Nekrolog auf den gequirlten Schwachsinn
Nachwort zur Broschüre „Scharfe Schafe“
von Franz Schandl
Sept. 2003
Keine Zeile mehr zu den Antideutschen – zumindest war das mein Vorsatz nach den beiden Streifzüge-Ausgaben (Nr. 3/2001, 1/2002) gewesen. Gerne wäre ich so verblieben. Schließlich geht es ja auch darum, sistierte Freundschaften nicht gänzlich kaputt zu machen. Aber man kann es sich nicht immer aussuchen. Wobei sich dieser Nekrolog natürlich auf die Charaktermasken bezieht und nicht auf ihre individuellen Träger. Denen wünschen wir nach wie vor das Beste. Auf dass sie die notwendigen Nekrotomien auch gut überstehen.
Dass letztlich die aktive Verachtung über die passive Missachtung den Sieg davongetragen hat, ist auf zwei Ursachen zurückzuführen: Erstens auf die unterschätzten usurpatorischen Fähigkeiten der Antideutschen. Erwähnt sei exemplarisch die Übernahme der Wiener Alternativzeitschrift ContextXXI oder das ständige Zuposten frei zugängiger Internet-Listen. Lautstärke ersetzt Stärke und suggeriert sie. Ganz zufällig erfährt man, dass der umtriebige, aber nunmehr demokratiekreuzfromme Thomas Schmidinger Vertreter von WADI-Österreich ist. Wahrlich, das Sein bestimmt das Bewusstsein bis zur Bewusstlosigkeit. So steht es jedenfalls in meinem privaten antideutschen Verschwörungsbüchlein geschrieben. Im Nachhinein wird damit der von uns maßgeblich herbeigeführte Bruch in der alten Streifzüge-Redaktion (Ende September 2001) nicht bloß bestätigt, sondern als unbedingt erforderlich ausgewiesen, ansonsten wäre das Blatt inzwischen fest in antideutscher Hand (und wahrscheinliche schon zu Tode gerüstet).
Zweitens der Zensuraufruf einiger Hardcore-Antideutscher gegen den Beitrag „Schuld und Erinnerung“ von Klaus Volk, Elfi Müller und Enzo Traverso in der Jungle World vom 13. November 2002. Nicht um den Essay an sich ging es – den haben wir eher für nicht so gelungen gehalten -, wohl aber darum, dass die gnadenlose Schärfe des antideutschen Angriffs dazu geführt hat, dass die Softcore-Redaktion dem Ultimatum der Hardcore-Gang weitgehend entsprochen hat. „Zero Tolerance für jede Form von Israel-Feindschaft, Antizionismus und Antisemitismus“ wurde da seitens der bekennenden Philosemiten eingefordert. Der Beitrag sei „indiskutabel“. Und siehe da, schon hatte die Entsolidarisierung betreffend die drei AutorInnen gegriffen. Der ideelle Saalschutz hat sich durchgesetzt: Wer ein Israel-Feind ist, bestimmen wir.
Dem allem wollen wir definitiv eine Grenze ziehen, und dies ist hiermit geschehen. Die Broschüre ist aber nicht für unbelehrbare Antideutsche geschrieben, sondern für die vielen, die gegen jene ein brauchbares und kompaktes Vademecum in Händen halten wollen. Dezidiert galt es auch Stellung zu nehmen gegen die antideutschen Äquidistanzler des Unsinns, die Bahamas und Krisis für eins in der Form erklären und sich als die Vernünftigen aufspielen, das SPOG-Spektrum und/oder der ganze Softcore-Bereich.
Das antideutsche Wahnsystem ist vergleichbar dem K-Gruppen-Syndrom. Wie dieses wird jenes zusammenbrechen, aber vorher wird es in den einschlägigen Szene-Kreisen noch größere Verwüstungen anrichten, vor allem nach der Ausweitung usurpatorischer Tätigkeit der Kader. Unsere entschiedene Intervention wollte genau diesen Punkt berühren und ansprechen. Nicht mehr und nicht weniger. Niemand soll sagen können, dass nicht gewarnt worden ist. Dem antideutschen Kindergarten sei ins Stammbuch geschrieben: „Wer jung versank, wird alt nicht auferstehn.“ (Sophokles, Ödipus auf Kolonos) Auf dass die Produktion ideeller Leichen sich in Grenzen hält, auf das sind wir aus. Ehrlich! Es ist nicht zu erwarten, dass diese Broschüre im Krisis- und Streifzüge-Umfeld unbedingt auf Einverständnis stößt. Nicht weil man Sympathien für die Antideutschen hegt, sondern weil dort die Vorstellung vorherrscht, dass man den Irrsinn durch intensive Beschäftigung nur noch aufwertet. Stefan Merten (ohne ihm hier eine besondere Nähe anzudichten) schreibt etwa direkt auf unser Vorhaben bezogen: „Gegen diesen Sumpf hilft nur Ignoranz. Jede Befassung damit ist schon zu viel der Ehre und führt zu nichts. Wer sich von diesem Müll überzeugen lassen will – oder wer sich von der Einschüchterung ins Bockshorn jagen lassen will – der/dem ist ohnehin nur bedingt zu helfen. Anstatt sich mit diesem gequirlten Schwachsinn auseinander zu setzen, ist m. E. die einzige, in einem emanzipatorischen Sinne (sic! ) Erfolg versprechende Methode, selbst gute Projekte zu machen, bei denen das eigenständige Denken nicht verboten sondern erwünscht ist.“ Das ist kein vereinzelte Meinung, sondern sie dürfte in der Krisis und bei den Streifzügen mehrheitsfähig sein. Sie ist eigentlich auch nicht falsch, vor allem, wenn man denkt wie viel Energie hierfür aufgegangen ist.
Selbst in der Krisis hat es einige gröbere Reibereien gegeben. Die Differenzen sind zwar nicht inhaltlicher Natur, wohl aber von strategischer Relevanz und auch Brisanz. Und doch: Die Net-amoi-ignorieren-Haltung ignoriert ihrerseits die herostratische Potenz der Verheerung, die die Antideutschen in der Restlinken entwickeln konnten und noch können. Wer mit dem Morgenstern wütet, darf sich nicht wundern, wenn er ihn selbst ins Gesicht bekommt. Wer sich ständig im Kujonieren versucht, darf sich nicht wundern, kujoniert zu werden. Freilich gilt es festzuhalten, dass wir dabei auf eine Ebene gezwungen worden sind, die an und für sich nicht (mehr) unsere ist und für deren Überwindung wir seit langem eintreten. Insofern ist die geharnischte Attacke auf die Antideutschen ein notwendiger Rückschritt.
Wir wünschen den Lesern eine spannende, wenn auch nicht immer vergnügliche Lektüre und versprechen, dass dies die einzige und letzte Broschüre ist, die wir zu den Antideutschen auf Euch und auf Sie losgelassen haben. Von der Reihenfolge her ist es besser, zuerst die Dokumente des Anhangs zu lesen und dann erst den Hauptteil. Nachdem nun ein „Antideutscher Katechismus“ erschienen ist, ist unser Kompendium zweifellos die ideale Ergänzung und Erläuterung desselben. Der Vergleich macht sicher.
Das Ziel ist klar: Es gilt, das Antideutsche in der Restlinken völlig unmöglich zu machen. Dies alles zu sagen ist unsere Pflicht gewesen. Diximus et salvavimus animas nostras.