Terminator for Governator!
Zur cis- und transatlantischen Rezeption Arnold Schwarzeneggers
von Franz Schandl
Sept. 2003
Österreichische Exporte haben es nicht selten in sich. Nun ist „uns“ wieder einmal ein Bravourstück gelungen, wovon andere nur träumen können. Einer von uns soll Landeshauptmann von Kalifornien werden. In Sacramento! Der Mix aus Reagan und Steierbua dürfte gut ankommen. Die „Stoakogler“, eine der berüchtigten alpenländischen Volksmusikgruppen besangen das schon prophetisch vor mehr als zehn Jahren: „Steirermen san very good, very, very good for Hollywood/ Muskeln, Schönheit und a Hirn, des kannst exportier’n! “
A. E. I. O. U könnte man da jubeln: Alles Erdreich ist Österreich untertan, wie man uns Grünschnäbel in der Volksschule diesen lateinischen Spruch der Habsburger aus Zeiten Karl V. übersetzte. Hierzulande wächst jedenfalls die Zahl derer, die auf der Arnie-Welle surfen. Österreich ist im Wahlkampf, zweifellos. Nicht nur der hiesige Boulevard ist in guter Stimmung. Man klopft sich stolz auf die Brust. Und der Exportierte importiert sich per moderner Technik gleich wieder, siehe meinen Email-Anschluss: Da schickte er (nicht nur) mir ganz unpersönlich einen Spam in den Computer: „Join Arnold’s Total Recall“ ließ er mich wissen. Gefügig wie ich bin, erfülle ich meine doppelt patriotische Pflicht und schreibe sogleich einen Artikel über ihn.
Aufräumen und abschlachten
Sein Programm ist so originell wie das aller Populisten, eben das eines Möchtegern-Terminators. Es geht ans Ausmisten. Aufräumen will er, der Arnie, und zwar gründlich. Darunter ist aber nicht zu verstehen, dass er seine Wohnung putzt – das tut er wohl schon lange nicht mehr -, sondern dass er allen Schmarotzern, Arbeitsunwilligen und anderen Gaunern die Wadln nach vorne richtet. Sogar einen „Schlachtplan“ hat er bereits, fragt sich nur, wer jetzt aller geschlachtet wird. Auf jeden Fall – da können wir ganz beruhigt sein – werden aber die Bösen rangenommen.
Auch für die herkömmlichen öffentlichen RepräsentantInnen hat der Politnewcomer nicht viel übrig. „Die Politiker betrügen, fummeln herum und versagen“, sagte er in der Jay-Leno-Show. Damit habe Schluss zu sein. Indes, Schwarzenegger ist sicher kein Rechts-Außen, in seiner Republikanischen Partei gilt er als Liberaler, also als Linker. Was über das Koordinatensystem der US-Politik einiges aussagt.
Wollen tut er das Übliche: Die Wirtschaft ankurbeln, das Regierungssystem reformieren und auf die Frage, wie er das Haushaltdefizit in Griff bekomme, antwortet er kryptisch: „Wir werden sehr bald einen Plan haben.“ Inzwischen weiß er auch wie: ausgabeseitig, d. h. nicht über neue „taxes“. Davon hätten die Kalifornier schon genug. Dafür verspricht er mehr „action vom ersten Tag an“. Wenn das auch nicht die Spur von originell ist, so findet es doch immer wieder ein begeistertes Publikum. „“Gouvernator“ macht Belastungen mit gutem Schmäh schmackhaft“, titelt die „Kronen Zeitung“ vom 22. August.
Da er für Terminator 4 nun zu alt ist, spielt es fortan Governator 1. Dies sollten auch die von der „Krone“ so betitelten „Neider“ unter den SchauspielerkollegInnen nicht verhindern, die sich dezidiert gegen Schwarzeneggers Kandidatur ausgesprochen haben, Tom Hanks etwa oder Barbara Streisand. Dass jener gewinnt, dürfte ausgemachte Sache sein, höchstens es gelingt, ihm irgendeine kriminelle Machenschaft anzuhängen, ein Nahverhältnis zu Jörg Haider oder gar den Nazis nachzuweisen. Aber auch da meint der Sohn eines österreichischen NSDAP-Mitglieds vorgesorgt zu haben. Das Holocaust Memorial Trust in Los Angeles wird ebenso wie das Simon Wiesenthal Centre in New York von ihm großzügig finanziell unterstützt. 1997 erhielt er von letztgenannter Institution das „National Leadership Award“. Arnie ist ein Antifaschist, zweifelsohne.
Gelegentlich erwartet man aber noch eine deutliche Distanzierung vom ehemaligen österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim (1986-1992), der wegen seiner Kriegsvergangenheit 1987 auf US-Watch-List gesetzt und mit Einreiseverbot belegt wurde. Arnie hatte noch 1986 dessen Wahlkampf unterstützt und ihn im gleichen Jahr zu seiner Hochzeit mit Maria Shriver eingeladen. Darauf angesprochen, sagte er nun: „Ich hasse es darüber zu reden, weil das ist eine No-win-Situation.“ Das mag er gar nicht leiden, denn Arnie ist ein Winner. 40 Millionen US-Dollar soll die Steirische Eiche inzwischen wiegen. Nicht nur körperlich ist der Doppelstaatsbürger ein schwerer Brocken.
