Soziale Katastrophen, die Normalität der Verantwortungslosigkeit und die Grenzen von Ichautonomie als Kritikmaßstab

Über den Zusammenhang von Psychosozialprodukt und Vergangenheitsbewältigung

von Meinhard Creydt

Überlegungen zu: Ewert, Michael 2001: Blinde Flecken. Auschwitz und die Verherrlichung des Mechanischen. Hamburg (Edition Nautilus), 249 S. , 19,80 Euro. Zitate ohne Quellenangabe stammen aus diesem Band.

Ewert geht es nicht um Vergangenheitsbewältigung, sondern um eine Gegenwart, in der „praktische Verantwortungslosigkeit“ und „Apathie der Urteilskraft“ (229) als Bedingungen der Möglichkeit von Auschwitz andauern. Das Eingespanntsein in anonyme und gegen die Mitglieder der Gesellschaft verselbständigte Strukturen mache tendenziell jede Frage nach menschlicher Verantwortung und nach einer im emphatischen Sinne verstandenen gesellschaftlichen Gestaltung gegenstandslos und thematisierungsunbedürftig. Ewerts beansprucht zu erhellen, was es mit dem damit einhergehenden „Mangel an Anteilnahme, fehlender Verantwortung und schizophrener Gleichgültigkeit gegenüber den Folgen der eigenen Handlung“ (153) auf sich hat.

1) Die Indifferenz gegenüber den Opfern reicht vom Autoverkehr (in Deutschland seit dem 2. Weltkrieg über eine halbe Million Tote) bis zu den im Vergleich mit den deutschen Mauertoten faktisch weit weniger aufmerksamkeitswürdigen 1200 Menschen, die allein zwischen 1993 und 1996 beim Versuch starben, die Grenze zwischen den USA und Mexiko illegal zu passieren (159f. ). Die Zurechnung von Gewalt zu autoritären Diktatoren erleichtert den Protest. Scheinbar gesellschaftlich unumgängliche „Sachgesetzlichkeiten“ fördern umgekehrt die Akzeptanz von Zumutungen und Opfern. Gleichgültigkeit ist bereits durch die Kernspaltung des Bürgers gegeben – im Verhältnis zwischen Produzenten und Konsumenten in der Warenwirtschaft. Die Arbeitenden haben ein Interesse daran, d a ß das Arbeitsprodukt Absatz findet, sind aber ebenso desinteressiert an der Konstitution des Bedürfnis wie die Konsumenten an der Frage, was die Arbeiten für die in ihr Tätigen menschlich bedeuten. Im Horizont des betriebswirtschaftlichen Rechnungswesen ist es dann auch plausibel, daß der Reichsbahn die Judentransporte in die Vernichtungslager als ein effizient zu erledigender Auftrag wie andere auch erschienen. „Mit dem Geld, das über Leichen, Arbeitslosigkeit, Verelendung oder Umweltzerstörung geht, dominiert die Trennung von Denken und Fühlen, von Erinnerung und Emotion“ (165). Diese Abstraktionen führen nicht unmittelbar zu Auschwitz, aber ohne sie ist es nicht zu denken.

Die menschliche Existenz als Arbeitsteilchen, Konkurrenz’subjekt‘, Verbraucher, Zirkulationsagent, Zerstreuungssüchtiger und als flexibler Selbstoptimierer, der ’seine‘ Chancen im herrschenden Markt und Betrieb wahrnehmen soll (‚Marketingcharakter‘ sensu Fromm), untergräbt die Erwartung, daß ein solches „Subjekt“ „Verantwortung übernimmt für etwas, für das Verantwortung zu haben der wirkliche Lebensprozeß keinerlei Anhaltspunkte liefert. Ohne praktisch zu erfahren, was Anteilnahme ist, kann man nicht einmal ahnen, was es heißt, sie versagt zu haben. Es ist jenseits der tagtäglich erlebten Vorstellungswelt, Trauer für kollektive Verbrechen zu empfinden, wenn in einer Gesellschaft allgemein Gewinn und Verlust vollkommen irreal erscheinen – als ganz und gar unabhängig von der Tätigkeit des Ich“ (171).

Es entsteht eine formalisierende gesellschaftliche Oberfläche, in der nurmehr voneinander getrennte und isolierte Faktoren (Ziele, Mittel, Bedingungen, Folgen usw. ) eine Rolle spielen, die untereinander in bloß äußerlichen Zusammenhang stehen. In dieser Sphäre lassen sich dann alle Probleme nur nach Maßgabe der sphärenimmanent möglichen Kombinationen wahrnehmen. Eine solche realfiktive Oberfläche dethematisiert die Einschnitte, die diese Abstraktionen in der Wirklichkeit beinhalten. 1 „Ein Problem hat keinen ethischen, moralischen, tief menschlichen Inhalt, sondern lediglich einen technischen Aspekt, der gegebenenfalls nicht angemessen berücksichtigt wurde. … Als bekannt wurde, daß die Atomkraftbetreiber unzulässige Strahlungen bei den Castor-Transporten in Kauf genommen hatten, hieß es in einem Schreiben der Bayernwerk AG, es sei nichts passiert und niemand hätte etwas falsch gemacht; die technischen Informationen seinen lediglich nicht frühzeitig weitergegeben worden“ (178). Bei den Grünen und der PDS wird deutlich, wie sie mit der Verankerung in der Sphäre technokratisch-positivistischer Problemverwaltung als erweiterter Reproduktion des status quo alle Wurzeln abtöten, die einen emphatischen Begriff gesellschaftlicher Gestaltung auszeichnen. Politiker meinen zu erobern und werden erobert. Der Hinweis auf ‚Legitimation durch Verfahren‘ drängt sich hier auf, dies in Bezug auf den ‚Marsch durch die Institutionen‘ ebenso prognostisch hellsichtige wie deskriptiv starke Buch Luhmanns aus dem Jahre 1969.

