Die Leidenschaft hat die Vernunft, die dem Verstand fehlt

von Peter Pott

Das gibt es nicht! Sagt sich Adorno – und begnügt sich mit dem falschen. „Das beste Verhalten: … das Privatleben führen, solange die Gesellschaftsordnung und die eigenen Bedürfnisse es nicht anders dulden, aber es nicht so belasten, als wäre es noch gesellschaftlich substantiell und individuell angemessen.“ (Minima, 40ff.) Adorno weiß, dass seine Lösung „eine Ideologie für die (ist), welche mit schlechtem Gewissen das Ihre behalten wollen“. Aber was soll man machen? „Kein Einzelner vermag etwas dagegen.“

Dagegen „meint man (Peter Pott in den Streifzügen Nr. 47) einwenden zu können“, empört sich Robert Kurz: „,Zwei, drei, vier Menschen, die im Gespräch, im Tanz oder weiß wo sich als Fahrzeug zu schöner bewegtem Sein erfahren haben …, vermögen durchaus etwas dagegen‘ (Pott, a.a.O.). Ausgerechnet die Aussage von Marx und Engels, der Kommunismus sei kein utopisches Projekt, sondern die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt, wird ihrer gesamtgesellschaftlichen Dimension entkleidet und gegen Adornos Verdikt gewendet. … Die Potenzen der Vergesellschaftung werden nicht emanzipatorisch gewendet, sondern ignorant im Schein der Unmittelbarkeit ertränkt. … Die ,wirkliche Bewegung‘ kann nur eine gesamtgesellschaftliche und transnationale sein, die sich aus der Immanenz der kapitalistischen ,Widerspruchsbearbeitung‘ heraus an den sozialen Fronten der Krisenverwaltung entwickelt bis zur realen Eingriffsmacht; nur darüber ist eine transzendierende Potenz gegen das unteilbare Ganze der herrschenden gesellschaftlichen Synthesis zu gewinnen.“ (Robert Kurz: Seelenverkäufer, http//exit-online.org.)

Die wirkliche Bewegung kann sich zu einer gesamtgesellschaftlichen ausweiten – und muss sich dazu ausweiten, wenn sie den jetzigen Zustand gesamtgesellschaftlich aufheben will. Dass die „,wirkliche Bewegung‘ … nur eine gesamtgesellschaftliche und transnationale sein“ kann, stellt die Bewegung auf den Kopf. Die wirkliche Bewegung ist eine konkrete und keine allgemeine: die unmittelbare, leibhaftige und einzigartige Bewegung eines konkreten Individuums, „das wirkliche, sinnliche Gegenstände zum Gegenstand seines Wesens, seiner Lebensäußerung hat“ (MEW 40, 578), die unmittelbar gesellschaftlich ist, wie Marx an anderer Stelle betont (MEW 40, 538). Sie muss dazu nicht erst noch erzogen werden. Nur daran erinnert werden. Das wird sie auch daran erinnern, dass das gesellschaftliche Leben wohl zu zweit und nur zu zweit beginnen, sich aber nicht auf zwei oder ein paar mehr Menschen beschränken kann.

„Die Menschen sogleich in ihrer Vielzahl zu betrachten, umgeht das, was die Beziehung zum anderen als Menschen bedeutet“, erinnert Luce Irigaray (110). Kurz’ Verdikt, die „wirkliche Bewegung kann nur eine gesamtgesellschaftliche und transnationale sein, die sich aus der Immanenz der kapitalistischen Widerspruchsbearbeitung heraus an den sozialen Fronten der Krisenverwaltung entwickelt bis zur realen Eingriffsmacht“, ist geradezu ein Angriff gegen das gesellschaftliche Wesen des Menschen. Sie fixiert „die Gesellschaft wieder als Abstraktion dem Individuum gegenüber“ (MEW 40, 538).

Die Vernunft hat immer existiert (Marx)

Richtiges Leben – „die Vernunft“, wie Marx sagt – „hat immer existiert, nur nicht immer in der vernünftigen Form“ (MEW 1, 345). Das heißt, dass es kein menschliches Leben gibt, das sich mit dem Gegebenen, das doch nie das richtige ist, klaglos zufrieden gibt. Was immer ihm widerfährt, erfährt es als ein Leiden, das es aufheben will. „Sinnlich sein ist leidend sein. Der Mensch als ein gegenständliches sinnliches Wesen ist daher ein leidendes und, weil sein Leiden empfindendes Wesen, ein leidenschaftliches Wesen. Die Leidenschaft, die Passion ist die nach seinem Gegenstand energisch strebende Wesenskraft des Menschen.“ (MEW 40, 579)

