Dialektik der Motorsäge

Kaum
ein Gerät, das solch einen Höllenlärm erzeugt. Motorsägen
minimieren die Anstrengung und maximieren deren Ertrag. So zumindest
die gemeine Sicht des Fortschritts. Es ist auch nicht schlicht von
der Hand zu weisen. Wollen wir Bäume fällen wie früher? War die
Arbeit der Holzknechte im Forst denn wirklich eine Idylle, war sie
nicht vielmehr eine Schufterei sondergleichen? Tja.

Tatsächlich
ist die Holzarbeit von einer der ruhigsten zu einer der lautesten
geworden. Nichts stört die Ruhe des Waldes so wie die Motorsäge.
Der oft besungene Frieden des Waldes wird damit konterkariert, ja
völlig auf den Kopf gestellt. Auf jeden Fall gilt nicht mehr, was
man mir in jungen Jahren sagte: „Franzi, im Wald ist man leise.“
Derlei merkt man sich. Eine Nervensäge war ich wohl, eine Motorsäge
nie.

Im
Lärmkegel einiger Kettensägen ist es zweifellos lauter als auf
einer stark befahrenen Autobahn. In unseren Wäldern herrscht
gegenwärtig ein Triumvirat aus Klimaerwärmung, Borkenkäfer und
Motorsäge. Wir leben in der Ära der Eliminierung der Fichten. Es
heulen die Sägen und erledigen ihren Teil.

Stören
sie wirklich? Haben wir uns nicht inzwischen auch daran gewöhnt wie
an so vieles? Haben die Sägen nicht längst unseren Segen?
Wahrscheinlich. Und ist nicht gerade der Lärm auch Schutz, eine
profane Warnung, die Nähe des Schlags zu meiden? Mit der Motorsäge
kann man sich verletzen, auch schwer, doch fällt einem ein Baum auf
Kopf oder Rücken, dann spielt es das Horvath’sche
Lied vom Tod.