„Mit technischer Präzision reproduziert sich ein Leben ohne Einsicht und Anteilnahme … . Ein Fehler unterläuft endgültig nicht mehr den Individuen, sondern einer Maschine. … Geht es schief, macht es auch nichts. Es ist weit weg von uns passiert, gleichsam im Cyberland, in dem wir zwar irgendwie tätig, aber nicht wirklich anwesend sind. … Cyberspace ist nicht einfach eine Erfindung. Es ist ein Synonym für unsere Art von Wirklichkeit: Die Aufspaltung des Bewußtseins in Denken und Fühlen, Intellekt und Affekt, entspricht schizophrenem Verhalten: Da, wo man denkt, fühlt man nichts mehr, und da, wo man fühlt, denkt man nicht. Der innere Halt geht verloren“ (182, 189).

2) Den eher systematisch in der zweiten Buchhälfte skizzierten Sozialcharakter vergegenwärtigt Ewert zuvor historisch. Er bringt hierfür mit viel Liebe zum Detail und in wohltuendem Kontrast zur akademischen Serienproduktion ebenso mannigfache wie frappierende Beispiele und ‚herrliche‘ Filmzitate. Wer in der Bildungsarbeit tätig ist, weiß um den Wert des nicht bereits durch häufigen Gebrauch abgenutzten, also im guten Sinne überraschenden Beispiels.

Ein besonderer Akzent liegt in den historischen Passagen des Buches darauf, die nicht auf den NS engzuführende Allgemeinheit dieses Sozialcharakters aufzuzeigen. An prägnanten Beispielen wird seine Existenz nicht nur im Stalinismus (42ff. ), sondern auch in den USA vergegenwärtigt. Insbesondere auch die Politik der Westmächte gegenüber Nazideutschland wird in einer Weise schlaglichtartig mit exzellenten Beispielen dargestellt, die die behauptete prinzipielle Differenz infragestellt. Als Itzhak Rabin 1967 „General einer Armee war, die Gefangene erschoß“, zeigt sich „inmitten eines Klimas der Verrohung und Verhetzung … eine Begründung, die am Ende auch für die Nazis bei der Errichtung ihrer Todeslager für russische Kriegsgefangene und jüdische Zivilisten entscheidend war: sie waren ein logistisches Problem, dessen man sich entledigen mußte“ (93).

Ewert lehnt, ohne Besonderheiten der deutschen Geschichte zu übergehen, die Erklärung von Auschwitz aus dem deutschen Sonderweg ab (vgl. zur Kritik auch Creydt 2001). „Gleichgültigkeit, das Fehlen wirklicher Anteilnahme und Herzenswärme in alltäglichen Angelegenheiten, die Schizophrenie von Denken und Fühlen, der Verlust eigener Kriterien in Fragen der Moral, des Anstands und des Gewissens – unter diesen Umständen hängt es von den geschichtlich-gesellschaftlichen Gegebenheiten ab, wohin die kollektive Unmündigkeit treibt“ (185).

In bezug auf die deutsche Vergangenheitsbewältigung bestehe das „moralische Problem in Realitätsverlust und kann von einer noch so hochtourig laufenden Aufklärungsmachinerie (‚Vergangenheitsbewältigung‘, ‚Wachhalten von Erinnerung‘, ‚Trauerarbeit‘ etc. ) nicht gelöst, sondern nur verdrängt werden“ (197). In der Punktualisierung des Grauens und in seiner Stilisierung zu etwas Unbegreiflichem wird das Überdauern der strukturellen Bedingungen seiner Möglichkeit verkannt und als Problem entsorgt. Die Erinnerungspädagogik übergeht, daß die zentrale Voraussetzung für eine wahrhaftige Beschäftigung mit der Judenvernichtung gerade nicht aus der Befassung mit ihr allein entstehen kann: „Wer nicht einmal an seinem eigenen Schicksal wirklich teilnimmt, kann kein großes Mitgefühl für andere aufbringen; jemand, der keine Verantwortung für sich selbst erkennen läßt, übernimmt prinzipiell keine“ (229). „Man kann mit Auschwitz nicht umgehen, nicht weil man gleichgültig gegenüber Juden wäre, sondern weil man überhaupt gleichgültig ist. Man ist generell unfähig, Verantwortung und Mitgefühl zu empfinden gegenüber Menschen, die von einem Verbrechen, einem Unfall oder auch, allgemeiner, anonymen Zwängen gesellschaftlicher Mechanismen (wie Entlassung, Verarmung, Vereinsamung) getroffen wurden. Die Gesellschaft verleiht dem Leiden irreale Züge. Auf wirkliche Anteilnahme wird man vergeblich hoffen bei gesellschaftlichen Konstellationen, Werten und Leidenschaften, die Aggression, Destruktivität und narzißtische Einfallslosigkeit als normal erscheinen lassen“ (144). „Solange man es aber als normal empfindet, sich zu vermieten, um zu leben, hat man nicht nur einen verkümmerten Begriff von Menschenwürde. Das verdinglichte Verhalten bringt allgemein einen Realitätsverlust mit sich, da der Mangel an schöpferischer Entfaltung menschlicher Fähigkeiten mit Moral und Verantwortung auch das Wahrnehmungsvermögen schrumpfen läßt“ (231).

