachzuweisen, dass der Arbeitssuchende schon längst welche in Form von selbstständiger Tätigkeit gefunden hat.
Interessant ist nun, wie hier „Arbeit“ im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten des täglichen Lebens verstanden wird. Und dämlich ist es auch. So wie bei meinem ersten Termin, bei dem es um die Überprüfung der Unterlagen ging, mit denen ich mich auf neue Jobs bewerben soll. Jene sind, wegen der akademischen Gepflogenheit, Veröffentlichungen anzugeben, doch recht umfangreich – zum Missfallen der für Akademiker zuständigen Sachbearbeiterin. Lange und etwas grimmig blätterte sie in den Zetteln, bis sie – einen ihr bevorstehenden Triumph erwartend – aufblickte: Publikationen, Vorträge, Seminare etc. , das sei ja alles schön und gut. „Was aber in jedem Fall hier rein muss, das sind ihre Hobbys! … Etwa , Lesen‘, , Fotografieren‘ oder , Internet‘ – da weiß ihr neuer Chef gleich, dass Sie nicht teamfähig sind. Anders natürlich bei , Handball’…“
Hobbys wurden im bürgerlichen Zeitalter ersonnen, um das lebendige Tun in zweckfreie Sinnlosigkeit umzumodeln und somit die tatsächliche Sinnlosigkeit der Arbeit vergessen zu machen. Ich habe den Rat befolgt und im Lebenslauf unter „Hobbys“ vermerkt: „Arbeit“.