Die Leidenschaft hat die Vernunft, die der Verstand nicht hat: die Vernunft, die dem Menschen die Mittel vermittelt, die er zum Leben braucht, sich aber nicht wie ein Tier einfach schnappen kann. Weder sind „die menschlichen Gegenstände die Naturgegenstände, wie sie sich unmittelbar bieten, noch ist der menschliche Sinn, wie er unmittelbar ist, gegenständlich ist, menschliche Sinnlichkeit, menschliche Gegenständlichkeit“ (ebd.). Deswegen ist „der menschliche Sinn, wie er unmittelbar ist“, doch nicht ohne Vernunft. Sie hat, wie gesagt, „immer existiert, nur nicht immer in der vernünftigen Form. Der Kritiker kann also an jede Form des theoretischen und praktischen Bewusstseins anknüpfen und aus den eigenen Formen der existierenden Wirklichkeit die wahre Wirklichkeit als ihr Sollen und ihren Endzweck entwickeln.“ (MEW 1, 345) Ähnlich denkt auch Goethe, der es denn auch für eine „höchst wunderliche Forderung“ hält, Erfahrungen „ohne irgendein theoretisches Band“ darzustellen und es dem Verstand zu überlassen, sie theoretisch einzuordnen.

„Jedes Ansehen“, heißt es im Vorwort zur Farbenlehre, „geht über in ein Betrachten, jedes Betrachten in ein Sinnen, jedes Sinnen in ein Verknüpfen, und so kann man sagen, dass wir schon bei jedem aufmerksamen Blick in die Welt theoretisieren. Dieses aber mit Bewusstsein, mit Selbsterkenntnis, mit Freiheit … zu tun und vorzunehmen, eine solche Gewandtheit ist nötig, wenn die Abstraktion, vor der wir uns fürchten, unschädlich und das Erfahrungsresultat, das wir hoffen, recht lebendig und nützlich werden soll.“

Revolutionäre Intelligenz

Wenn es die „Aufgabe der revolutionären Intelligenz“ ist, nicht nur „die intellektuelle Vorherrschaft der Bourgeoisie zu stürzen“, sondern auch „den Kontakt mit den proletarischen Massen zu gewinnen“, dann hat sie vor diesem Teil ihrer Aufgabe, wie Benjamin ihr zu Recht vorwirft, „fast völlig versagt“ (II.1, 309). Gegen dieses Versagen spricht nicht, dass sie, sich der ihr fehlenden Nähe zu den Massen bewusst, nach Dichtern, Musikern, Malern und anderen Künstlern rief, die ihre theoretischen Erwägungen versinnbildlichten. Statt „den Künstler bürgerlicher Abkunft zum Meister der ,Proletarischen Kunst‘ zu machen“ (ebd.) und ihn damit für eine Sache zu instrumentalisieren, die ihn seines künstlerischen Genies beraubt, ist ihm nahezulegen, im „Kontakt mit den proletarischen Massen“ einen Zustand mitzudenken, „der“, wie Adorno sich ausdrückt, „das Schicksal der blinden Vereinzelung tilgt, in dem endlich das Gesamtsubjekt gesellschaftlich sich verwirklicht“ (Noten, 126).

Der mitgedachte Zustand, „der das Schicksal der blinden Vereinzelung tilgt“, ist der Masse nicht fremd. „Auch das Kollektivum ist leibhaft.“ (Benjamin II.1, 310) Auch sie hat ihren Witz, ist von Bildern bewegt, „wo die Nähe sich selbst aus den Augen sieht, … die Welt allseitiger und integraler Aktualität“ sich auftut (ebd., 309). Es ist die „Aufgabe der revolutionären Intelligenz“, sich mit Witz des Witzes der Masse anzunehmen, die Masse mit den ihr eigenen Bildern, die gegen „das Schicksal der blinden Vereinzelung“ revoltieren, zu konfrontieren, damit sie diese Bilder als das begreift, was sie in ihrer ganzen politischen und sachlichen Wirklichkeit sind: Produkte einer gesellschaftlichen Produktion, für die Massen von Individuen ihr eigensinniges Leben gelassen haben, die einen Anspruch darauf haben, dass es aufgegriffen und entsprechend produktiv bestätigt wird.

Man „betrügt“, so Benjamin, „nicht ungestraft den Leib um seine Macht, mit den Geschicken sich auf seinem eigenen Grund zu messen und zu siegen“ (IV.1, 142). Der betrogene Leib wehrt sich. „Vorzeichen, Ahnungen, Signale gehen ja Tag und Nacht durch unseren Organismus wie Wellenstöße.“ Sie erinnern uns an die Fragwürdigkeit unserer Identität. Daran, dass wir Natur in Natur sind, wie fertig wir sie auch gemacht haben: dass wir in Lebenszusammenhängen stecken, die uns wahrnehmen, wie wir sie wahrnehmen, auch wenn unsere „Schulweisheit“ davon nichts wissen will. Sie erinnern uns unseres humanen Anspruches zum Trotz an unseren sinnlichen Körper und dessen mit Lust und Leid empfundenen Austausch mit anderen menschlichen und nicht-menschlichen Körpern: an angenehme und unangenehme vergangene und gegenwärtige Erfahrungen; an ein geheimes Kräftespiel der Natur, dessen Geheimnis kein Begriff zu fassen vermag, so fortgeschritten das Begreifen auch sein mag. Sie verweisen auf eine „erste Komplizenschaft mit der Welt“, die uns erst die Möglichkeit gibt, „von ihr und in ihr zu sprechen, sie zu bezeichnen und zu benennen, sie zu beurteilen und schließlich in der Form der Wahrheit zu erkennen“ (Foucault, 33). Die Zeichen sind, wenn sie keinen Zweifel aufkommen lassen, Zeichen der Verzweiflung: Schreie der noch „lebendigen Arbeit“, die in toter eingemauert ist. Es sei denn, sie wird als Ruf vernommen, der eine Antwort erwartet.