3) Über die hier gebotene Kürze hinaus verdient Ewerts anspruchsvolle Begründung Aufmerksamkeit, mit der er die Überwindung der Immanenz der herrschenden Faktischen an das tätige Subjekt und seine im emphatischen Sinne geschichtsbildende ‚Rolle‘ bindet. Ewert knüpft hier an seine früher eigens explizierte Rezeption des Deutschen Idealismus an (Ewert 1982). M. E. unterbelichtet das so gewonnene Konzept der Tätigkeit des geschichtsbildenden Subjekts die Probleme der Gesellschaftsgestaltung (vgl. Creydt 2000). Das im Junghegelianismus kulminierende Projekt, alles unabhängig vom Menschen Bestehende sozusagen in die gesellschaftliche Tathandlung zu verflüssigen, unterscheidet nicht zwischen der Verselbständigung gesellschaftlicher Strukturen gegen die Menschen einerseits und unabhängig von ihnen bestehenden, weil emergenten Organisationen und Institutionen andererseits. Ihre Eigenstruktur zu begreifen ermöglicht vielmehr erst deren gesellschaftliche Gestaltung.

Allerdings gelingt es Ewert, sehr klar herauszuarbeiten, in welche Aporien eine Erkenntnis gelangt, die sich vor der Anverwandelung an ihr Objekt, vor der ‚Erklärung‘ von Gleichem aus Gleichem schon deshalb nicht zu schützen vermag, weil solcher ‚Erkenntnis‘ dies Problem keines ist. In diesem, in der Feldforschung auch als ‚Verkafferung‘ bezeichneten Distanzverlust konvergiert die Rationalität des Denkens mit der Rationalität des zu denkenden Objekts, der Gesellschaft, so daß sie sich jedem Begreifen entziehen muß. Ewert gelangt zu der paradoxen Formulierung, daß der Gegenstand allein als aufzuhebender gedacht werden kann (1982/31). „Aller Schein bricht nur dadurch zusammen, daß er nicht rationalisiert, sondern vernünftig aufgehoben wird“ (208). Ewert bindet die Erkenntnis der Gesellschaft an ihre vernünftige Gestaltung.

Ewert „antizipiert“ die „Realisierung von Subjektivität“ „aus erkenntnistheoretischer Notwendigkeit“ (210). Die Distanz zur imponierenden Positivität des Objekts ist für die Erkenntnis ebenso not-wendig wie für die geschichtsbildende Praxis. „Ich beraube die gesellschaftlichen Verhältnisse erst ihrer Normalität, wenn ich Bedürfnisse entwickle, die in ihnen nicht befriedigt werden können. Entsprechen aber meine Bedürfnisse, die sich in einer Charakterstruktur verfestigen, sowohl in ideeller als auch materieller Hinsicht den Zielen, die in einer Gesellschaft dominieren, dann wird ihre Struktur durch die psychologischen Kräfte zementiert und so jeder Formbestimmung entzogen: Sie ist mit einem Verhalten, das ihnen adäquat ist, nicht als besondere zu qualifizieren. … Bei Individuen, denen ihre Unselbständigkeit charakterlich auf die Stirn geschrieben steht, drängt das Trauma nicht zur Heilung, weil es in Übereinstimmung mit gesellschaftlich anerkannten Fiktionen nicht zu affektiver Betroffenheit kommt“ (221). Ewert kann hier einer rationalistischen Abfolge, die das Tun dem Erkennen folgen läßt, widersprechen: „Wenn das Verhalten die Neurose bestimmt und nicht die Neurose das Verhalten, verdanken sich die Möglichkeiten der Heilung nicht dem bloßen Aufdecken einer verborgenen Mechanik analog dem des Gesetzes der Schwerkraft (das einen zu Tode Stürzenden nicht abbremsen wird), sondern dem veränderten Verhalten, das zur Aufdeckung drängt“ (202f. ). „In der praktischen Absicht, die Formen menschlicher Entfremdung zu durchbrechen, erklärt Vernunft nicht, um zu verändern, sondern verändert, um zu erklären, was eine Distanzierung von Verhältnissen bedingt, die auf meiner Nicht-Tätigkeit basieren“ (200).

