Putzen
von Franz Schandl
Viel Hausarbeit macht glücklich“, lässt uns die Wiener U-Bahn-Postille Heute in ihrem Artikel „Glücksfaktor Putzen“ wissen: „Hausarbeit, so britische Wissenschaftler, wirke sich positiv auf die Psyche aus. Nur 20 Minuten intensives Putzen pro Woche seien äußerst wirksam gegen Depressionen. Das schweißtreibende Wirbeln durch die Wohnung soll zudem dem Alterungsprozess massiv gegensteuern und Ängste abbauen. Und sorgt nebenbei noch für einen sauberen Haushalt – und der macht alle glücklich.“
Ich kann das nicht bestätigen. Daher schaut es bei uns auch immer so aus. Putzen ist das Letzte, was einem diese Gesellschaft als alltägliche Notwendigkeit aufgeherrscht hat. Auch die Wörter Runterputzen und Rausputzen sagen in ihrer sprachlichen Komposition schon alles. Wer permanent putzt, erniedrigt sich. Putzen wertet ab, es drängt einen in die Position des Subsubalternen. Putzen ist der niedrigste Dienst von allen. Wer es abgeben kann, gibt es ab. Putzen ist was für Ausländerinnen. Die meisten Putzfrauen sind auch solche.
So geht bei uns das Pflegen und das Sorgen immer vor dem Putzen. Bei uns, die wir uns sowieso keine Putzfrau leisten können, wird also nicht so viel geputzt. Den anderen fällt das schneller auf als uns, auch wenn sie nichts sagen. Nicht, dass ich das Geputzte nicht mag. Die Diskrepanz zwischen dem Putzen und dem Geputzten ist ja immens. Zufrieden ist man nicht, weil man geputzt hat, sondern weil geputzt ist. Die geputzte Badewanne ist einem lieber als das Putzen der Badewanne. Während man Badewanne putzt, lebt man nicht, lebendig wird man erst, wenn man wiederum in ihr sitzt. Reell sind Werden und Resultat zwar nur unterschiedliche Zeitströme, ideell jedoch liegen da Welten dazwischen. Der Wert des Geputzten ist jedenfalls höher als der Wert des Putzens.