„Es hindert uns also nichts“, schreibt Marx an Arnold Ruge, „unsere Kritik … an wirkliche Kämpfe anzuknüpfen und uns mit ihnen zu identifizieren. … Wir entwickeln der Welt aus den Prinzipien der Welt neue Prinzipien. Wir sagen ihr nicht: Laß ab von deinen Kämpfen, sie sind dummes Zeug; wir wollen dir die wahre Parole des Kampfes zuschrein. Wir zeigen ihr nur, warum sie eigentlich kämpft, und das Bewußtsein ist eine Sache, die sie sich aneignen muss, wenn sie auch nicht will. … Es wird sich dann zeigen, daß die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewußtsein besitzen muß, um sie wirklich zu besitzen.“ (MEW 1, 345) Das ist der Traum, dass das Verhältnis des Menschen zum Menschen und sein Verhältnis zur Welt ein menschliches ist, Liebe nur gegen Liebe, Vertrauen nur gegen Vertrauen sich austauschen, Einfluss auf andere Menschen nur hat, wer „ein wirklich anregend und fördernd auf andere Menschen wirkender Mensch“ ist (MEW 40, 567). Dieser Traum gründet in der körperlichen Organisation menschlicher Individuen „und ihr dadurch gegebenes Verhältnis zur übrigen Natur“, das sich von dem der Pflanzen und Tiere dadurch unterscheidet, dass sie genötigt sind, „ihre Lebensmittel zu produzieren“ und so „ihr materielles Leben selbst. … Was die Individuen also sind, das hängt ab von den materiellen Bedingungen ihrer Produktion“ (MEW 3, 20f.), die weder objektiv noch subjektiv „unmittelbar dem menschlichen Wesen adäquat vorhanden“ sind (MEW 40, 579).

Die Erfahrung der Aura

Die Menschen kommen nicht mit dem Wissen auf die Welt, wie Mann die Fäuste ballt, eine Truppe bildet, erfolgreich zuschlägt, das Wild zur Strecke bringt, den Acker bestellt, ein Haus zimmert. Sie wollen das im Augenblick auch nicht wissen. Sie wollen wissen, was die Dinge, die es ihnen angetan haben, der Baum, der ihnen in die Augen fiel und wieder fällt, die Vögel, die ihnen zu Ohren kamen und schon wieder kommen, ihnen antun, was sie anderen antun und was zu tun ist, damit sich mit den Dingen leben lässt.

Statt die „seiner Leiblichkeit angehörigen Naturkräfte … in Bewegung (zu setzen), um sich den Naturstoff in einer für sein eignes Leben brauchbaren Form anzueignen“ (MEW 23, 192), sucht der Mensch erst einmal nach „Informationen“ von und zu den Gegenständen der Natur, die ihn wissen lassen, was seine Sache ist. Dazu muss er sich auf die Sache, die seine noch nicht ist, geduldig einlassen, bei ihr verweilen, sie beschaulich ins Auge, hingabevoll ins Ohr usw. fassen – in der Erwartung, dass sie ihm etwas sagt. „Wo diese Erwartung erwidert wird“, so Walter Benjamin, „da fällt ihm die Erfahrung der Aura in ihrer Fülle zu“ (I.2., 646): ein „sonderbares Gespinst aus Raum und Zeit“, wie Benjamin erläutert, die „einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag“ (440); eine Naturerscheinung, die der menschlichen Ermunterung bedarf, damit sie erscheint. „Die Aura einer Erscheinung erfahren, heißt, sie mit dem Vermögen belehnen, den Blick aufzuschlagen“ (646f.) – und mit dem sie Anblickenden eine Beziehung aufzunehmen, die diesem das Geheimnis ihrer – menschlichen – Natur offenbart.

Das sonderbare „Gespinst“ ist wie das Gespinst der Spinnerin ein Kunstwerk, das sich im Unterschied zur Kunst der Spinnerin aber nicht zu einem greifbaren Stoff verfestigt. Es ist ein Gebilde, keine Konstruktion, das Gebilde passionierter Sinnestätigkeit, der Augen und Ohren und der anderen Sinnesorgane, von denen Goethe sagt, dass sie „Glieder der Erkenntnis“ seien: das Gebilde einer sinnlichen Wahrnehmung der Wirklichkeit also, die offen für die Wahrnehmungen des Wahrgenommenen ist – und daran interessiert, in die eigene individuelle Wahrnehmung die Wahrnehmung des wahrgenommenen Gegenstandes einfließen zu lassen und so einen Hauch von Wirklichkeit zu atmen, mit dem das Individuum die in ihm „schlummernden Potenzen“ als einmalige Vorstellung von und zu den überall schlummernden Potenzen der Wirklichkeit ahnend betätigt.

