Foreign affairs?

Streifzüge 32/2004

2000 Zeichen abwärts

von Franz Schandl

In seinem Artikel „Zur Antisemitismusdiskussion in und um attac“ zitiert
Peter Wahl aus einem Beitrag der „Foreign Affairs“, wo unter anderem zu lesen ist: „Das zeitgenössische Ressentiment gegen die angenommene Macht internationaler Finanzinstitutionen hat sich mit alten Mythen vermischt. Das 19. Jahrhundert hatte seine Rothschilds; die gegenwärtige Ära hatte Lawrence Summers und Robert Rubin im US-Finanzministerium, Alan Greenspan bei der US-Zentralbank, James Wolfensohn bei der Weltbank und Stanley Fischer beim Internationalen Währungsfonds (IWF).“ Wahl schreibt dazu: „Hier geht es offensichtlich nicht um Antisemitismus, sondern darum, Kritik an der Politik von IWF, Weltbank und den US-Finanzinstitutionen generell als antisemitisch zu diskreditieren.“
Zweifellos, um Letzteres geht es. Was „Foreign Affairs“ damit bezweckt, ist offensichtlich. Dies zu erkennen, ist auch wichtig. Indes bedeutet es noch lange nicht, dass an deren Argumentation nichts dran ist, nur weil ihr Ziel darin besteht, die Globalisierungskritik zu diffamieren. Im Gegenteil, „Foreign Affairs“ begreift hier durchaus eine Schwäche der Gegner und weidet diese aus. Nur weil jemand etwas Falsches will, heißt das noch lange nicht, dass er dauernd etwas Falsches sagt. Ausgeräumt werden müsste also der Vorwurf und nicht bloß das, was mit ihm bezweckt werden soll.
Eine Kritik der Finanzmärkte, die keine des Kapitalverhältnisses ist, birgt stets die Gefahr, dunkle Mächte, also bestimmte Personengruppen als die Üblen schlechthin zu definieren. Suggeriert wird damit, dass die Welt mehr in Ordnung wäre, wenn es jene nicht gäbe. Eine Zentrierung auf das transnationale Finanzkapital und seine Akteure ist verunglückter Antikapitalismus. Das mag bei vielen gar nicht böse Absicht sein und ist hier auch nicht als Aufforderung zur Punzierung zu verstehen, wohl aber ist es notwendig, dieses regressive Muster und seine möglichen Implikationen zu benennen und begreifbar zu machen.

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