Hitler, die Quotennutte
* Raunzende Streifzüge durch die Kultur- und Stahlhauptstadt, part 1
von Dominika
Bevor ich hier auch nur einen Finger zum Tippen krumm mache: Hat sich schon herumgesprochen, dass Linz heuer die Kulturhauptstadt Europas, ach was: der Welt (weil welcher ist der kulturellste Kontinent? Eben) sein darf? Viele werden sich schon gewundert haben, dass uns diese gewaltige Ehre nicht schon eher zuteilgeworden ist. Wir machen hier nicht nur die für die Stadt namensstiftende Torte, die durchschnittlich 34 Jahre hält – einzelne Exemplare sind aus der Römerzeit erhalten – und seit 1938 auch den feinen Stahl, der ebenfalls sehr lange nicht schlecht wird. Auch die humanen Hervorbringungen der Stadt sind kulturell wirkmächtig: Karl Moik, Christine Stürmer oder der Hitler.
Womit wir jetzt – endlich! – mit einem uneleganten Schwenk beim Thema sind. Wer reinen Gewissens sagen kann, ihn oder sie habe nicht die garstige Überschrift zum Lesen gebracht, der darf an dieser Stelle aufhören.
Für alle, die noch dabei sind: Quod erat demonstrandum – Hitler zieht medial wie geschnitten Brot. Die Zugriffstatistiken für jeden Artikel mit „Hitler“-Titel pfeifen steil in die Höhe, so fad kann der Inhalt gar nicht mehr sein (die Autorin spricht aus Erfahrung). Die Intendanz der Kulturhauptstadt ist auch nicht blöd und schenkt dem Quotenheuler ordentlich Sendeplatz in diesem Jahr. „Kulturhauptstadt des Führers“ heißt das Hauptprojekt – eine Ausstellung, die an sich ja unschuldig ist. Aber die Sache mit „Linz’09“ ist nun mal auch zur Ankurbelung des Tourismus gedacht. Und jeder, der einmal einen anglophonen Reiseführer in der Hand hatte, braucht keine zwei Sätze bis zu „Hitler’s Hometown“ (und dann kommt da auch nicht mehr viel). Und so umweht alle Projekte dieses Jahres, die dem unbequemen Erbe der Stadt gewidmet sind, mehr der parfümierte Hauch des Aktionismus als der des echten Antifaschismus.
Aus diesem Anlass, aber mit anderen Motiven echauffiert sich jetzt auch das selbsternannte Landeshauptblatt – sonst eifriger Kooperationspartner des ganzen Spektakels – plötzlich über den Hitler-Overkill. Hui, da rappelt es gleich im Kommentarteil, da kann der Wetterartikel über den faul prokrastinierenden Frühling – sonst ein sicherer Quotensieger in einem Regionalblatt – noch so anklagend geschrieben sein.
Unangenehm das alles. Im nächsten Posting soll es dann um etwas Lustigeres gehen, versprochen. Wie wär’s mit dem neuen AEC, dessen neue Fassade dank „modernster“ (immer im Superlativ verwenden!) Technik so wunderschön wie zwei Leuchtquallen bei der Paarung schimmert?
Stay tuned, wir sind hier noch lange nicht fertig mit `09.