4) Bei der Beurteilung dieses Buches fällt zunächst die Literaturrezeption auf. Vielfältige mit Ewerts Intervention konvergierende und ihre Relevanz unterstreichende Versuche zur Charakterisierung des kalten, teilnahmslosen, aufs Funktionieren und Verwalten, auf das Besorgen der eigenen Spezialisierung fixierten Sozialcharakters werden entweder nur peripher (Günther Anders) oder gar nicht verarbeitet (Claussen 1987, Langenbach 1984, Bauman 1992, Jaeger 1989, Joepen 1992, Gruschka 1994, Weber 1998, Horkheimer 1970/145f. ). Bei den vorfindlichen massiven Vorbehalten, die einer Rezeption von Fromm entgegenstehen (selbst beim wohlwollenden Rattner 1997), wäre zweitens aus Ewerts positiver Bezugnahme auf Fromm ein Eingehen auf einschlägige Frommkritiken (Jacoby 1978, Dahmer 1982/282, 284f. , 300-308, 215f. , 383f. , Heller 1977/7 – 54) zu erwarten gewesen. Schließlich handelt es sich hier um keine nachrangigen Streitfragen, sondern um das Konzept des (nur einen ? ) Sozialcharakters, um das Verhältnis von Psychologie und Gesellschaftstheorie, um das Verhältnis von Gesellschaftstheorie und Moral, um die Frage nach der Zentralität des Sozialcharakters bzw. der Psychologie in der Faschismuserklärung (vgl. kritisch dazu Wacker 1979 bzw. Jaerisch 1975) usw. Zwar startet Ewert einen lesenswerten Gegenangriff auf Freud und Adorno (98 – 109), nimmt aber anscheinend sonst in der Hauptsache an, daß seine materialen Ausführungen die Kritiken an Fromm gegenstandslos machen.

In seiner Argumentation entfaltet Ewert nicht das Problem, das sich für das Vorhaben stellt, die in vielfältigen Spezialisierungen ermöglichten besonderen Kenntnisse, professionsbezogenen Spezialsprachen und entsprechenden Mentalitäten (autistische Fixierung auf den Spezialbereich, Unzuständigkeit für den Rest) auf eine Integration hin zu öffnen, also Grenzen von innen her zu überschreiten. Keine Antwort darauf bietet ein neo-primitivistische Votum (von der Subsistenzperspektive bis zur Esoterik), die vielfältigen durch funktionale Differenzierung möglichen Kompetenzzuwächse regressiv ‚ganzheitlich‘ zu opfern. Zugleich wird aber die Überwindung der funktionalen Differenzierung not-wendig, insofern die Abstraktionen zwar im jeweiligen arbeitsteiligen Spezialgebiets sozusagen unter dem Vorbehalt kontrollierter Laborbedingungen oder der Ausblendung jeweils ’sachfremder‘ Hinsichten funktionieren. Die reale Welt zerfällt aber nicht in die Schubladen, in denen ihre Mitglieder jeweils stecken und bestenfalls selbstgenügsam das glückliche Bewußtsein einer Konvergenz von Wahrnehmungshorizont und Kompetenz erleben dürfen und gegen jede Verstörung verteidigen. Deren kontextblindes Tun setzt gerade Effekte frei, die dann als nichtintendiert erscheinen. Perrow (1988) hat für Ewerts Thema einschlägig die organisationssoziologische „Normalität von Katastrophen“ behandelt. Bereits Hegels Denkarbeit fokussiert die Problemen der vernünftigen Einhegung des unaufgebbaren Verstandesdenkens. Das unkontrollierte Freisetzen analytischer Abstraktionen in die reale Wirklichkeit, die damit also nicht erst durch genmanipulierte Substanzen verödet oder zerstört wird, läßt sich nur mit wenig Erkenntnisgewinn aus einem Sozialcharakter begründen, der es auf das Trennen, das Isolieren, das selbständig Fassbare, Tote abgesehen hat. Diese Negativ-Konstruktion lebt von der Einfachheit der vorgestellten Lösung, die das Bezugsproblem und die Frage vergißt und dann naiv postulieren müßte: Vernunft statt Verstand, Integration statt Spezialisierung. „Der Lebenstrieb ist darauf ausgerichtet, organische Substanz zu immer größeren Einheiten zusammenzuschließen, während der Todestrieb lebende Strukturen zu trennen und zu desintegrieren sucht“ (Fromm Bd. 7/331).