Für diese alten Geschichten hat Schwarzenegger jedenfalls nichts übrig, jetzt geht es doch um was anderes. Das weiß er, und dementsprechend verhält er sich auch. Als guter Amerikaner ist er selbstverständlich gegen Jörg Haider, denn der ist ein „bad guy“. „Da ich selbst Immigrant bin, bin ich beleidigt, wenn irgendwer ausländerfeindliche Erklärungen abgibt“, sagt er.
Aber ist das mehr als eines dieser Stehsätzchen, die man halt absondert, um bei bestimmten Medien gut anzukommen? Abgesehen davon, dass Haider um einiges intelligenter ist, sind die beiden doch aus dem gleichen Kerbholz geschnitzt. Differenzen außerhalb der simulierten, müssten erst erfunden werden. So gab es letzthin erst Kritik an Schwarzenegger, weil er 1994 einen Gesetzesvorschlag unterstützte, der illegalen Einwanderern den Zugang zu öffentlichen Bildungseinrichtungen und zur Gesundheitsversorgung verwehren wollte. Ausländerfeindlich sei das aber nicht, meint nun Arnies Wahlkampfleiter. Haider würde nichts anderes sagen, solcherlei fällt unter die Rubrik: Kampf der Illegalität. Illegales darf nämlich, das wissen wir auch aus den Schwarzenegger-Filmen, nur mir legaler Deckung geschehen.
Die Auf- und Ausführungen des Arnold Schwarzenegger sind allesamt derb, primitiv, ja unerträglich und gefährlich. Eine Beleidigung für Verstand und Gespür der Menschen. Aber in Zeiten wie diesen hat man solches nicht zu äußern, denn was zählt ist der kommerzielle und mit ihm auch der politische Erfolg. Was abläuft ist die Verschärfung der Verblödungskampagne im öffentlichen Sektor. Nicht nur in Übersee…
Leichen zählen
Wenn österreichische und amerikanische Idiotie zu einer einzigen kumulieren, dann kommt so etwas wie Arnold Schwarzenegger raus. Der ist tatsächlich eine kulturindustrielle Panzerfaust sondergleichen. Auf der Homepage mit dem Motto „Arnold…. a tribute“ gibt es sogar eine Hitparade der Leichen, wo die Anzahl der von Conan&Co. pro Streifen zur Strecke gebrachten vermerkt ist. Im „Kindergarten Cop“ war es lediglich ein Toter, in „Commando“ 100, ansonsten meist zwischen 20 und 50. Das darf sich nicht nur sehen lassen, das muss demonstriert werden. „The death toll“ (www. geocities. com/CapitolHill/1396/death2.html) nennt sich diese Seite.
In der Politik ist bei den angekündigten Rollkommandos wohl ähnliches zu erwarten. Es ist das konkurrenzistische Prinzip, dem hier gehuldigt wird: Wer erledigt wie viel(e)? Im Film wie im Leben. Und immer wieder spricht aus unserem heroe der autoritäre Charakter: „Ein paar Watschen waren schon ganz gut. Danke, liebe Mutti“, sagte Schwarzenegger 1994 bei der Präsentation von „True lies“ in der Grazer Oper. Vielleicht waren es doch ein paar zuviel.
Wäre er in den USA geboren, würde er sicher in Ronald Reagans Fußstapfen treten. Doch Präsident kann man auch woanders werden, etwa in Österreich, wo sich der Wahlhelfer Wolfgang Schüssels auf sein Altenteil zurückziehen könnte, wird es ihm an der Westküste zu heiß. In Graz, der diesjährigen Kulturhauptstadt Europas, hat man bereits vor vielen Jahren ein Stadion nach ihm benannt. Wenn er sich noch mit einem anderen Steirer namens Franz Strohsack, dem austrocanadischen Milliardär, der nun Frank Stronach heißt, zusammentut, könnten sie möglicherweise die ganze Republik kaufen. Und die würde sich durchaus freuen, ist ja schließlich keine ausländische Übernahme, sondern lediglich ein inländischer Untergang. Darauf ist die Alpenrepublik ja spezialisiert: „Krähwinkels letztes Krächzen“, könnte diese Operette, die freilich ihr Fach sprengen würde, betitelt sein. Krähwinkel wäre dann vom Heimatland zum Homeland geworden, eines, das aber ganz gut in ein Hollywood-Terrarium passen würde, eben als Sonderzone für eine absolut unbedrohte Spezies.
Arnold Schwarzenegger ist die Personifikation einer Ehe aus Amischinken und Heimatfilm, Hollywood und Musikantenstadel sind in ihm eins geworden. Er ist der Beweis, dass es sie leibhaftig gibt: the Austricans. Die Amerikaner, es steht zu befürchten, sind das größte österreichische Volk auf der Welt. Gewinnen die einen den Simandeln-Bewerb qualitativ, so die anderen quantitativ. Derweil hatten die Amis schon mal einen wirklich großen Arnold. Schönberg hieß der mit Nachnamen, und war vor den Nazis ins sonnige Kalifornien geflohen. Anfangen konnten sie mit ihm allerdings nicht viel. Seine Erbschaft, an der dort kein Bedarf mehr bestand, hat man knapp vor der Jahrtausendwende nach Wien retourniert.