Schulden? Wessen Schulden?
Seit Monaten liegt man uns mit der sogenannten Schuldenkrise in den Ohren. Vor allem Griechenlandverwandelte sich dabei zusehends in ein Schreckgespenst: „Guckt nach Griechenland, da seht ihr was passiert, wenn man über seine Verhältnisse lebt!“ Keine Frage, dass das Trommelfeuer vor allem den Zweck verfolgt, uns auf weitere Sparprogramme und Sozialeinschnitte einzustimmen: „Wer den Gürtel nicht enger schnallt, dem geht es bald so wie den Griechen.“ Und wer will das schon, wo die durchschnittlichen Einkommenseinbußen im letzten Jahr dort bei 1-2 Monatslöhnen liegen. So also sieht die zu erwartende Irrenlogik aus: Wer sich mit den künftigen Einschnitten zur Systemfinanzierung nicht abfindet, dem drohen Einschnitte wie in Griechenland. Entweder ihr spart oder ihr spart.
Ganz Schlaue wenden gegen den Sparkurs ein, man schade dadurch nur der guten Realwirtschaft: Wer spart, verringere die Nachfrage, also die Absatzmöglichkeiten „unserer“ Unternehmen. Ja sind wir denn dafür da, dass wir den Absatz ankurbeln? Soll ich mir jede Woche ’ne Hose kaufen, nur weil davon so viele auf dem Markt herumliegen? Wo die staatliche Wirtschaftspolitik uns die Butter vom Brot klaut, wollen uns ihre angeblichen Kritiker in noch effizientere Konsummaschinen verwandeln. Für die einen sind wir Kostenfaktoren, für die anderen Nachfragefaktoren. Menschen, die ihren Grips dazu gebrauchen könnten, die Welt zum allseitigen Genuss wohnlich einzurichten, sind wir für beide nicht.
Und nun? Sollen wir die Befriedigung unserer Bedürfnisse vielleicht „einklagen“ oder „Forderungen“ erheben? Sollen wir die politischen Instanzen anbetteln, sie mögen doch so gut sein, auch mal an uns zu denken, nicht immer nur an die Banken? Wer kann denn allen Ernstes glauben, „die Verantwortlichen“ ließen sich umstimmen, wenn wir mit unseren Forderungen durch die Straßen spazieren oder gar – oh wie schrecklich! — ein paar Scheiben einwerfen? Wie wär’s zur Abwechslung mal, der Realität ins Zyklopenauge zu sehen und die einfache Tatsache zur Kenntnis zu nehmen, dass wir selbst die Verantwortlichen sind? Kein Gott, kein Herr, erst recht kein Banker oder gar Politiker hält den Irrsinn am Laufen, den wir verniedlichend „die Wirtschaft“ nennen, sondern wir selbst. Wie das? Indem wir nichts dagegen unternehmen, sondern uns mit unseren „Forderungen“ immer wieder im vorgegebenen Rahmen eben dieser Wirtschaft bewegen: Gebt uns, nicht den Banken, nölt es kindisch aus den Lautsprechern.
Neuerdings erhält der Protest gegen die Banken sogar von höchster Stelle Zuspruch. Erstaunlich ist das nicht. Solange wir mit dem Finger auf Sündenböcke zeigen, werden wir es wohl ertragen müssen, dass uns von ungebetener Seite „Verständnis“ entgegengebracht wird. Gegen die Banken und für die sogenannte Realwirtschaft lässt sich leicht die ganz große Koalition von weit links bis ganz rechts schmieden – ähnlich wie vor ein paar Jahrzehnten, als wir in Gestalt unserer Altvorderen das „schaffende“ gegen das „raffende“ Kapital verteidigten und dem damaligen Kanzler in Krieg und Massenmord folgten. Beifall von der falschen Seite ist noch immer das untrüglichste Zeichen, dass wir auf dem Holzweg sind.
Nur, was schlägst Du denn vor, hört der Schreiber den Leser fragen. Wohl erst einmal dies: Aufräumen mit falschen Vorstellungen, Schluss machen mit der Suche nach Sündenböcken, im eigenen Kopf und in Gesprächen mit anderen. Vielleicht fällt uns dann ja ein, wie wir gegen das fruchtlose Gequatsche über Staatsschulden und Finanzkrise die Welt nach dem Motto einrichten könnten
Jeder nach seinen Fähigkeiten
Jedem nach seinen Bedürfnissen
Autor: Einer von Vielen