Ich und Du – und Du und Du

Die Erfahrung der Aura ist auch die Erfahrung der Einsamkeit, von der Octavio Paz sagt, dass sie „der tiefste Grund der Conditio humana“ sei: ein Nein zu der Natur, wie sie vorgefunden wird, das auch das Nein zu einer menschlichen Gemeinschaft ist, die dem Menschen auf den Leib geschnitten ist, von dem sein Leben nicht zu trennen ist, für die er nur zu funktionieren hat – und das Ja zu einer Gemeinschaft von Mensch und Natur, die noch im Werden ist; die Erfahrung, dass wir uns trennen müssen „von dem, was wir waren, um uns in das zu verwandeln, was wir in einer unbekannten Zukunft einmal sein werden“ (189).

Leben heißt sich trennen! Es heißt, sich aus der düsteren Geborgenheit des Mutterleibes, der „muffigen Interessengemeinschaft der Familie“ (Adorno), der bornierten der Dorfgemeinschaft, der gemeinen der Fabrikbelegschaft usw. zu lösen – und in eine Welt einzutreten, die dem Individuum nicht unbedingt feindlich gesinnt ist, doch höchst befremdlich erscheint, die es tief beeindruckt und in eine bedrückende Unruhe versetzt, die nach Erleichterung schreit, solange es danach nicht rufen kann. Der Ruf und schon der Schrei des Säuglings ist ein menschlicher. Er zielt auf ein gesellschaftliches Verhältnis, in dem die Menschen sich das Leben miteinander schwer machen – und nicht schon erleichtert sind, wenn man ihnen mit Sympathie begegnet. Was ihnen Erleichterung verschafft, geht weit über die Bezeugung von Sympathie hinaus, wie Martin Buber bemerkt. „Es kommt auf nichts anderes an, als daß jedem von zwei Menschen der andere als dieser bestimmte Andere widerfährt“ (274): dass ihnen eine Beziehung gelingt, in der ihre Seh- und Geschmacks- und sonstigen Erfahrungen im anderen Anstoß erregen und bewirken, dass dieser seine Erfahrungen kritisch dagegensetzt, so dass sich die Erfahrungen des einen Individuums mit denen des anderen so vermitteln, dass beide sehender, geschmackvoller, musikalischer, kurz gesagt, menschlicher werden, wiewohl sie verschieden und damit auch immer einsam bleiben.

„Dies ist das Entscheidende: das Nicht-Objektsein“; dass einer den anderen als anderen gewahr wird, „ihn also nicht als sein Objekt betrachtet und behandelt, sondern als seinen Partner in einem Lebensvorgang“ (ebd.), der Liebe heißt – und ein Kraftakt ist: ein Kraftakt von doppelter Kraft, wie Wilhelm von Humboldt die Liebe nennt.

Der „kleine Unterschied“ ist entscheidend, wenn die sinnliche Wahrnehmung nicht ins Leere laufen soll. Nicht nur für den unmittelbaren Geschlechtsakt. Er sorgt auch sonst im Leben für Spannung, ohne die es sich gar nicht entwickeln könnte. Das Verhältnis von Mann und Frau, das „das natürlichste Verhältnis des Menschen zum Menschen“ ist (Marx), ist primär nicht eine Sache der Arbeitsteilung, sondern der Lust, die neues, ein anderes Leben will. Sei es ein noch nie gehörtes Musikstück. Oder ein Kind. Was keinen wesentlichen Unterschied macht. Wie Nietzsche meint: „Musikmachen ist auch noch eine Art Kindermachen“ (III, 756), das Kindermachen dementsprechend auch eine Art, Musik zu machen, in jedem Fall ein künstlerischer, d.h. gesellschaftlicher und kein bloß natürlicher Akt, der mit seiner Produktion ein Gebilde ins Leben ruft, dessen Einzigartigkeit nur Bestand hat, wenn es in einem gesellschaftlichen Zusammenhang eingebettet ist, der es auch materiell am Leben erhält. Menschenwürdig nur dann, wenn dieses einzigartige Gebilde, sei es ein Kind, ein Musikstück oder sonst ein auratisches Kunstwerk, nicht nur eine mehr oder weniger wichtige Rolle im traditionellen Bett spielt, sondern es auch produziert, so dass der traditionelle Zusammenhang ein Zusammenhang ist, „worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“ (Marx). Wovon bisher nur zu träumen war. Auch immer geträumt wurde. Es kommt darauf an, den Traum im Erwachen aufzugreifen.

