Vom Dreikampf zum Zweikampf
von Franz Schandl
Schlechter hätte es gar nicht ausgehen können. Die statutarisch nicht verbindliche Mitgliederbefragung in der SPÖ betreffend des Parteivorsitzes endete mit einem kuriosen Patt: Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil erhielt 33,7, der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler 31,5 und die amtierende Parteiobfrau Pamela Rendi-Wagner 31,4 Prozent. Knapper geht es kaum noch. Nur wenige Stimmen entschieden diesen Dreikampf. Doskozil hat also nicht gewonnen, sondern sich lediglich als Erster mit knappem Vorsprung über die Ziellinie geschleppt. Letztlich war sein Ergebnis mager, äußerst mager. Einen Aufbruch kann er damit nur simulieren, was er auch tut. Wenn der Landeshauptmann gar euphorisch davon spricht, wie „überwältigt“ er von dem Resultat sei, dann hat er zweifellos recht, aber in anderem Sinn: tatsächlich wurde er überwältigt. 1500 Stimmen weniger und Doskozil hätte überhaupt ein völliges Fiasko erlebt. Der Führungsanspruch, den er stellt, ist alles andere als eindeutig. Seine Simulation eines Sieges ist grenzwertig.
Die Funktionäre wählten mehrheitlich Rendi-Wagner, die vielen Parteieintritte der vergangenen Wochen gingen an Babler, die meisten einfachen Mitglieder hingegen votierten für Doskozil. Eine kräftige Ohrfeige setzte es für den Funktionärskorps der SPÖ, vor allem den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig. Dieser zentrale Machtapparat ist davon ausgegangen, dass sein Einfluss in der Partei ausreiche, die aktuelle Parteivorsitzende in ihrem Amt zu verteidigen. Das war ein Irrtum. Doskozil als auch Babler wirkten ambitionierter als die fade Altherrenriege hinter Pamela Rendi-Wagner. Diese hat auch bereits ihren Abgang aus der Politik angekündigt. Für Doskozil wird es jedenfalls schwer, die Partei gegen diese angestammten Funktionäre zu führen. Die meisten kann er nicht austauschen.
Gut ausgegangen ist die Mitgliederbefragung zweifellos für den Parteilinken Andreas Babler. Der hat Grund zu feiern, denn niemand hätte ihm solch ein tolles Ergebnis zugetraut. Nun will er nicht zurückstecken und gegen Doskozil am Parteitag am 3. Juni antreten. Aufgeben will er nicht. Ein Kandidat müsse die klare Mehrheit hinter sich haben, „daran führt kein Weg vorbei“, so Babler. Aus dem Dreikampf ist ein Zweikampf geworden. Das Rennen um den Vorsitz ist noch nicht entschieden. Wenn Babler tatsächlich gegen Doskozil antritt, ist ein ähnlich knappes Votum wie bei der Mitgliederbefragung wiederum nicht ausgeschlossen. Vor allem, wenn beträchtliche Teile des Rendi-Lagers auf Revanche aus sind. Offiziell werden sie das zwar nicht propagieren, aber die Abstimmung erfolgt geheim. Doskozil möchte daher eine neue Auseinandersetzung unbedingt vermeiden. Anzumerken ist aber auch noch, dass viele Stimmen für Babler weniger seinen Positionen gelten, sondern primär als Ablehnung der beiden anderen Kandidaten zu deuten sind. Sie drücken also mehr eine Haltung und weniger eine substanzielle Verschiebung der Partei nach links aus.
Die gegenseitigen Verletzungen sind freilich enorm. Es wird schwierig werden, diese aufgeheizten Gemüter zu beruhigen, geschweige denn die Konflikte zu überwinden. Lösungen oder klare Verhältnisse sind nicht in Sicht. Es ist anzunehmen, dass die Streitigkeiten trotz aller Beteuerungen nicht aufhören, auch wenn viele Proponenten ziemlich ermattet wirken. Nervosität, Anspannung und Ratlosigkeit sind den SP-Vorderen ins Gesicht geschrieben. Wahrscheinlich muss und wird die Sozialdemokratie auf einen Sieger setzen, der schon vor Amtsantritt angeschlagen ist. Wenn Doskozil weiterhin solche Siege einfährt, ist er bald politisch erledigt. Aktuell stellt sich in der Sozialdemokratie die Frage, ob es besser ist resignieren zu müssen als designiert zu sein.
So wenig Freude in der SPÖ aufkommt, so groß ist die Schadenfreude bei FPÖ und ÖVP. Die Volkspartei etwa verweist genüsslich auf Kanzler Nehammers 100 Prozent am letzten Parteitag. Indes ist das Verzweiflungsquorum der SPÖ-Basis um einiges ehrlicher als das Angstquorum der ÖVP-Delegierten, das den üblen Zustand der Post-Kurzianer nur kaschieren will.