Einlauf Streifzüge 69 – Populismus
von Franz Schandl
Ist Populismus eine sinnerfüllende Kategorie? So ganz sicher sind wir da nicht. Auch in den Beiträgen läuft mehr auseinander als zusammen. Zumindest auf analytischer Ebene. Aber nennen wir es mal produktive Unsicherheit. Jedenfalls glauben wir einige wunde Punkte berührt zu haben. Vor allem die „Front“ zwischen Liberalismus und Populismus haben wir doch einigermaßen quer gebürstet. Das ist dringend notwendig, denn was sich einst links nannte, kommt zusehends als weichgespülte Instanz der bürgerlichen Werte daher. Wie die Freiheitlichen die Etablierten aussaugen, so saugt ein liberalisierter Antifaschismus die linke Opposition leer.
Nach den österreichischen Erfahrungen gilt es festzuhalten: Schwarz-blau war kein Betriebsunfall und rot-blau ist es ebenso wenig. Dass im Burgenland eine Koalition zwischen Sozialdemokraten und Freiheitlichen gegeben ist, ist kein Unfall, sondern ein Präzedenzfall. Da wächst zusammen, was nie so richtig getrennt gewesen ist.
Populistische Plagiate nehmen zu, denken wir etwa an das „Jahrtausendtalent“ der ÖVP, Außenminister Sebastian Kurz. In psychologischen Seminaren um 2050 wird man derlei unter dem Titel „Epidemische Phänomene des politischen Betriebs zu Beginn des 21. Jahrhunderts“ besprechen. Aber auch wenn man sich drüber lustig macht, es ist ernster, als man meint, es deutet insbesondere an, dass die große Verzauberung (jenseits allen Aufklärungsgezwitschers) nicht nur vorherrschend ist, sondern mächtig wie noch nie.
Der Populismus erscheint als Zerfall der Politik selbst. Alte Hegemonien rosten und schwinden, Obskurantismus, Attentismus und Autoritarismus bilden die Auffangbecken. Aber das muss nicht so bleiben.
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Dass wir nicht ganz für uns schreiben, beweist einmal mehr unsere Autorin Ilse Bindseil in ihrem langen und anregenden Brief an die Redaktion. Danke. Ansonsten empfehlen wir dringend die vorvorletzte Seite zu beherzigen. Nochmals Danke.