Wer die Gelegenheit versäumt, die Liebe nur erlebt und darauf verzichtet, sich das Erlebnis als einen – gesellschaftlich bestimmten und gesellschaftlich zu bestimmenden – Produktionsprozess in den Kopf zu setzen und daran Hand anzulegen, „der mag noch so gedankenvoll sein, er ist weltlos“, wie Martin Buber sagt – „und alle Spiele, Künste, Räusche, Enthusiasmen und Mysterien, die sich in ihm begeben, rühren an die Haut der Welt nicht“ (96). Schlimmer noch: Die der Liebe eigene Produktivkraft verkommt zur Kraft durch Freude als emotionale Unterfütterung der Aufforderung der Sieger an die Besiegten, ihnen weiterhin zur Seite zu stehen und mit ihnen auch das nächste und übernächste und auch noch das letzte Gefecht durchzustehen.

„Lieben“, sagt Adorno, „heißt fähig sein, die Unmittelbarkeit sich nicht verkümmern zu lassen vom allgegenwärtigen Druck der Vermittlung“ (Minima, 226). Dazu bedarf es einer Kritik, die die herrschenden Verhältnisse nicht nur verwirft, sondern diese aufhebt, indem sie Verhältnisse stiftet, in denen der Mensch dem Menschen als Menschen ein Bedürfnis ist. Der destruktive Impuls ist mit dem „Impuls der Rettung“ (Benjamin I.3, 1242) zu verbinden. „Dem Begriff der klassenlosen Gesellschaft muß sein echtes messianisches Gesicht wiedergegeben werden.“ (I.3, 1232) Das offenbart sich im Gesicht des Du, das Ich mit einer Liebe liebe, die sich nur gegen Liebe austauscht, so dass der eine den anderen als anderen gewahr wird. Um dieser so gesichteten klassenlosen Gesellschaft auch politisch ansichtig zu werden, ist die Produktivität dieses Lebensvorganges nicht auf die eine exklusive „Ich-Du-Beziehung“ zu beschränken, sondern auf andere „Ich-Du-Beziehungen“ zu übertragen. Nicht als Botschaft, die per Funk und Fernsehen weltweit ausgestrahlt wird, sondern über die Zuneigung, die Ich und Du zu einem anderen Du entwickeln, um auch mit diesem eine „Ich-Du-Beziehung“ einzugehen: „zur Aneignung einer Vertrautheit, die vertrauter ist als die bereits bekannte Welt“; als Bedingung „des Erlebens einer Intimität, die ich noch nicht kenne“ (Irigaray, 115), die aber nicht an die Stelle der bereits bekannten tritt, sondern diese produktiv aufhebt, wie umgekehrt das fremde Erlebnis der Intimität in dem bekannten aufzuheben ist.

Die erste Liebe kann nicht die letzte sein. Es muss Raum für eine nächste bleiben, müssen die Individuen sich nicht nur einmal füreinander begeistern, sondern immer wieder neu und anders, muss ihnen die Begeisterung durch das Anderssein des anderen zum Bedürfnis werden, müssen sie sich für ihre Begeisterung begeistern – und aus Treue zu ihr die Ehe brechen, die in ihr gezeugten Produktivkräfte auf ein anderes Du übertragen, um mit dieser Übertragung einen Produktionsprozess auf den Weg zu bringen, der den alten aufhebt und eine Vertrautheit mit der Welt begründet, die größer ist als die bekannte. Wenn auch nicht so groß, dass die der Welt zugrunde liegenden gesellschaftlichen Kräfte insgesamt bekannt sind. Doch groß genug, um die in der „Ich-Du-Beziehung“ wirkenden Kräfte als gesellschaftliche Kräfte zu erkennen und zu organisieren, die den Individuen das Vermögen geben, wenn sie es nicht wieder privat beanspruchen, dass sie ihre gesellschaftliche Zuständigkeit für die herrschenden Zustände ihres Alltags nicht nur proklamieren müssen, sondern in der Produktion von Gütern zu ihrem eigenen Gebrauch auch praktisch begründen können. Das befreit sie natürlich nicht aus der Abhängigkeit von der kapitalistischen Massenproduktion, relativiert sie aber – und das um so mehr, je mehr Menschen sie finden, die ihnen ihre begründete Vertrautheit mit der Welt nicht neiden, sondern das Bedürfnis verspüren, daran zu wachsen, und die willig sind, ihre als Arbeitskraft entfremdete Produktivkraft dem kapitalistischen Verwertungsprozess nach Maßgabe des Möglichen zu entziehen und so einen gesellschaftlichen Produktionsprozess auf den Weg zu bringen, der die kapitalistische Massenproduktion Schritt für Schritt überflüssig macht.

Gesellschaftlicher Fortschritt mit technischen Rückschritten

Wie die ganze Bewegung der Geschichte, so ist auch die Bewegung vom Kapitalismus zum Kommunismus ein „wirklicher Zeugungsakt – der Geburtsakt seines empirischen Daseins“ (MEW 40, 536), der die Vergesellschaftung der Produktionsmittel nicht zur Voraussetzung hat, sondern bewirkt. Mit Gewalt ist da nichts Vernünftiges zu machen. Sie mag zur Verstaatlichung der Produktionsmittel führen, doch nicht zu ihrer Vergesellschaftung: zum Sozialismus, doch nicht zum Kommunismus – und für den Sozialismus gilt, den realen nicht weniger als den nationalen: die Masse hat zu arbeiten, wie sie es im Kapitalismus gelernt hat.