Zwar spricht sich Ewert zu Recht für eine gesellschaftliche (und sogar für eine gesellschaftsformationsspezifische) Erklärung aus. Zugleich aber gerät er mit seinem Maßstab, dem autonomen moralischen Subjekt, auf zweifache Weise in Schwierigkeiten. Diese Schwierigkeiten betreffen sowohl die Objekt- als auch die von ihm mit Gewinn für den Leser vergegenwärtige Subjektseite. Zwar möchte Ewert eine psychologisierende Engführung gesellschaftlicher Strukturen auf Beschaffenheiten des Individuums vermeiden und hebt hervor, wie diese durch das Involviertsein in soziale Strukturen erst zu erklären sind (189). Zugleich aber fällt immer wieder eine handlungstheoretische Reduktion von Strukturen auf subjektive Motive auf. 2 Dem korrespondiert, daß Ewert außer im Hinweis auf eine not-wendige Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse auf ein überschaubares Maß hin (230f. ) nicht über bestimmte Veränderungen gesellschaftlicher Strukturen spricht, die Verantwortung allererst ermöglichen würden. Das verwundert insofern nicht, als Ewert die Bedingungen der Möglichkeit von Subalternität auf den Sozialcharakter engführt. Die vielfältigen Schwierigkeiten, moderne gesellschaftliche Strukturen zu gestalten (vgl. Creydt 2000), die damit einhergehende Trägheit der sozialen Materien, die Schwierigkeiten bereits kooperativen sozialen Handelns, wie sie in der Literatur über soziale Dilemmata Thema sind (s. Braun 1999, s. Esser 2000, Kapitel 3 – 7), – all dies spielt in seiner Erklärung der „Verherrlichung des Mechanischen“ keine Rolle. 3 Damit steht aber auch der moralische Verantwortungsbegriff (151f. , 165) in Frage, der sich ganz auf das autonome Subjekt fixiert. Wenn die von Ewert zu Recht und mit Gewinn für den Leser fokussierte Subalternität der Individuen Moment von emergenten, nicht auf das Handeln von Individuen zurückzuführenden Strukturen ist, die ein nichtnormatives Substrat aufweisen und sich insofern einer handlungstheoretischen Konzeptualisierung entziehen (vgl. Creydt 2000/215ff. ), dann wäre der individuumszentrierte Verantwortungsbegriff konzeptionell zu überschreiten. Er offenbart das schlechte Gegenteil zu einer Luhmannschen Systemtheorie, die „mit den Begriffen ‚Selbstreferenz‘, ‚Selbstorganisation‘, ‚Autopoiesis‘ … ein universelles Alibi für die Verantwortungslosigkeit des Individuums zu konstruieren“ sucht (Bühl 1998/29). Dem gegenüber wäre nicht mit einem unfaßbaren, weil in die Abstraktion ‚Mensch‘ aufgelösten und damit zu nichts verpflichtenden Handlungssubjekt und einer kollektiven und pauschalen Verantwortung aufzuwarten. Die Grenzen der Verantwortung lassen sich nicht voluntaristisch überspringen, wie Ewert es bisweilen suggeriert (208): „Man wird keinen einzelnen Akteur dafür verantwortlich machen können, daß er ein genuin kollektives oder systemisches Problem nicht gelöst hat“ (Bühl 1998/25). „Systemverantwortung“ „zwingt unausweichlich dazu, die Architektonik des Systems, seine Programmierung und seine Entwicklungstendenzen zu ermitteln und jedem moralischen Urteil zugrunde zu legen“ (Ebd. 27f. ). Es geht darum, „das ‚Gesamtsystem der Verantwortungen‘ (Birnbacher) daraufhin zu beobachten, ob die Belastbarkeit der Verantwortungssubjekte nicht überschritten wird … . Das aber kann gerade mit Hilfe einer Systemtheorie geschehen, die hinreichend durchstrukturiert ist, um die Strukturvielfalt und Komplexität aktueller Aufgaben- und Verantwortungszusammenhänge erfassen zu können“ (Ebd. 29). Es „verschiebt sich das Verantwortungsproblem zunehmend von der unmittelbaren Handlungsverantwortung zur vorgelagerten Designverantwortung“ (Ebd. ).

