AUSlauf: Das gute Leben…
von Ricky Trang
…liefert 747.000 Google Hits. Das Glück ist keine neue Idee in Europa – doch blieb es über 200 Jahre um sie eher still. Nun wird sie wieder entdeckt, wird en vogue und es macht den Eindruck als wüchse das Verlangen nach mehr. Auch beim Mann oder der Frau die neben dir sitzt. Und doch gehören sie nicht zur Angry Brigade, haben keine Pistole in der Tasche und sind auch nicht zornig.
Eine Idee, in Beschlag genommen und zum Dogma erhoben von den Extremisten der radikalen Mitte. Jeder Klick führt zu einem weiteren Stein in der Mauer, die das bestehende für alle Zeit festschreiben will. Jede gelesene Zeile macht noch müder, abgestumpfter, zufriedener ob der einfachen Lösungen. Nestchenbauen in der Idylle des Elends, in der sich nie etwas ändert und das Überleben nie aufhört.
Sie alle, die vom guten Leben sprechen, ohne sich ausdrücklich auf das Alltagsleben zu beziehen, ohne zu begreifen, wie untrennbar jenes mit dem Ende des Tausches und der Universalität des Geschenkes verbunden ist und wie positiv die Ablehnung jedes Zwanges sein kann, bauen weiter an dieser Mauer.
Das gute Leben als Fortschreiben des Bestehenden, als Bewahren der Werte in einer Welt, die plötzlich zu zerbröseln droht. Das kleine bekannte Glück, in dem das Wahre nicht einmal als Moment des Falschen existiert, als einzig erstrebenswertes Ideal.
Gelähmt von 2000 Jahren christlicher Tradition des Erduldens und Kriechens, in froher Erwartung dessen, was kommt, wenn nichts mehr kommt. In frommer Hoffnung auf das gute Leben im Bestehenden, über das nicht hinausgedacht werden kann.
So ersetzt das Warten und Hoffen auf diesen oder jenen Erlöser den millenaristischen Willen zum irdischen Paradies. Den Willen, etwas Besseres zu entdecken und umzusetzen. Hier und Jetzt.
Im Jetzt der abstrakten und unbarmherzig gleichförmig verlaufenden Zeit. Der Zeit als Ware, in der wir nichts mehr sind als ihre bloße Verkörperung. Ihr wollen wir entkommen, sie falten und mit Wurmlöchern durchbohren. Time is the enemy – pleasure is the aim ist daher nur eine Erkenntnis derer, die sich auf die Suche nach dem guten Leben machen, ohne sich nach dem Bestehenden umzudrehen.
Ihr Weg ist die Revolte, die sich keiner bestimmten Sache mehr verschreibt, sich lustvoll dem systematischen Infragestellen der Arbeit und unserer gesamten Gesellschaft hingibt.
Eine Revolte, die erst durch die totale Kritik dieser Gesellschaft und insbesondere ihrer Idee des guten Lebens zu sich findet und diese Kritik durch Taten ausdrückt. Die leichten Herzens im Krieg mit der ganzen Welt ist und nur das unterstützt, was sie selbst zu ihrer Sache erklärt.
Sie verbreitet nicht deliriöse Verzweiflung, sondern agiert als unwiderstehliche Verführerin. Ohne Multitude und ohne Führer entwirft sie eine neue Praxis des permanenten Spieles, entfremdet die modernen Kommunikationswege, um sie mit einer Masse unbekannter Begierden und unverschämter Forderungen zu überfluten, die nicht etwa unverwirklichbar sind, sondern nur jenseits der bekannten Formen der sozialen Organisation liegen. Sie gibt sich mit nicht weniger als Allem zufrieden. Sie weiß, dass im geschlossenen Kreis praktizierte Freiheit allzu leicht als bloßer Traum endet, als Repräsentation ihrer selbst, während der Alltag wieder die Kontrolle übernimmt. Dementsprechend duldet sie keine Trennungen mehr und wird einzig von Lust und Verlangen getrieben und behauptet: Mir geht nichts über Mich.
Dann mag das gute Leben beginnen.