Wie der nationale Sozialismus, so läuft auch der reale Sozialismus „folgerecht auf eine Ästhetisierung des politischen Lebens hinaus“, wie Benjamin die Machenschaften kennzeichnet, mit denen sich die instrumentalisierten und verkrüppelten Individuen den Verlust der gesellschaftlichen Art ihrer kreativen Macht auch noch schönreden. So schön, dass sie „ihre eigene Vernichtung als ästhetischen Genuß ersten Ranges“ erleben können. „Der Kommunismus antwortet ihm mit der Politisierung der Kunst.“ (Benjamin I.2, 506ff.) Was Einfühlung verlangt.

Auf Einfühlung setzt auch die Ästhetisierung des politischen Lebens: Einfühlung in den Künstler, der sich auf dem Markt durchgesetzt oder sonstwie die Gunst der Herrschenden errungen hat; Einfühlung in den Sieger, die allemal den Herrschenden zugutekommt, die die Schöpfungen der Künstler als ihre Kultur werten, die für die Herrlichkeit der ihnen zu verdankenden gesellschaftlichen Verhältnisse spricht.

Die Einfühlung, die der Politisierung der Kunst dient, ist dagegen Einfühlung in den Produktionsprozess der Kunst, der sich nicht allein der Genialität einzelner Künstler verdankt, denen das Kunstwerk als ihr Werk zugeschrieben wird, „sondern auch der namenlosen Fron ihrer Zeitgenossen“ (Benjamin I.3, 1241), unter denen es mit Gewissheit viele geniale Künstler gegeben hat, die namenlos blieben, in jedem Fall Künstler in Massen, die singen, tanzen, malen, Kinder zur Welt bringen konnten und so mit ihrer Kunst neues Leben schufen, das namenlos bleiben musste, damit einige wenige Künstler sich damit einen Namen machen konnten. „Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein“ (ebd.): der Missachtung und des Missbrauchs der produktiven Kräfte der Masse der Menschen, die so ihrer Menschlichkeit beraubt, in die Barbarei verstoßen wurden und werden.

Die fällige Kritik dieser Barbarei kann sich, wie gesagt, nicht in der Kritik der herrschenden Verhältnisse erschöpfen, sondern bedarf auch und wesentlich der Stiftung von Verhältnissen, die retten, was noch zu retten ist: eine klassenlose Gesellschaft, die bedenkt, dass das, „was die herrschende Gesellschaft transzendiert, nicht nur die von dieser entwickelte Potentialität (ist), sondern ebensowohl das, was nicht recht in die historischen Bewegungsgesetze hineinpaßte“ (Minima, 199f.). Oder, wie es bei Benjamin heißt: „Wir müssen zu einem Begriff von Geschichte kommen, nach dem der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel darstellt. Dann“, so Benjamin weiter, „wird als unsere geschichtliche Aufgabe die Herbeiführung des Ausnahmezustandes uns vor Augen stehen; und dadurch wird sich unsere Position im Kampf gegen den Faschismus sehr verbessern“ (1246).

Der „Ausnahmezustand“, den Benjamin vor Augen hat, ist kein Zustand der Not, in dem es ums nackte Überleben geht, vielmehr ein Fest, auf dem ausgelassen gesungen und getanzt und sonstwie das Leben festlich genossen, doch nichts und niemand gefeiert wird; ein „Lustzustand, den man Rausch nennt“ (Nietzsche III, 755) und in dem das alte Leben sich mit doppelter Kraft ein neues Leben produziert, das sich, wie Rudolf zur Lippe schreibt, „in der Ausbildung von realen Potentialen“ objektiviert, die „die reale Möglichkeit qualitativ neuer Prozesse“ bilden (58).

Der „Ausnahmezustand, in dem wir leben“, und zwar richtig leben, das gewohnte Leben mit dem ungewohnten spielt, einem „der andere als dieser bestimmte Andere widerfährt“ (Buber), bereichert den Menschen, vermehrt seine Produktivkraft – und als „dies andre Subjekt tritt er dann auch in den unmittelbaren Produktionsprozeß“ (MEW 42, 599), in den er treten muss, wenn der Rausch nicht einfach verrauschen soll. Was zu begreifen ist, so dass uns das Glück, das rauschhaft glückte, nicht mehr länger als ein Geschenk des Himmels oder sonst eines glücklichen Zufalls erscheint, sondern als gesellschaftlich bestimmter Produktionsprozess vor Augen steht, der regelmäßig als „reale Möglichkeit qualitativ neuer Prozesse“ herbeizuführen ist – und nur herbeizuführen ist, wenn diese Möglichkeit auch im Arbeitsprozess zu ihrem Recht gelangt. Denn eine „emphatische Aneignung von innerer Natur“, so zur Lippe, ist „nur realisierbar im Medium der fortgesetzten Aneignung auch von äußerer, so dass auf deren Differenzierungen schon um der inneren willen reflektiert werden muss; denn die innere Natur muss ihrerseits Medium der Selbstreflexion der Gattung sein, da diese sich in den empirischen Individuen und als der auch physisch materielle Prozess zu vollziehen hat, den die leibliche Existenz der Menschen bedingt“ (62).