Das autonome moralische Subjekt wird nun aber nicht nur aufgrund der Probleme sozusagen auf der ihm gegenüberstehenden Objektseite problematisch, die in seinem Horizont nicht zu bewältigen sind. Das autonome Subjekt als Kritikmaßstab ist auch aus sich selbst heraus problematisch. Ewert verfehlt die zentrale Gemeinsamkeit, die noch seine eigene Vorstellung moralischer Subjektautonomie mit dem herrschenden Zurechnungsmodus für Geschäfts- und Privatsubjekte (von Erfolg, Schuld, Versagen) teilt, der Selbstbestimmung, -verantwortung und -bezichtigung amalgamiert. Die eben auch Selbstabschließung (homo clausus), und Selbstherrlichkeit beinhaltende Ichautonomie steht ambivalent zu jener Assoziation, die für eine gesellschaftliche Gestaltung von Gesellschaft notwendig wäre. Ichautonomie beinhaltet eben auch das Leitbild eigener Vollkommenheit im Unterschied zu sozialer Bezogenheit, die Praxis des Einzelkämpfers und Kleinproduzenten, die Transformation von Gestaltungsbedürftigem und -fähigem in individuell Aneigenbares und Manipulierbares und schließlich die selbstwertdienliche Verformung von Selbst- und Fremdwahrnehmung (Selbstüberhöhung, Abwertung anderer). Das Leitbild der individuellen Unabhängigkeit schiebt sich gesellschaftlich vor die Aufmerksamkeit für die institutionelle Unterfütterung von intersubjektiver Verläßlichkeit und kollektiver Lernfähigkeit. Gegenüber dem im linksliberalen Milieu hegemonialen Leitbild des autonomen ichstarken Ich4 möchte ich hier kurz die Perspektive einer partizipatorischen, auf Kooperation, Sozialität (vgl. zur Sozialität auch in verwandter, aber wiederum eigener Perspektive die Zeitschrift Errata) und Assoziation ausgerichteten Gesellschaftsgestaltung durch die Mitglieder der Gesellschaft telegrammstilartig konturieren. Es geht um die Überwindung einer gesellschaftlichen Dreiecks-Konstellation, die sich zusammensetzt aus Vereinzelung, aus Etatismus und aus durch die Gesellschaft nicht gestaltbaren selbstreferentiell-eigendynamisch verselbständigten Prozessen. Die hier skizzierte Perspektive beinhaltet nicht den Rückzug ins Subsidiaritätsprinzip, in Gemeinschaft(en), ins Kollektiv, in die (von ihrem jeweiligen Gegner negativ abhängige) Kampfverbrüderung oder -verschwisterung, in die sektenhafte Selbstüberwachung und -homogenisierung oder in die ideologische Idealisierung des Heteronomen zu einem gemeinsamen Projekt. „Nur die Überwindung des Ich, die eine Überwindung sowohl der Ichlosigkeit als auch der Ichhaftigkeit ist, stellt uns in die Ichfreiheit … . Ichfreiheit ist Freisein vom Ich, ist nicht Ich-Verlust oder -Verzicht, ist nicht Ich-Mord, sondern Ich-Überwindung“ (Gebser 1973/677). Perspektivweisend ist der tätige Bezug der Menschen, die gemeinsam das Gemeinsame gestalten und sich gegenseitig die jeweiligen sozialisatorisch erworbenen und sich an spezifische soziale Positionen und Lagen ankristallisierenden blinden Flecken kooperativ-hilfreich-unterstützend ‚rückmelden‘. Sich zusammen mit anderen verwirklichen wollen, weil man/frau auch nur so (nicht nur faktisch-äußerlich, sondern auch ‚wesentlich‘) dazu in der Lage sind, bedeutet keine Unmittelbarkeitsfiktion, sondern die Bezogenheit der Menschen aufeinander in der gemeinsamen Gestaltung der sie vermittelnden objektiven Mitten (der Arbeiten, der Gegenstandswelt, der Organisationen, Institutionen und sozialen Strukturen). Weniger die moralische Mobilmachung des Subjekts ist das Problem, als das Unterfangen, uns die Strukturen untertan zu machen, denen wir untertan sind. Erst im dafür notwendigen Umbau sozialer Systeme stellt sich auch die Frage nach der Verringerung verdinglichter und verdinglichender Sozialbeziehungen. Es geht darum, ein Syndrom vielfältig miteinander verwobener Phänomene unnotwendig werden zu lassen: den Besitzindividualismus, die individuelle Vorteilsnahme zu Lasten anderer, die Konkurrenz, den Spezialistendünkel und Ressortegoismus, die Selbstverwirklichung, die Distinktion, den Narzißmus der kleinsten Differenz, den Egozentrismus und die neurotische Selbstbehauptungsguerilla. Zu überwinden ist mit der „Realutopie eines größeren Ich“ der ‚homo privatus‘, der „eines wesentlichen, sinngebenden Elements seines Daseins beraubt ist, wenn er am Schicksal eines größeren Ganzen keinerlei aktiven, mitgestaltenden Anteil nehmen kann“ (Vilmar, Runge 1986/ 104). Es geht um ein „allgemeines Leben“ (Hegel Bd. 7, § 258, 260f. , 308, vgl. a. Theunissen 1981), um „Ich, das Wir, und Wir, das Ich ist“ (Hegel 3/145), um die „Produktion der Verkehrsform selber“ (Marx), um jene Zivilgesellschaft, „deren Reichtum ganz wesentlich in der Vielfalt ihrer Öffentlichkeits-, Interaktions- und Kooperationsformen besteht“ (Fleischer 1987/54).

Ewert übergeht den für das autonome Subjekt als real herrschendes Leitbild konstitutiven „Entwicklungsverzug des kollektiven Bewußtseins einer ganzen Gesellschaft“ (Kilian 1971/7). Dabei hat der von Ewert favorisierte Fromm mit Proudhon und Buber und mit seinen eigenen Vorstellungen zum ‚kommunitären (! ) Sozialismus‘ (Bd. 4/189ff. ) immerhin eine emanzipatorische Überwindung des Individualismus im Blick. „Eine dauerhafte ‚Ordnung‘ und ein relatives Gleichgewicht werden in Zukunft nur noch in dem Maße zu begründen und zu bewahren sein, wie der Mensch eine prozeßgerechte Selbststeuerung der individuellen und kollektiven Entwicklung erlernt“ (Kilian 1971/21). „Das egozentrische Weltbild ist angesichts der Amplifikation des gesellschaftlichen Feldes tatsächlich zum Weltbild eines ‚unterentwickelten‘ Bewußtseins abgesunken, welches angesichts seines Mangels an integrativer Kompetenz und systemtranszendierender Potenz eher als das herrschende ‚Unbewußtsein‘ denn als das herrschende ‚Bewußtsein‘ der Gegenwart bezeichnet werden sollte“ (Ebd. 171). Die „zeitgenössischen Generationen leben inmitten einer kollektiven Identitätskrise, ohne daß die betroffenen Menschen die positive Aussicht auf eine sich neu bildende kollektive Identität und auf einen Zuwachs an kollektiver ‚Menschlichkeit‘ wahrnehmen können“ (Ebd. 22). Auch wenn Adorno an die Ruine des idealisierten und emphatisch vorgestellten frühbürgerlichen Subjekts fixiert bleibt, leuchtet selbst in der ‚Kritischen Theorie‘, wenn auch marginal, die Notwendigkeit eines emanzipatorischen Begriffes vom Gattungswesen auf. Adorno (1958/145) spricht vom Mißverhältnis zwischen der Kraft des einzelnen und den Kräften, über die er technisch gebietet, das so lange unumgänglich sei, wie die „individualistische Organisationsform der Gesellschaft kollektive Verhaltensweisen ausschließt, die vielleicht subjektiv dem Stand der objektiv-technischen Produktivkräfte gewachsen wären.“ „Die Emanzipation des Individuums ist keine Emanzipation von der Gesellschaft, sondern die Erlösung der Gesellschaft von der Atomisierung“ (Horkheimer 1974/130).

