Blödes Volk
Die Ganglien der Deutschen sind schwer in Mitleidenschaft gezogen
von Franz Schandl
Sind die Deutschen deppert? Zweifellos. Wenn man sich die neusten Meinungsumfragen anschaut, die auf eine absolute Mehrheit für CDU/CSU bei den nächsten Bundestagswahlen verweisen, kann man diese Frage nur bejahen. Wer sich von diesem Wechsel etwas verspricht, verspricht sich nichts mehr. Wer Leiden durch noch größeres Leiden ersetzen will, ist Masochist sondergleichen. Nicht dass die Deutschen lamentieren, ist ihnen vorzuwerfen, wohl aber, wie sie es anstellen, und vor allem, dass sie in den Christparteien eine Therapie für ihre Ängste und Beschwerden sehen. Da muss eins ziemlich bescheuert sein.
Die Unreife drückt sich darin aus, dass viele Wähler von der SPD zur CDU/CSU flüchten, aber auch, dass einer Minderheit nichts Besseres einfällt als dem Keynesianismus von Lafontaine und Gysi nachzulaufen. Es ist eine trostlose Wahl. Denkt man dann noch an die Liberalen und die Grünen, kann einem nur noch schlecht werden. Von dem Nazis am rechten Rand ganz zu schweigen. Deutschland steht vor der Wahl und hat keine. Natürlich mag es einige wenige und pragmatische Gründe geben, der PDS-Gerechtigkeitstruppe über die 5 Prozent zu verhelfen, aber das alles geschieht ohne Euphorie und Perspektive. Da ist nichts, absolut nichts, was einen wirklich bewegen könnte.
Wo Lafontaine und Gysi zu Hoffnungsträgern werden, ist die Hoffnungslosigkeit schon zu einem akzeptierten Dauerzustand geworden. Der simulierte Aufbruch ist keiner, er ist vielmehr Ausdruck blanker Ignoranz, die sich durch Vollmundigkeit fit hält. Talk show für genügsame Linke. Das Problem ist übrigens nicht die Eitelkeit dieser Herrn, das Problem ist, dass deren Eitelkeit überhaupt keinen Grund hat. Aber solange deren Nonsens Adressaten findet und als linker Konsens gilt, ist absolut keine gesellschaftliche Veränderung, die diesen Namen verdient, in Sicht.
Wer aus prinzipiellen Erwägungen PDS/WASG wählt, muss einen Vogel haben. Das sind nicht mehr als Illusionen in diesen postletzten Aufguss eines verstorbenen Sozialdemokratismus. Oskar Lafontaine hat zweifellos „recht“, wenn er in einem Interview mit der Süddeutschen die PDS lobend Folgendes sagt: „Das neue Programm der PDS nimmt wesentliche Elemente aus sozialdemokratische Programmatik auf: unter anderem das Bekenntnis zu Demokratie und Marktwirtschaft, zu freiem Unternehmertum und zu Gewinnen.“ (SZ, 16. Juni 2005) Aber ist es nicht ausgesprochen dreist zu behaupten, dass wir gerade das brauchen, was wir haben?
Deutschland ist ein großes Abbruchunternehmen. Vor allem, wenn das Wort „Reform“ fällt, muss man sofort an die Zerstörung („Entformierung“) gesellschaftlicher Standards denken. Daran wird sich nichts ändern, egal wer regiert oder opponiert. Es ist nicht zum Aushalten, und doch klammern sich alle, auch die gar nicht wollen, daran, dass es doch irgendwie zum Durchhalten ist. Der Glaube an Aufschwung und Wachstum fixiert auch oppositionelle Geister, selbst wenn jener durch nichts unterfüttert wird. Es wird schon irgendwie gehen, reden sich die Leute ein. Es ist auch bisher gegangen. Indes, es geht immer weniger. Und irgendwann wird nichts mehr gehen. Was dann? Nicht einmal die Exportweltmeisterei schafft mehr Arbeitsplätze als die, die regelmäßig vernichtet werden. Aber noch wird verdrängt, das hat man ja gelernt, damit ist man hierzulande ja ganz in seinem Element. Aber dieses Element ist in Auflösung begriffen, so oder so….