Die im Ausnahmezustand realisierte „Entwicklung eines jeden“, die so frei ist, sich nicht abstrakten Normierungen zu unterwerfen, sondern sich von der und für die Entwicklung der anderen zu begeistern – ein Tanz, der die Bewegungslust nicht standardisiert, den Bewegungen freien Lauf lässt, der wie die Sprache der Poesie rhythmisch und phantastisch zugleich ist – ist immer eine Entwicklung von individuellen Potentialen, deren Realität unmittelbar gesellschaftlicher Natur ist und falsch verstanden wird, wenn sie als private Leistung geltend gemacht wird. Was die Regel ist. Sie bietet die Gewähr, dass das Individuum von der Gesellschaftlichkeit seiner Potentiale abstrahieren und als Arbeitskraft in den normalen Produktionsprozess treten kann, der nicht seine Sache ist.

Darauf beharrend, dass das im Ausnahmezustand entwickelte individuelle Vermögen gesellschaftlicher Natur ist, kann das Individuum unmöglich in den normalen Produktionsprozess eintreten, ohne ihn zugleich zu seiner, d.h. einer gesellschaftlichen Sache zu machen. Das stellt die Verhältnisse vom Kopf auf die Füße. Der Ausnahmezustand ist dann nicht mehr die Ausnahme, sondern der regelmäßig herbeigeführte Zustand einer fortgesetzt an Erfahrungen wachsenden Zuständigkeit für das alltägliche Leben und Arbeiten. Welche freilich nur zum Zuge kommen kann, wenn die für- und voneinander berauschten und aufgeheiterten Individuen auch über die erforderlichen Produktionsmittel verfügen. Die aber befinden sich in fremden Händen, die sie freiwillig nicht hergeben. Geben sie sie her, freiwillig oder mit Gewalt, dann können die neuen Besitzer mit ihnen doch nichts anderes anfangen als das, was die Besitzenden jetzt mit ihnen anfangen. Sie können sich ihnen nur als „Servomechanismus“ (McLuhan) andienen. Fehlt ihnen doch die Erfahrung, die notwendig ist, sie sich gesellschaftlich anzueignen. Denn mit „dieser ungeheuren Entfaltung der Technik“ ist, wie Benjamin schreibt, eine „ganz neue Armseligkeit … über die Menschen gekommen“, eine „Armut nicht nur an privaten, sondern an Menschheitserfahrungen überhaupt“ (II.1, 214ff.), mit der die Menschen nur die Wahl haben, weiterzumachen wie bisher oder „von Neuem anzufangen; mit Wenigem auszukommen; aus Wenigem heraus zu konstruieren und dabei weder rechts noch links zu blicken“ (ebd.). Sehr wohl zurück: zu Erfahrungen, die die Menschen einmal hatten und noch haben, Erfahrungen von und zur bäuerlichen und handwerklichen Arbeit, deren Technik nur in Verbindung mit Erfahrungen wahrzunehmen war.

Der Mensch ist zu einer beschränkten Lage geboren (Goethe)

Die Rückkehr zu einer Technik, die noch mit Erfahrungen verbunden und über ihren Austausch in Bewegung zu setzen ist, die auch eine Rückkehr zu Festen bedeutet, die von gestern sind, schließt nicht die Erneuerung der veralteten Technik und der auf sie zugeschnittenen Festlichkeiten aus. Sie schließt die Dummheit aus, die darauf besteht, „daß ein Gegenstand erst der unsrige ist, wenn wir ihn haben“ (MEW 40, 540). Auszuschließen ist diese Dummheit aber nur, wenn die Individuen es schaffen, sich ein Dasein zu schaffen, in dem das Privateigentum nichts mehr zu schaffen hat: wenn die Individuen ihre alltägliche Gemeinschaft wie die festliche nicht nur als etwas Gemeinschaftliches wahrnehmen, sondern als eine Assoziation von unterschiedlich begabten Individuen, die bestrebt sind, mit ihren – musischen, handwerklichen, sprachlichen – Begabungen anregend und fördernd auf die Begabungen der anderen einzuwirken und auf diesem „Umweg über den Menschen“ (Brecht) ein Mehr von Begabung zu erzeugen, von dem her gesehen die alte Gemeinschaft ein trauriges Bild abgibt, das dafür spricht, dass sie in einer neuen begabteren Weise überdacht wird. Nicht nur im geistigen, sondern auch im gewöhnlichen Sinne. Mit entsprechender Technik, die es den „Werktätigen“ erlaubt, sie auf ihr miteinander belastetes Leben zu übertragen und mit konzentrierter Kraft ihren „beengten und beengenden gesellschaftlichen Zustand über sich hinaus (zu) treiben zu einem menschenwürdigen hin“ (Adorno): zu einer ungeahnten Kraft, die ihnen aber nicht über den Kopf wächst, sondern über den unmittelbaren sinnlichen Austausch ihrer Erfahrungen vertraut bleibt – und so jederzeit neu überdacht werden kann.