Ewert teilt bisweilen mit Fromm (Haben gegen Sein, Nekro- gegen Biophilie usw. ) die Neigung zu einfachen Dichotomisierungen, die das aus der eigenen Position selbst heraus erfolgende Übergehen des ‚positiven‘ in den ’negativen‘ Pol des Gegensatzes eher suggestiv bis sozusagen dekretistisch ausschließen als die Problematik wenigstens argumentativ bewältigen. Dieser Mangel wirkt sich dann gravierend aus, wenn Übel nicht zuletzt dadurch existieren, daß es gerade das Gute ist, das den Schaden bringt (Schiller, Wallenstein). In bezug auf die von Ewert positiv beanspruchte Subjektautonomie heißt dies: Gerade die erscheinende U n a b h ä n g i g k e i t des Individuums von der Gesellschaft ist wichtig für den Fortbestand der Gesellschaft: Der Schein dieser Unabhängigkeit verhindert die Individuen, „das Getriebe zu durchschauen und überantwortet sie der Phrase, es käme alles bloß auf den Menschen an. … Die Undurchsichtigkeit der entfremdeten Objektivität wirft die Subjekte auf ihr beschränktes Selbst zurück und spiegelt dessen abgespaltenes Für-sich-sein, das monodalogische Subjekt und dessen Psychologie, als das Wesentliche vor“ (Adorno 1979/54). Aus der erscheinenden Unabhängigkeit des Individuums entwickelt es, „indem es als ein von der Gesellschaft Abgedichtetes, Abgespaltnes existiert, nochmals die Pathogenese einer gesellschaftlichen Totalität aus sich heraus…“ (Ebd. /55f. ).

Allerdings fragt sich, ob die hier analytisch als begrüßenswert begründete Ausweitung der Fragestellung nicht die darstellungs-’strategisch‘ wohl gelungene Gestalt von Ewerts Text zerstören würde. Zweifelhaft ist, ob es bei einer solchen Ausweitung noch gelingen könnte, die Schicht des Phänomens, die Ewert prägnant herausarbeitet, so vorzustellen, wie es Ewert in dieser Beschränkung, die zugleich Konzentration ist, gelingt. Ewert arbeitet nicht an der gesellschaftlichen De(kon)struktion des Scheins, der die Sachgesetzlichkeiten zu Sachgesetzlichkeiten werden läßt. Sie anzugreifen, dafür wählt Ewert einen anderen Weg. Durch die Massierung ihrer im wahrsten Sinne des Wortes brutalen Effekte und Implikationen delegitimiert Ewert im besten Sinne des Wortes moralisch die Sachgesetzlichkeiten. Zu dieser kathartischen Strategie (oder zu einer gegenüber jeder gesellschaftstheoretischen Fragestellung extraterritorialen Verortung der das Individuum dann als Subjekt unmittelbar ansprechenden Moral) passt auch, daß Ewert keine Überlegungen zu aus den Verhältnissen (aufgrund ihres Doppelcharaktes, vgl. Creydt 2000/216ff. ) selbst entstehenden Kräften anstellt, die dem von ihm so nachdrücklich vergegenwärtigten Sozialcharakter widersprechen. Auch dies kann nur unmittelbar-naiv kritisieren, wer übergehen mag, daß jede Darstellungsweise ihren Preis hat. Wer der Kritik gleich die Alternative hinzugesellt, trägt ungewollt zur Beruhigung bei. Wer die Hermetik des zu Beklagenden analytisch verdoppelt, bedient damit selbst wiederum eine problematische Mentalität, die Ewert an Adorno zu Recht kritisch pointiert. Wenn man Ewerts Buch in den Grenzen seines wie bei jedem bestimmten Anliegen begrenzten und hier in ihrer Bestimmtheit begrüßenswerten Anliegens verortet, muß man dessen Gelingen konstatieren: Ewert vergegenwärtigt uns die zur organisierten Verantwortungslosigkeit zugehörigen subjektiven Mentalitäten auf eine Weise, die ebenso nachdrücklich wie differenziert allfällige Auswege, Ausflüchte und behauptete Ausnahmen als das erscheinen läßt, was sie sind. Die Lektüre konfrontiert den Leser durchgängig und von der ersten bis zur letzten Seite seine Eigentätigkeit anregend mit der Frage, welches gesellschaftliche Leben er (nicht) will und wollen kann.

Literatur:

Adorno, Theodor W. 1958: Philosophie der neuen Musik. Frankf. M.

Adorno, Theodor W. 1979: Soziologische Schriften. Bd. 1 Frankf. M.

Bauman, Zygmunt 1989: Dialektik der Ordnung. Hamburg

Braun, Dietmar 1999: Theorien rationalen Handelns in der Politikwissenschaft. Opladen

Bühl, Walter L. 1998: Verantwortung für soziale Systeme. Stuttgart

Claussen, Detlev 1987: Grenzen der Aufklärung. Frankf. M.