Aus dem sinnlichen Erfahrungszusammenhang ausquartiert, künstlichen Instrumenten, nationalen oder gar transnationalen Strömungen unterworfen, die ihrer Erfahrung und damit auch ihrem Veränderungswillen entzogen sind, degeneriert der Mensch selbst zum Instrument, verliert er „das, was beweglich zu bleiben hätte, eine Art Saft für das Werden“, mit Luce Irigaray gesprochen (46f.). Der Mensch als „ein leibliches, naturkräftiges, lebendiges, wirkliches, sinnliches Wesen“ braucht „wirkliche, sinnliche Gegenstände zum Gegenstand seines Wesens, seiner Lebensäußerung“ (MEW 40, 578), die unbedingt zur Sprache kommen muss, wenn sie seine sein soll – und dazu Menschen bedarf, die unmittelbar ansprechbar sind. Das können nicht sehr viele sein. „Der Mensch ist zu einer beschränkten Lage geboren“, heißt es in Wilhelm Meisters Lehrjahren. Er vermag „einfache, nahe, bestimmte Zwecke … einzusehen, und er gewöhnt sich, die Mittel zu benutzen, die ihm gleich zu Hand sind; sobald er aber ins Weite kommt, weiß er weder, was er will, noch was er soll, und es ist ganz einerlei, ob er durch die Menge der Gegenstände zerstreut, oder ob er durch die Höhe und Würde derselben außer sich gesetzt werde. Es ist immer sein Unglück, wenn er veranlaßt wird, nach etwas zu streben, mit dem er sich durch eine regelmäßige Selbsttätigkeit nicht verbinden kann.“ Wie es ein Unglück ist, wenn er veranlasst wird, sich auf eine bestimmte Tätigkeit zu beschränken.

Im Naheliegenden zu Haus ist er dort doch nur wirklich zu Haus, wenn er sich Erfahrungen aus aller Welt ins Haus holt und es auf ein neues, schöneres, sinnvolleres Fundament stellt, das auch, aber nicht nur bautechnisch zu verstehen ist, im Wesentlichen als eine Sache der Wissenschaft, die berücksichtigt, dass der Ausbau des Hauses kein rein naturwissenschaftlicher Sachverhalt ist, sondern ein gesellschaftlicher und geschichtlicher Tatbestand, den die assoziierten Individuen in unterschiedlicher Weise im Auge haben, auf die „mit Bewußtsein, mit Selbsterkenntnis, mit Freiheit“ zurückzukommen ist, „wenn die Abstraktion, vor der wir uns fürchten, unschädlich und das Erfahrungsresultat, das wir hoffen, recht lebendig und nützlich werden soll“ (Goethe). Nützlich auch in dem Sinne, dass es uns zu einer uns nützlichen Arbeit verbindet. Recht lebendig insofern, wie die einmal gefundene Arbeit nicht von ihren Erfindern abstrahiert, neuen Erfahrungen gegenüber offen bleibt – und dem Naturstoff eine schönere Form verleiht. In begrenztem Gebiet! Und im Austausch mit anderen Lokalitäten. Im Sinne Goethes, wenn auch nicht in dem Sinne, wie ihn die Goethe-Institute pflegen. Im Sinne Goethes ist der „Weltbund der Wanderer“, die im Lokalen zu Hause, dort „recht lebendig und nützlich“ sind und immer wieder auf Wanderschaft gehen, um Erfahrungen mit anderen Kulturen zu sammeln, im anderen das eigene andere zu erleben, um so verändert heimzukommen, mit neuen Erfahrungen die heimischen zu beleben, wie man mit diesen die fremden belebte.

Literatur

Adorno, Theodor W.: Minima Moralia, Ffm. 1984.
Adorno, Theodor W.: Noten zur Literatur, Ffm. 1989.
Benjamin, Walter: Gesammelte Schriften, Ffm. 1980.
Brecht, Bertolt: Me-ti, Buch der Wendungen, Ffm. 1971.
Buber, Martin: Das dialogische Prinzip, Gütersloh 2006.
Foucault, Michel: Die Ordnung des Diskurses, Ffm. 1977.
Goethe, Johann Wolfgang: Maximen und Reflexionen, Ffm. 1976.
Goethe, Johann Wolfgang: Farbenlehre.
Humboldt, Wilhelm von: Werke in fünf Bänden, Bd. I, Darmstadt 2002.
Irigaray, Luce: Welt teilen, Freiburg im Breisgau 2010.
Kurz, Robert: Seelenverkäufer, http//exit-online.org.
Marx, Karl: in MEW, Berlin 1983.
Nietzsche, Friedrich: Werke in drei Bänden, Hg. Karl Schlechta, München 1960.
Paz, Octavio: Das Labyrinth der Einsamkeit, Ffm. 1984.
zur Lippe, Rudolf: Naturbeherrschung am Menschen I, Ffm. 1974.