Creydt, Meinhard 2000: Theorie gesellschaftlicher Müdigkeit. Frankf. M.

Creydt, Meinhard 2000a: Kriegsakzeptanz und Kosovokrieg. Eine Untersuchung der Argumentationsfiguren. In: Berliner Debatte Initial 11. Jg. , H. 2 (andere Variante auch in: Volksstimme Nr. 32 /2000)

Creydt, Meinhard 2001: Abweg und Sonderweg. Zur Kritik einer deutschen Vergangenheitsbewältigung. In: Die Aktion (Nautilus-Verlag) H. 201, 21. Jg. und in: Utopie kreativ, H. 127, 2001

Creydt, Meinhard 2001a: Zur Kritik der Demokratie. In: Die Aktion (Nautilus-Verlag, Hamburg), H. 202, 21. Jg.

Dahmer, Helmut 1982: Libido und Gesellschaft. Studien über Freud und die Freudsche Linke. Frankf. M.

Errata – Zeitschrift für kritische Sozialität. Düsseldorf 1976 – 1981 (erschien auch bereits vor diesem Zeitpunkt und über ihn hinaus in Paris)

Esser, Hartmut 2000: Soziologie – Spezielle Grundlagen. Bd. 3: Soziales Handeln. Frankf. M.

Ewert, Michael 1982: Die problematische Kritik der Ideologie. Spekulativer Schein (Kant, Fichte, Hegel, Marx) und seine politische Auflösung (die sozialdemokratische Erbengemeinschaft). Frankf. M.

Fleischer, Helmut 1987: Der lange Abschied der populistischen Linken. In: Kommune H. 2

Fromm, Erich 1980: Gesamtausgabe. Herausgegeben von Rainer Funk. Stuttgart

Freyer, Hans 1965: Schwelle der Zeiten. Stuttgart

Gebser, Jean 1973: Ursprung und Gegenwart. München

Gruschka, Andreas 1994: Bürgerliche Kälte und Pädagogik. Moral in Gesellschaft und Erziehung: Wetzlar

Heller, Agnes 1977: Instinkt, Aggresion, Charakter. Hamburg

Horkheimer, Max 1970: Traditionelle und kritische Theorie. Frankf. M.

Horkheimer, Max 1974: Zur Kritik der instrumentellen Vernunft. Frankf. M.

Jacoby, Russell 1978: Soziale Amnesie. Frankf. M.

Jaeger, Herbert 1989: Makrokriminalität. Studien zur Kriminologie kollektiver Gewalt. Frankf. M.

Jaerisch, Ursula 1975: Sind Arbeiter autoritär? Zur Methodenkritik politischer Psychologie. Frankf. M.

Joepen, Karl-Heinz 1992: Die Knechtschaft der Gewissensbisse – oder warum es keine Umweltpolitik gibt. Hamburg

Kilian, Hans 1971: Das enteignete Bewußtsein. Neuwied

Langenbach, Jürgen 1984: Selbstzerstörung. Zur Identität von abstrakter Arbeit (Technik) und Faschismus. München

Perrow, Charles 1988: Normale Katastrophen. Frankf. M.

Rattner, Josef 1997: Klassiker der Tiefenpsychologie. Augsburg

Theunissen, Michael 1981: Selbstverwirklichung und Allgemeinheit. Berlin

Vilmar, Fritz; Runge, Brigitte 1986: Auf dem Weg zur Selbsthilfegesellschaft? Essen

Wacker, Ali 1979: Zur Aktualität und Relevanz klassischer psychologischer Faschismustheorien. In: G. Paul, B. Schoßig (Hg. ): Jugend und Neofaschismus. Frankf. M.

Weber, Ralf 1998: Zynisches Handeln. Prolegomena zu einer Pathologie der Moderne. Frankf. M.

Anmerkungen

1 „Das Abstrahierte bleibt ein Teilmoment des Konkreten, aus dem es abstrahiert worden ist, es ist in ihm nur verselbständigt, verhärtet, geronnen, ihm nicht mehr eingewachsen, sondern gleichsam ein Fremdkörper in ihm, wie ein Tumor, der sein eigenes Wachstumgesetz hat“(Freyer 1965/235). Die Abstraktion“löst“ sich von dem ab, wovon sie abstrahiert und „krampft sich als Fremdmacht in (es) ein“ (Freyer 1965/236f. ).

2 „Die Unverantwortlichkeit, mit der die individuellen Ziele verfolgt werden, ist Resultat eines Bedürfnisses, das mit den Begriffen Egoismus und Habgier erschöpfend beschrieben ist“ (163). Vgl. ebenso 231, 227, 231.

3 Dieser Untertitel erscheint problematisch, insofern das not-wendig Kritikable weder durch seine „Verherrlichung“, vielmehr durch die eher mangels Alternative erfolgende Hinnahme herrscht, noch als „das Mechanische“ treffend zu charakterisieren ist, weshalb selbst Fromm ja auch bereits in den 60er Jahren vom „kybernetischen“ Sozialcharakter sprach.

4 Zur damit verbundenen naiv-vertrauensseligen, progressiv gemeinten Inanspruchnahme von Grundrechten und Demokratie vgl. meine Kritik in Creydt 2000a, 2001a.